Vorsicht bei China-Aktien!
Wie Sie fiese Bilanztricks erkennen!?
in den USA notierte China-Aktien waren noch Ende 2009 der Traum vieler Trend-Investoren. Mit Firmen wie Rino International oder Telestone Technologies konnten mutige Trader extrem hohe Renditen erwirtschaften.
Nun zeigt sich, dass die Bilanzen teilweise gefaked waren und sind. Neue Enthüllungsstorys in den USA zeigen: Bilanztricks sind hier eher die Regel als die Ausnahme. Lesen Sie, wie die Firmen Sie als Aktionär austricksen möchten.
Erschreckend sind vor allem die Menge der verdächtigten Firmen und die Dimensionen, um die es dabei geht. Zwar handelt es sich meist um Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung unterhalb von 500 Millionen US-Dollar, aber Kleinvieh macht kumuliert betrachtet bekanntlich auch ganz schön viel Mist.
Eine zugegebenermaßen etwas tendenziöse Aufstellung der U.S.-Seite TheStreet.com zeugt von Verlusten in Höhe von 34 Milliarden US-Dollar, die Anleger hinnehmen mussten, weil sie sich auf teilweise falsche Bilanzen und Filings der Firmen verlassen haben.
Zu den Firmen gegen die aktuell ermittelt wird, gehören unter anderem China Sky One Medical (US-Kürzel CSKI), Fuqi International (FUQI), Rino International (RINO), China Energy Savings Technology (nicht mehr gelistet), Bodisen Biotech (BBCZ), Shanghai Medical Technology (nicht mehr gelistet), Fuwei Films (FFHL), China Yingxia (CYXI) und Asia Time (TYM).
*Rino International als prominentester Fall
Vor allem bei Rino International, im Bereich der Emissionsverringerung und Abwasseraufbereitung tätig, geht es um dreistellige Millionenbeträge, die Anleger verloren haben. Das Unternehmen hatte im November 2009 bei Höchstkursen um 35 US-Dollar je Aktie eine Börsenbewertung von ziemlich genau einer Milliarde US-Dollar.
Die Anschuldigungen sind schwerwiegend und teilweise bereits bewiesen. Rino hat demnach Kundenbeziehungen frei erfunden und die Umsätze für das Jahr 2009 um das 17-fache zu hoch dargestellt.
Das Unternehmen hat inzwischen das NASDAQ-Listung verloren und notiert nur noch am unregulierten Pink Sheets-Markt, von dem sich seriöse Anleger normalerweise fernhalten.
Im Falle Rino war für Anleger im Vorfeld der Betrug extrem schwer bis gar nicht zu erkennen. Dass Umsätze und Kunden frei erfunden sind, sieht man der Bilanz normalerweise nicht an. Der Fall erinnert etwas an das Wanna-be-Telematik-Unternehmen Comroad zur Hochphase des Neuen Marktes. Anleger, die bereits etwas länger dabei sind, werden sich vielleicht erinnern.
*Telestone Technologies: Der nächste Highflyer vor Absturz?
Untersuchungen dürften in Kürze auch bei einem weiteren ehemaligen chinesischen Highflyer eingeleitet werden: Telestone Technologies produziert Equipment für Telekommunikationsnetzwerke.
Noch ist das Unternehmen an der NASDAQ gelistet und bei einem aktuellen Kurs von 8,47 Euro und einer Marktkapitalisierung von 89 Millionen US-Dollar hoffen viele Anleger wohl noch, dass sich die Anschuldigungen als unwahr erweisen. Inzwischen sind bereits 20 Prozent aller ausstehenden Aktien leerverkauft, was zeigt, dass sich auch die Shortseller ihrer Sache relativ sicher sind.
Bei Telestone gibt es mehrere Warnsignale, die die Anleger misstrauisch stimmen. Alleine im letzten Jahr haben zwei Bilanzprüfer ihr Testat und die weitere Zusammenarbeit mit Telestone verweigert. Das ist - wie die Erfahrung zeigt - ein sehr schlechtes Zeichen.
Verdächtig ist auch der extrem hohe Anstieg der Forderungen. Bei einer angeblichen Umsatzsteigerung um 17,5 Millionen US-Dollar auf 60,6 Millionen US-Dollar in den ersten neun Monaten 2010 explodierten gleichzeitig die ausstehenden Forderungen um 47 Millionen US-Dollar. Mit anderen Worten: Telestone verbucht zwar Umsätze aber der Großteil der Kunden bezahlt diese nicht - oder zumindest extrem spät.
Im Durchschnitt gehen bei Telestone Zahlungen der Kunden erst mit einer Verspätung von sage und schreibe 374 Tagen ein - Tendenz weiter steigend.
Inzwischen deuten mehrere Indizien darauf hin, dass Telestone teilweise die Rechnungen an die Kunden erst gar nicht verschickt hat. Warum das nicht geschehen ist, müssen nun Anwälte und Richter herausfinden.
Sie als Anleger sollten in einem solchen Fall nach dem Motto "Wo Rauch ist, ist auch Feuer" handeln und das Papier meiden.
