Keine geeichten Messungen

Verstoß gegen Eichrecht: Mehrere Tausend Tesla-Supercharger in Deutschland sind gesetzeswidrig

28.08.22 17:04 Uhr

Verstoß gegen Eichrecht: Mehrere Tausend Tesla-Supercharger in Deutschland sind gesetzeswidrig | finanzen.net

Der E-Autobauer Tesla baut nach und nach sein Ladenetz in Deutschland aus. Nun stellte sich aber heraus, dass die Ladesäulen gegen deutsches Recht verstoßen.

• Tesla-Supercharger verfügen nicht über geeichte Zähler
• Behörden halten die Füße still
• Hohe Kosten für Austausch



Tesla gibt in Deutschland Gas

Der US-amerikanische Elektroautohersteller Tesla fasst auch in Deutschland immer mehr Fuß. Nicht nur kann der Musk-Konzern seine Absätze auch hierzulande von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr steigern, auch wurde im März 2022 endlich die langersehnte Gigafactory in Berlin-Brandenburg eröffnet. Auch die Supercharger, Teslas Schnellladestationen, die mittlerweile zum Teil auch für andere E-Auto-Modelle geöffnet wurden, erfreuen sich in Deutschland immer größerer Beliebtheit. Erst kürzlich berichtete "Teslamag", dass das Unternehmen 35 weitere Standorte im Rhein-Main-Gebiet umsetzen will, die jeweils 20 Ladesäulen umfassen. Recherchen des "Handelsblatt" zufolge, die auf Ladesäulenbetreiber und den Anbieter "Going Electric" zurückgehen, betreibt der Konzern im ganzen Land derzeit mehr als 1.800 Supercharger - die jedoch gegen deutsches Recht verstoßen.

Ladestationen ohne Messgeräte

Konkret geht es um das Eichrecht, das Vorgaben für Messgeräte mit sich bringt. So müssen sich Verbraucher darauf verlassen können, dass die Ladesäule die geladene Strommenge mittels eines geeichten Zählers exakt berechnet. Dem "Handelsblatt" zufolge rechnen die Supercharger aber bereits seit einigen Jahres nach Strom in Kilowattstunde ab, ohne einen entsprechenden Zähler verbaut zu haben. Damit verstoßen die zahlreichen Ladestationen gegen rechtliche Bestimmungen. Zwar ist Tesla nicht der einzige Betreiber, der sich nicht an das Eichrecht hält, nimmt aber mit Sicherheit den größten Anteil an den illegalen Ladesäulen ein.

Ausnahmefall Flatrate

Um den Verkauf der Tesla-Fahrzeuge anzukurbeln, bot der E-Autobauer anfangs noch die kostenlose Benutzung von Superchargern an, wie "auto motor und sport" berichtet. Seit der Einführung des Model 3 ist dieser Gratis-Service aber Geschichte. Hin und wieder lockt der Hersteller Tesla-Fahrer aber mit zeitlich begrenzten Aktionen, im Rahmen derer das Laden außerhalb der Stoßzeiten kostenlos ist. In diesem Fall greift das Eichrecht dem "Handelsblatt" zufolge nicht. Auch bei Flatrates kommt das Gesetz nicht zum Einsatz, da dem Verbraucher von vornherein klar ist, wie hoch die Kosten für die Strom-Ladungen ausfallen.

Laut Daten des Projekts "IKT für Elektromobilität" und Angaben von Herstellern, auf die sich die Wirtschaftszeitung bezieht, gibt es in Deutschland aber auch durchaus Anbieter, die sich an die Regelungen halten: Dabei handelt es sich um ABB, alpitronic, den Porsche-Partner ASD-TEC und Compleo.

Behörden halten sich aus Angst vor "Aufschrei" zurück

Ladestationen, die aufgrund fehlender Zähler nicht rechtens sind, müssen von den Herstellern an die jeweiligen Landeseichbehörden gemeldet werden, zusammen mit einem zeitlichen Ultimatum, bis zu dem die Messgeräte nachgerüstet werden müssen. Maßnahmen ergreifen die Behörden jedoch nicht. "Wir verfahren mit den Tesla-Ladesäulen in Bayern genauso wie mit allen anderen Schnellladesäulen: Der gesetzeswidrige Betrieb wird nicht behindert und nicht sanktioniert", so Thomas Weberpal, Leiter des Bayerischen Landesamts für Maß und Gewicht, gegenüber dem "Handelsblatt". "Würden wir das geltende Recht durchsetzen, müssten Tausende Ladesäulen unverzüglich nachgerüstet oder stillgelegt werden. Das gäbe einen politischen und gesellschaftlichen Aufschrei." So habe die bayerische Landesregierung das Amt angewiesen, von Bußgeldern gegen Tesla & Co. abzusehen. Dem Blatt zufolge könnten diese bis zu 50.000 Euro schwer sein.

Kostspielige Nachrüstung

Aber auch die Nachrüstung der illegalen Säulen ist kostspielig: Der Energiebetreiber E.ON erklärte gegenüber dem Medium, dass sich diese je Ladestation im vierstelligen Bereich bewegen. EnBW veranschlagt gar einen "mittleren siebenstelligen Betrag". Bei ABB werden die bestehenden Ladegeräte ohne Eichung wohl bereits vermehrt gegen gesetzeskonforme Modelle getauscht. Die in Deutschland nicht zugelassenen Ladesäulen finden aber noch im Ausland Verwendung, wo kein Eichrecht herrscht. Laut "Handelsblatt" sind die Eichregelungen in keinem anderen Land der Welt so streng wie in Deutschland.

Teslas Supercharger haben bei Vergleichsstudie die Nase vorn

Langfristig wird aber auch Tesla seine Ladestationen umrüsten müssen. "Da gibt es keine Ausnahmen", so der Energieverband BDEW gegenüber dem "Handelsblatt". In einer Studie des Analyseunternehmens J.D. Power, in der verschiedene Ladesäulen für E-Autos miteinander verglichen wurden, konnten sich die Supercharger gegen Konkurrenten durchsetzen. Mit 739 von möglichen 1.000 Punkten schnitten die Tesla-Ladestationen von allen untersuchten DC-Schnellladegeräten am besten ab. Damit positionierte sich das Unternehmen als einziger Kandidat über dem Branchendurschnitt.

Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: Smith Collection/Gado/Getty Images, Lukas Gojda / Shutterstock

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