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Liquide alternative Strategien als Antwort auf das Niedrigzinsumfeld

09.02.16 14:07 Uhr

Liquide alternative Strategien als Antwort auf das Niedrigzinsumfeld | finanzen.net

Nach Jahren anhaltender finanzieller Repression, gekoppelt mitzunehmenden Schwankungen am Kapitalmarkt, hinterfragenKapitalanleger zunehmend die Rolle von Rentenpapieren hoherBonität als Sicherheitsanker und die Rolle von Aktien alsHauptrenditetreiberim Portfolio.

In diesem Umfeld suchen viele Investoren nach neuen Ertragsquellen in ihren Portfolios, in denen bislang meist Aktien- und Zinsrisiken dominierten. Liquide alternative Anlagestrategien, in der Regel in Form von OGAW2-konformen Publikumsfonds (auch Absolute Return- Strategien genannt), können hier eine sinnvolle Ergänzung sein und gegebenenfalls ein Rentensubstitut im Portfoliokontext darstellen.

Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über den Mehrwert von liquiden alternativen Kapitalanlagen im Portfoliokontext sowie zu den verfügbaren Strategien und Risikoprämien. Die Autoren erläutern im ersten Kapitel die Charakteristika der liquiden alternativen Strategien sowie wichtige Aspekte, um den Mehrwert dieser Strategien auszuschöpfen. Das zweite Kapitel beleuchtet die verschiedenen verfügbaren Strategien sowie deren Risikoprämien und Performance-Charakteristika. Im dritten Kapitel werden die Vorgehensweise bei der Umsetzung eines diversifizierten Portfolios von liquiden alternativen Strategien sowie ein Beispielportfolio aufgezeigt.

1. Nutzen von liquiden alternativen Strategien im Gesamtportfoliokontext

Welche Anlageformen zu liquiden alternativen Strategien zählen, darüber herrscht kein einheitliches Verständnis. Nach einer Systematik, die solche Strategien aufgrund ihrer alternativen Renditequellen abgrenzt, weisen diese Strategien grundsätzlich folgende Charakteristika auf:

• Sie agieren frei von einer Benchmark und haben dabei eine absolute Wertsteigerung - den Absolute Return - als Renditeziel.

• Sie erschließen sich diese Rendite über unterschiedliche, nicht traditionelle, alternative Renditequellen.

• Und sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Flexibilität deutlich von traditionellen Aktien- oder Renten-Strategien - Flexibilität bezieht sich hier auf den Einsatz von Derivaten und Leverage sowie das Eingehen von Short-Positionen.

Diese, ursprünglich meist von Hedgefonds- Managern entwickelten Anlagestrategien sind inzwischen im traditionellen Asset Management angekommen und werden zunehmend eingesetzt. Nicht als alternative Strategien klassifiziert werden hingegen Long-only Multi Asset-Produkte oder klassische Rentenfonds mit Absolute Return-Renditeziel.

Bereits die Hinzunahme einer einzelnen alternativen Strategie, zum Beispiel Merger Arbitrage, bringt Nutzen im Gesamtportfolio: im Sinne sowohl einer zusätzlichen Renditequelle als auch eines Diversifikationseffekts.

Wie die klassische Portfoliotheorie lehrt und die Erfahrung zeigt, lässt sich dieser Nutzen mit der Mischung mehrerer verschiedener Renditequellen steigern. Ein breit angelegtes Portfolio von liquiden alternativen Strategien ist in der Lage, stabile Erträge zu generieren und Risiken zu reduzieren. Damit kann es eine strategische Allokation zu neuen Renditequellen im Portfolio bilden.

Für Anleger, die einen breiten Zugang zu alternativen Risikoprämien suchen, empfiehlt es sich, in ein diversifiziertes Portfolio aus verschiedenen alternativen liquiden Strategien zu investieren. Ein solches diversifiziertes Absolute Return-Portfolio soll in der Praxis oftmals zwei Ziele erreichen:

1. Für das Absolute Return-Portfolio selbst sollen positive Erträge über einen Marktzyklus bei gleichzeitig niedrigem Risiko erzeugt werden.