*Privatanleger stark betroffen
Das Perfide an diesen Fällen ist, dass meist gutgläubige Privatanleger zu den Opfern zählen, denen das hart verdiente Geld aus der Tasche gezogen wird.
Das wiederum hängt damit zusammen, dass viele chinesische Unternehmen mit kanadischen Stock Promotern zusammenarbeiten, die bereits in der Vergangenheit negativ aufgefallen waren.
Der Enthülllungsdienst Sharesleuth fand heraus, dass Telestone intensiv mit dem kanadischen Promoter Paul Kelley und weiteren Mittelsmännern zusammengearbeitet hat, die im Gegenzug Aktienpakete im Wert von mehreren Millionen US-Dollars erhalten haben. Dieser Sachverhalt tauchte aber in keinerlei offiziellen Dokumenten auf, was gegen die Vorschriften der US-Wertpapieraufsichtsbehörde SEC ist.
Einer dieser Mittelmänner, Jay Tien Chiang, wurde in den 90er-Jahren bereits wegen Unterschlagung einer Summe von zehn Millionen US-Dollar verurteilt. Dokumente legen nun den Verdacht nahe, dass Chiang gemeinsam mit Kelley eine Firma namens Winner International gegründet haben, über deren Konten die entsprechenden Aktien-Transaktionen abgewickelt worden sind.
Ein kanadischer Richter hat bereits im letzten Jahr entschieden, dass ein Konto von Winner International beim US-Broker E*Trade eingefroren wird. Darin befinden sich Aktien von Telestone sowie Kandi Technologies und New Oriental Energy. Der Wert des Depots betrug zu diesem Zeitpunkt 9,4 Millionen US-Dollar.
Entsprechend aggressiv wurden die Aktien in der Vergangenheit promoted. Dabei hatten die Anleger, die den Versprechungen der Pusher glaubten, natürlich keine Möglichkeit zu erkennen, ob und wann die Promoter selbst ihre Aktien abgestoßen haben.
Letztlich führten die ausgedehnten Marketingaktionen dazu, dass sehr viele Privatanleger in Telestone Technologies investiert haben. Alleine am 24. Januar gab es auf dem Yahoo Finance-Diskussionsbord nicht
weniger als 359 Beiträge zu der Aktie. Dieses Phänomen der vielen Postings bei dubiosen Firmen lässt sich auch bei deutschen Aktien immer wieder beobachten. Häufig liegt das daran, dass bezahlte Schreiber im Auftrag der betreffenden Firmen oder deren Marketingagenturen dort für die Aktien trommeln. Lassen Sie sich also von vielen Postings nicht blenden. Diese sind häufig eher ein Kontraindikator als dass sie für die Qualität einer Aktie sprechen würden.
*Der Skandal zieht weitere Kreise
Unter Anlegern geht nun natürlich die Angst um, dass noch weitere chinesische Firmen betroffen sind.
Kelley brachte neben Telestone, Kandi und New Oriental Energy noch mindestens acht weitere China-Firmen via Reverse Merger an US-Börsen. Gelistet wurden unter anderem Orsus Xelent (US-Kürzel ORS), China INSOnline (CHIO, inzwischen an den Pink Sheets gelistet), China Auto Logistics (CALI), China Infrastructure Investment (CIIC), Guanwei Recycling (GPRC), Winland Online Shipping (WLOL), CH Lighting International (CHHN) und Chisen Electric (CIEC).
Ein weiterer Enthüllungsdienst, CitronResearch, berichtete zuletzt auch über Ungereimtheiten bei China Education Alliance (CEU), China New Borun (BORN) und China Biotics (CHBT).
Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und prinzipiell ist es natürlich nicht verwerflich mit einem Promoter zusammenzuarbeiten, um die eigene Aktie bekannt zu machen.
Trotzdem ist das Vertrauen der Anleger dahin und die Zahl der möglicherweise betroffenen Firmen erschreckend hoch. Weitere Enthüllungen dürften folgen.
Natürlich dürfte das auch dazu führen, dass einige Firmen ungerechtfertigter Weise in Sippenhaft genommen werden. Für erfahrene Börsianer könnte sich so die Möglichkeit ergeben bei seriösen und viel versprechenden Unternehmen zu Schnäppchenpreisen zum Zuge zu kommen.
Allerdings gleicht die Suche bei über 500 in den USA notierten China-Aktien - von denen die meisten im Small-Cap Bereich zu finden sind - etwas der viel zitierten Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Abschließend nochmals zur Klarstellung: Chinesische Blue Chips wie Baidu (BIDU), Ctrip.com (CTRP) oder China Mobile, um nur drei zu nennen, sind von dem Skandal nicht betroffen und das dürfte auch so bleiben.
MEIN FAZIT:
- Umfang und Anzahl der Beschuldigungen gegen in den USA notierte chinesische Unternehmen wird immer größer. - Der Skandal scheint langsam Enron-artige Ausmaße anzunehmen. - Anleger sollten höchste Vorsicht walten lassen und in den USA notierte China-Aktien tendenziell meiden, insbesonders dann, wenn wie bei Rino oder Telestone konkrete Anschuldigungen vorliegen.
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.