DaxVestor-Kolumne Stefan Böhm

DAX: Börse paradox

11.10.10 08:53 Uhr

DAX: Börse paradox | finanzen.net

Die Märkte waren zum Wochenschluss nervös, ...

... bevor die Quartalssaison in der nächsten Woche so richtig Fahrt aufnimmt. Auch das Treffen der Finanzminister der G7 und des IWF am Wochenende sorgt für Unsicherheit. Die US-Arbeitsmarktdaten fielen sehr gemischt aus, waren aber eher schlecht als gut. Viele Akteure nahmen das als Indiz dafür, dass die US-Notenbank weitere Liquidität in die Märkte pumpen wird. Die Börsen gingen daher trotz schwacher Konjunkturzahlen freundlich in den Wochenschluss und die US-Aktienindizes stehen kurz vor ihren Jahreshochs. Börse paradox sozusagen. Auch der DAX nimmt erneut die Marke von 6.300 Punkten in Angriff.

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EZB-Chef Trichet verzichtet auf Klarheit

Die Sitzung der EZB am Donnerstag brachte wenig Neues und der Vorsitzende Trichet hielt sich im anschließenden Interview auch aus sämtlichen strittigen Themen, wie z.B. dem aufflammenden Währungskrieg, heraus. Überraschend war dagegen, dass sich die Bank of England mit der Ankündigung neuer Anleihekäufe zurückhielt. Auch ich hatte erwartet, dass die britischen Notenbanker auf den von der US-Notenbank in Gang gesetzten Zug aufspringen würden. Das ist ein Dämpfer für alle allzu optimistischen Börsianer. Die Aussicht auf eine Ausweitung der Liquidität ist einer der wesentlichen Gründe für die aktuelle Rallye an den Börsen und bei den Rohstoffen.

Die Notenbanken drehen am Rad

Die US-Notenbanker um Ben Bernanke haben den Anfang gemacht, indem sie eine Ausweitung des Programms zum direkten Kauf von Anleihen (das so genannte Quantitative Easing) ankündigten, sollte die Konjunktur weiter schwächeln. An den Märkten und vor allem von vielen Hedge-Fonds-Managern wurde das so interpretiert, dass es kein Risiko eines Kurseinbruchs an den Börsen, bei Anleihen oder am Rohstoffmarkt geben wird. Es wird genügend Liquidität zur Verfügung gestellt, um das zu verhindern. Unter diesen Umständen kann es nur einen Trade geben: Rein in Risiko, rein in Aktien und Rohstoffe und raus aus dem US-Dollar, denn finanziert wird die ganze Spekulation mit Dollar. Das führt zu der paradoxen Situation, dass Akteure an den Märkten umso mehr Risiko nehmen, umso schlechter die Konjunkturdaten ausfallen. Denn je schwächer die Konjunktur, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Notenbanken mehr Liquidität in die Märkte pumpen. Die steile Aufwärtsbewegung an den Börsen seit Anfang September und der gleichzeitige Absturz des US-Dollars sind Ausdruck dieser Spekulation. Dabei setzen die Hedge-Fonds-Manager stärker auf die Börsen der Emerging Markets als auf die der Industrieländer – das ist sicherer. Zahlreiche Aktienindizes in Asien stiegen auf neue Jahreshochs oder sogar auf Allzeithochs – und das obwohl sich auch dort die Konjunktur abkühlt. Der südkoreanische Kospi 200 Index stieg z.B. um fast 25 Prozent seit Anfang Mai.

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Der Wind wird rauer

Dass diese Entwicklung nicht gesund sein kann, leuchtet wohl ein. Ihr Ziel, die Konjunktur zu stützen, werden die Notenbanken mit der Ausweitung der Liquidität nicht erreichen. Und wahrscheinlich sind sie sich dessen sogar bewusst. Gerade bei der US-Notenbank liegt der Verdacht nahe, dass die Dollarabwertung bewusst in Kauf genommen wird und als Kampfansage an China dient. Dass Peking nach wie vor an der Unterbewertung seiner Währung festhält, ist vor allem den USA ein Dorn im Auge. Wertet China nicht auf, dann werten die USA eben ab, so einfach ist das. Die Finanzkrise und die Rezession haben dafür gesorgt, dass die Wirtschaftsinteressen stärker aufeinander prallen und mit immer härteren Bandagen gefochten wird. Eine Eskalation bis hin zu Handelsbeschränkungen und Zöllen ist denkbar.

Fazit:

Es gibt also Grund genug, skeptisch zu sein. Kurzfristig scheint es aber an den Börsen erst einmal weiter nach oben zu gehen. Darüber wird vor allem die mit den Zahlen von Alcoa gestartete Quartalssaison entscheiden. Alcoa selbst übertraf die Erwartungen und die Aktie konnte zulegen. Unser Trading-Tipp vom Montag, das Long-Zertifikat auf den Titel des Aluminiumkonzerns, liegt aktuell mit 35 Prozent im Plus. Es bleibt jedoch vorerst dabei: Der DAX pendelt in engen Grenzen zwischen 6.000 und 6.350 Punkten. Nur ein Ausbruch in die eine oder andere Richtung dürfte neue Dynamik entfachen.

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Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.