2. Darüber hinaus erwartet der Anleger für sein Gesamtportfolio einen wertvollen Rendite- und Diversifikationsbeitrag im Portfoliokontext.

Die Höhe der Renditeerwartung hängt dabei vom Risikobudget und dem gewünschten Rendite-Risiko-Profil des Anlegers ab. Eine realistische Bandbreite für Renditeziele liegt nach hauseigenen Schätzungen bei 1,5 % bis 3,5 % über dem EONIA-Zinssatz4, 5. Ausgehend von einem typischen Aktien-Renten-Portfolio bei einer 10 %-igen Beimischung als Ersatz für Rentenanlagen kann eine mittelfristige Erhöhung der Renditeerwartung von 0,1 bis 0,3 Prozentpunkte, je nach Ausgestaltung des Absolute Return-Portfolios, erzielt werden.

Folgende Anlagephilosophie für Absolute Return-Portfolios hat sich zur Zielerreichung bewährt:

• Die Vereinnahmung von unterschiedlichen alternativen Risikoprämien und

• ein Fokus auf Risikomanagement und Verlustreduktion in Verbindung

• mit einer weitgehenden Marktneutralität gegenüber Aktien- und Zinsrisiken. Die Umsetzung dieser Anlagephilosophie erfordert ein systematisches Vorgehen. Die individuelle Strategiedefinition stellt hierbei den Ausgangspunkt dar. Die in diesem Rahmen festgelegten Ziele und Nebenbedingungen bilden den wichtigen Ausgangspunkt eines Absolute Return-Portfolios. Die fortwährende Suche nach und die Überprüfung von Anlagestrategien liefert die verfügbaren und sinnvollen Investments in Form von sogenannten "Best-fit-Managern" im Schritt Managerselektion. Anschließende Schritte sind die Portfoliokonstruktion aus diesen Bausteinen und das laufende Monitoring von investierten Managern und Portfolios (siehe Schaubild 1).

2. Strategieuniversum: alternative Renditequellen und Risikoprämien

Um von der gesamten Bandbreite alternativer Strategien profitieren zu können, muss der Anleger die verschiedenen Arten bzw. die spezifischen Risikoprämien und Performancemuster der alternativen Strategien kennen. Das richtige Verständnis des gesamten Anlagespektrums ist die Voraussetzung für eine sinnvolle Portfoliozusammensetzung und eine möglichst optimale Diversifikation.

Vereinfacht dargestellt lassen sich folgende liquide alternative Strategien unterscheiden (siehe Schaubild 2).

Die Strategien in den Segmenten "Relative Value" und "Event Driven" nutzen entweder spezielle Unternehmenssituationen, Bewertungsunterschiede auf unterschiedlichen Märkten bzw. zwischen bestimmten Wertpapieren oder sie sind darauf spezialisiert, alternative Risikoprämien (z. B. Volatility, Merger Arbitrage) zu isolieren. Direktionales Marktexposure (gegenüber Aktien oder Renten) ist für diese Strategien kein Hauptrenditetreiber beziehungsweise wird weitgehend vermieden. "Makrostrategien" setzen sich dagegen bewusst und dynamisch direktionalen Markteinflüssen aus. Sie versuchen dabei, von kurzfristigen und langfristigen Trends oder makroökonomischen Entwicklungen auf den globalen Märkten zu profitieren. "Equity Long / Short"-Strategien sind dagegen stark durch Titelselektion mit entsprechenden Long- oder Short-Positionen auf dem Aktienmarkt getrieben, nehmen aber auch direktionales Exposure auf.

