150 Jahre am Markt

BASF: Jubiläum mit Makel

29.04.15 03:00 Uhr

BASF: Jubiläum mit Makel | finanzen.net

Warum der größte Chemiekonzern der Welt einen Gewinn­rückgang erwartet - und trotzdem gut für die Zukunft aufgestellt ist.

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von Sabine Gusbeth, Euro am Sonntag

Die Riege der Gratulanten war prominent: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Altkanzler Helmut Kohl, Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen, Noch-Allianz-CEO Michael Diekmann, Bayer-Vorstandschef ­Marijn Dekkers, Linde-Lenker Wolfgang Büchele und Beraterlegende Roland Berger waren am vergangenen Donnerstag nach Ludwigshafen gekommen, um 150 Jahre BASF zu feiern. Der größte Chemiekonzern der Welt stehe "beispielhaft für innovative Lösungen ‚made in Germany‘", lobte Kanzlerin Merkel.

Tatsächlich gehen viele bahnbrechende Erfindungen und Patente auf das Unternehmen zurück, etwa das Magnetophonband, das Indigo-Blau, mit dem Jeans gefärbt werden, und Styropor. Heute liefert BASF unter anderem Katalysatoren für Autos, Vitamine und Lebensmittelzusatzstoffe, Dämmstoffe für die Bauwirtschaft sowie Düngemittel für die Landwirtschaft. Im vergangenen Jahr erzielte das Unternehmen damit einen Rekordumsatz von 74,3 Milliarden Euro und einen Gewinn von 7,6 Milliarden Euro.

Diesen Donnerstag wird BASF-Chef Kurt Bock das Jubiläum mit ­seinen Aktionären im Mannheimer Rosengarten begehen. Allein in Deutschland gibt es dem Unternehmenslenker zufolge 450­.000 Privatanleger, "die uns ihr Erspartes anvertrauen und denen wir uns verpflichtet fühlen". Für sie gibt es kaum Anlass zu klagen. Seit Jahresbeginn ist die BASF-Aktie um 30 Prozent gestiegen und zählte damit zu den Top-3-Werten im deutschen Leit­index DAX. Hinzu kommt eine Gewinnbeteiligung, also Dividende, von 2,80 Euro für das abgelaufene Jahr. Das entspricht einer Rendite von rund drei Prozent.

Verhaltener Ausblick

€uro am Sonntag nimmt das Jubiläum zum Anlass, um die Stärken und Schwächen der BASF unter die Lupe zu nehmen. Denn obwohl der Konzern nach außen hin gut aufgestellt wirkt, haben die einzelnen Unternehmensbereiche derzeit doch unterschiedliche Erfolgsaussichten.

Was 2015 betrifft, gibt sich Konzernchef Bock wenig optimistisch: Zwar werde der Umsatz leicht steigen, der Gewinn jedoch leicht zurückgehen. Ein Grund für den verhaltenen Ausblick der Ludwigs­hafener ist die starke Konjunktur­abhängigkeit des Chemiegeschäfts. Schwächelt die Wirtschaft in einer Region, bekommt es die chemische Industrie, die viele Vorprodukte für Industriegüter herstellt, als erste zu spüren. So ist BASF in Europa zuletzt kaum mehr gewachsen, auch in den Schwellenländern geht es langsamer voran. In der Wachstumsregion Asien-Pazifik brach das Ergebnis 2014 um 27 Prozent ein, auch weil die Konkurrenz dort zunimmt und die Preise unter Druck kommen. ­Firmenlenker Bock kündigte auf der Bilanzpressekonferenz im März daher an, das Geschäft in Asien einem "Fitnessprogramm" zu unterziehen. Das heißt, er will Kosten sparen.

Ein weiteres Sorgenkind des Unternehmens ist die Öl- und Gas­sparte, die noch 2013 der größte Gewinnbringer war. Eigentlich soll der Bereich das konjunkturanfällige Chemiegeschäft der BASF stabilisieren. Doch der massive Verfall des Ölpreises Ende vergangenen Jahres hat BASF-Chef Bock einen Strich durch die (Gewinn-)Rechnung gemacht. 2015 geht das Unternehmen von einem weiteren, deutlichen Ergebnisrückgang in diesem Segment aus.

Allerdings könnte die BASF an anderer Stelle von dem niedrigen Ölpreis profitieren. Denn der Rohstoff ist die Basis für viele Chemikalien. Wenn es den Ludwigshafenern gelingt, trotz des niedrigen Ölpreises die Preise für Chemikalien hoch­zuhalten, könnten die Gewinne in der klassischen Chemiesparte (­Chemicals) und in der Spezialchemie (Performance Products) steigen. So betonte der Konzernlenker auf ­einer Pressekonferenz im Dezember: "Wir verdienen Geld, wenn der Ölpreis hoch ist. Wir verdienen Geld, wenn der Ölpreis niedrig ist. Was wir nicht mögen, sind schwankende Preise."

Diese Aussage macht eine der großen Stärken des Weltmarktführers deutlich: Die ausgewogene Verteilung von Umsatz und Gewinn auf die fünf Unternehmensbereiche.

Bis auf die kleine, aber extrem ­lukrative Pflanzenschutzsparte (Agricultural Solutions) mit einem Umsatzanteil von zuletzt 5,4 Milliarden Euro, tragen sie alle fast gleich viel, nämlich zwischen 15 und fast 18 Milliarden Euro, zum Erlös bei. Der größte Gewinnbringer war 2014 die klassische Chemiesparte, die 2,4 Milliarden Euro verdiente. Die an­deren Segmente steuerten zwischen ­ 1,1 und 1,7 Milliarden Euro bei.