Die unterschiedlichen Renditequellen führen dazu, dass beispielsweise Equity Market Neutral- und Managed Futures Strategien in unterschiedlichen Marktsituationen gut bzw. schlecht abschneiden. Ein Blick auf die unterschiedlichen Performancemuster der Strategien zeigt wichtige Details: zum Beispiel Charakteristika von ausgewählten Strategie- Richtungen, die sich mittlerweile im liquiden alternativen Bereich etabliert haben und die im Publikumsfondsbereich den Investoren zur Verfügung stehen. Dabei werden die typischen Renditequellen sowie der Grad der Direktionalität zu den Long-only-Märkten deutlich.

Bei der Analyse hat sich die im Portfoliokontext risikoreduzierende Wirkung der Sub-Segmente Equity Market Neutral, Merger Arbitrage sowie Credit Long / Short gezeigt. Die Segmente Global Macro und Managed Futures hingegen können eine Rendite generierende Rolle übernehmen.

3. Der Weg zu einem diversifizierten Portfolio von liquiden alternativen Strategien

Aus dem Universum an Ertragsprofilen kann der Anleger nun Strategien in Abhängigkeit von den jeweiligen Rendite-Risiko-Zielen des Portfolios selektieren. Je nachdem, ob das Portfolio eine Asymmetrie zu traditionellen Märkten, eine marktunabhängige Rendite oder Erträge in einem speziellen Marktumfeld erreichen soll, kommen andere Strategie- Profile zum Einsatz. Generell hat es sich bewährt, in einem ausgeglichenen Portfolio marktneutrale und asymmetrische Profile (wie z. B. Merger Arbitrage, Equity Market Neutral, Credit Long / Short) als Kern des Portfolios um opportunistische direktionale Strategien (wie z. B. CTA, Global Macro) zu ergänzen.

Ein robustes Absolute Return-Portfolio kann in einem klar definierten Prozess aufgestellt und überwacht werden:

1. Strategiedefinition: Die Festlegung des Anlageziels im Hinblick auf das Rendite- Risiko-Profil und eventuelle Restriktionen ist ein wichtiger Schritt, um die Erwartungen des Anlegers realistisch darzustellen und resultierend daraus das zulässige Strategiespektrum festzulegen.

2. Managerselektion: Das Ziel der Managerselektion ist es, die am besten geeigneten Fonds für die festgelegten Strategiesegmente auszuwählen. Hier sollten Manager identifiziert werden, die die jeweiligen alternativen Risikoprämien zweckmäßig sowie stabil über die Zeit abbilden. Und sie sollten sich innerhalb eines Strategiesegments voneinander unterscheiden. Die qualitative Analyse hat bei der Selektion von alternativen Strategien einen besonderen Stellenwert.

3. Portfoliokonstruktion: Zusätzlich zum primären Ziel der Renditeerreichung bei Reduktion des Gesamtrisikos gilt es in einem Absolute Return-Portfolio ein besonderes Augenmerk auf die Vermeidung von Klumpenrisiken zu setzen. Wie in der Box auf S. 10 beschrieben, sollten im Rahmen der Portfoliokonstruktion quantitative Instrumente - beispielsweise eine zukunftsgerichtete Modellierung, die Optimierung und die Risikozerlegung - um qualitative Überlegungen wie gesetzte Nebenbedingungen in der Optimierung und Szenarioanalyse ergänzt werden.

4. Monitoring: Die laufende quantitative und qualitative Überwachung auf Ebene der Investition(en) ist wichtig, um die Performance mit dem erwarteten Rendite- Risiko-Profil jeder Strategie zu vergleichen, eventuelle Performanceausschläge zu evaluieren und Portfolioänderungen bei Bedarf frühzeitig vorzunehmen.

Das Endergebnis dieses vierstufigen Prozesses lässt sich anhand eines hypothetischen beispielhaften Portfolios liquider alternativer Strategien veranschaulichen (siehe Schaubild 4). Das Portfolio ist durch eine breite Diversifikation über mehrere Segmente gekennzeichnet: risikoreduzierende Segmente wie Equity Market Neutral, Fixed Income Arbitrage und Event Driven wurden um die renditegenerierenden Segmente CTA, Global Macro und Volatility ergänzt.