In den vergangenen Jahren wurde eine Schwäche in einem Bereich meist durch Zuwächse in anderen Sparten ausgeglichen. 2015 soll dem deutlichen Ergebnisrückgang bei Öl- und Gas, ein deutlicher Anstieg in der Spezialchemie und bei Functional Solutions gegenüberstehen. Auch in der schwankungsanfälligen Pflanzenschutzsparte, in der das ­Ergebnis 2014 rückläufig war, soll wieder an das starke Gewinnwachstum aus den Jahren 2012 und 2013 angeknüpft werden.

Dass der Konzernchef schwächelnde Bereiche wieder auf Erfolgskurs bringen kann, hat er zuletzt mit den beiden umsatzstärksten Bereichen Functional Solutions (Produkte für Automobil-, Chemie- und Bauindustrie) und in der klassischen Chemiesparte bewiesen. Dank eines Sparprogramms waren die Bereiche nach einer Schwäche in den Jahren 2012 und 2013 zuletzt wieder auf Wachstumskurs. Kritiker werfen Bock, der 2011 vom Finanzchef zum Vorstandsvorsitzenden aufstieg, allerdings vor, zu stark aufs Sparen zu setzen. Dem promovierten Betriebswirt fehle eine Strategie, wie das Unternehmen künftig wachsen soll.

Allerdings hatte der gebürtige Westfale in den vergangenen Jahren auch genug damit zu tun, die letzten Großakquisitionen in der Spezialchemie seines Vorgängers, dem heutigen Aufsichtsratschef Jürgen Hambrecht, in das Unternehmen zu in­tegrieren und auf Profitabilität zu trimmen. Das ist ihm gelungen. Die Spezialchemie verzeichnete im vergangenen Jahr ein Gewinnwachstum von fast 29 Prozent.

Aller Kritik zum Trotz ist die BASF einer der erfolgreichsten und zugleich solidesten DAX-Konzerne. Der Weltmarktführer setzt nicht nur ­eineinhalb mal so viel um wie die schärfsten Konkurrenten Dow Chemical (USA), Saudi Basic Industries (Saudi-Arabien) und LyondellBassell (USA), sondern ist auch deutlich profitabler.

Ständig gehäutet

Um erfolgreich zu bleiben, habe sich das Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten "ständig gehäutet", sagt Bock. Gegründet als Badische Anilin- und Sodafabrik stellte sie zu Beginn Farbstoffe für die Textilindustrie her. Heute sind Automobilkonzerne der wichtigste Abnehmer von BASF-Produkten wie extrem leichten Kunststoffverkleidungen und kratzfesten Autolacken. Der Konzernchef weiß, wem er für die aktuellen Erfolge zu danken hat: "Gerade in der Chemie bauen wir immer auf Leistungen unserer Vorgänger auf", betonte er auf der Jubiläumsfeier. Manchmal vergingen zehn bis 20 Jahre bis sich eine Idee in geschäftlichen Erfolgen niederschlage.

Vielleicht wird am 28. September klarer, wohin "die Anilin" unter Kurt Bock steuert. Dann will der 56-Jährige auf einer zweitägigen Investorenveranstaltung in Ludwigshafen seinen Kurs bis 2020 vorstellen. Schon heute ist klar, dass das künftige Wachstum außerhalb des Heimatmarkts, vor allem in Amerika und Asien stattfinden wird. Und, so kündigte Bock bereits im Dezember an: "Der ständige Transformationsprozess wird sich fortsetzen."

Investor-Info

Umsatz
Ausgewogene Struktur

In vier etwa gleich große und einen kleineren Unternehmensteil hat BASF sein Geschäft aufgeteilt. Wichtigster Kunde für den Chemiekonzern ist die Autoindustrie. Sie trug 2014 rund 13 Milliarden Euro zum Gesamtumsatz von 74,3 Milliarden Euro bei. So stellt BASF im Segment Functional Solutions unter anderem Fahrzeugkatalysatoren und Auto­lacke her. Das größte Umsatzwachstum schaffte die kleinste Sparte Agricultural Solutions, die beispielsweise Düngemittel produziert.

Entwicklung
Gewinnrückgang erwartet

Als Chemiekonzern ist BASF stark von der Konjunktur abhängig. Während das Unternehmen den Umsatz Jahr für Jahr steigert, schwankt der Gewinn teils stark. 2015 erwartet der Chemieriese einen leichten Gewinnrückgang. Der Ölpreisverfall bringt die Öl- und Gassparte unter Druck. Überdies verlangsamt sich das Wachstum in Asien. Und aus dem krisengeschwächten Europa sind noch keine stärkeren Impulse zu erwarten.

Aktie
Hohe Dividende

Seit Jahresbeginn hat die BASF-Aktie um mehr als 30 Prozent zugelegt und gehört damit zu den Top 3 im DAX. Hinzu kommt eine Dividende von 2,80 Euro. Selbst bei dem hohen aktuellen Kurs entspricht das einer Rendite von rund drei Prozent. Der Nachteil: BASF ist stark konjunkturanfällig. Das heißt, die Aktie schwankt stark. Deutlich wurde dies an den Kursverlusten Mitte April, als die Aktie innerhalb einer Woche um acht Prozent nachgab. Wer diese Schwankungen aushält, kann BASF immer kaufen.

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Bildquellen: BASF

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