Die attraktiven Risikoeigenschaften solch eines diversifizierten hypothetischen beispielhaften Absolute Return Portfolios lassen sich deutlich anhand von ein paar gängigen Risikokennzahlen illustrieren. Unterstellt man für die einzelnen Segmente exemplarisch die Performance repräsentativer Indizes9, hätte dieses Portfolio über den Zeitraum von Juni 2008 bis Oktober 201510 eine annualisierte Volatilität von 2,0 % realisiert. Im gleichen Zeitraum lag die Volatilität von europäischen Staatsanleihen11 bei 4,5 % p. a. - mehr als doppelt so hoch. Aktien- und Kreditmärkte waren entsprechend mit 16,2 % p. a. und 12,2 % p. a. deutlich volatiler.

Betrachtet man den Maximum Drawdown (d. h. den größten Verlust vom Höchst- zum Tiefstwert innerhalb des jeweils betrachteten Zeitraums) als Risikomaß, so wird die risikoarme Eigenschaft des hypothetischen beispielhaften Absolute Return Portfolios noch deutlicher: während Aktien im Betrachtungszeitraum einen Maximum Drawdown von -43,4 % über einen Zeitraum von 9 Monaten während der Finanzkrise (Juni 2008 bis Februar 2009) erlitten haben, hätte das Portfolio einen Maximalverlust von nur -3,6 % erreicht (von Juni bis Oktober 2008) und die Erholung hätte bereits nach 5 Monaten eingesetzt (siehe Schaubild 6). Zerlegt man den Maximum Drawdown des hypothetischen beispielhaften Portfolios in die Beiträge der einzelnen Segmente wird auch ersichtlich, dass keines der Segmente mit einem überdimensionalen Verlust dominiert hätte. Obwohl manche Segmente relativ hohe Verluste verzeichneten, hätte eine Allokation mit relativ höheren Gewichten in risikoreduzierenden Strategien hohe Klumpenrisiken vermeiden können. Gleichzeitig wird die bereits im Kapitel 2 dargestellte Rolle des CTA Segments sehr gut ersichtlich. Es waren die CTA-Strategien, die von fallenden Märkten in 2008 gut profitieren konnten und das Drawdown des Portfolios hätten abmildern können.

Neben der gedämpften Schwankungsbreite und dem geringeren Verlustpotenzial kann das hypothetische beispielhafte Absolute Return Portfolio auch durch weitgehende Unabhängigkeit von Aktien und Renten charakterisiert werden. Dies lässt sich anhand der geringen Betas (ca. 0,06 zu Staatsanleihen, 0,09 zu Aktien und 0,11 zu Investment Grade Credit) feststellen.

4. Fazit

Mit einem diversifizierten Portfolio von liquiden alternativen Strategien können Anleger eine attraktive risikoadjustierte Rendite bei niedrigem Risiko erzielen. Damit lässt sich ein wichtiger Rendite- und Diversifikationsbeitrag im Gesamtportfolio realisieren. Viele Investoren möchten deshalb liquide alternative Strategien als "Sicherheitsanker" in ihren Portfolios etablieren. Andere hingegen sehen diese Strategien als neuen strategischen Portfolio-Bestandteil, der zur Erweiterung der Renditequellen dient.

Vor dem Hintergrund der großen Heterogenität der angebotenen Strategien ist ein tiefes Verständnis für alternative Risikoprämien und eine intelligente Portfoliozusammensetzung wichtig, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Dabei hilft ein Investitionsprozess, in dem die Strategiedefinition, die Managerselektion, die Portfoliokonstruktion und das Monitoring speziell auf liquide alternative Strategien ausgerichtet sind.

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