Die richtige Wahl des Börsenplatzes: An welcher Börse sollten Privatanleger handeln?
• Deutschland beheimatet fünf große Parkettbörsen
• Elektronische Handelssysteme sparen Kosten
• OTC-Handel ermöglicht den Kauf von Schweizer Aktien
Da die alte Kaufmannsweisheit "Der Gewinn liegt im Einkauf" auch an der Börse gilt, ist die Wahl des richtigen Handelsplatzes für Privatanleger der erste wichtige Schritt zum erfolgreichen Börsengeschäft. Denn zwischen den internationalen, regionalen und elektronischen Börsen bzw. Handelssystemen gibt es einige Unterschiede, die man als erfolgreicher Investor kennen sollte.
Die Aufgabe und Geschichte der Börse
In unserem modernen Finanzsystem übernimmt die Börse zwei sehr wichtige Aufgaben, die für die Funktionsweise der Wirtschaft sehr entscheidend sind. Zum einen fungiert die Börse als Primärmarkt und bietet Unternehmen die Chance mit Hilfe von Neuemissionen frisches Kapital von Investoren einzusammeln, um neue Vorhaben und Projekte umzusetzen. Zum anderen dient sie als Sekundärmarkt, der es Investoren zu den jeweiligen Handelszeiten ermöglicht, einzelne Wertpapiere zu kaufen oder verkaufen.
Als institutioneller Handelsplatz kann die Börse auf eine sehr lange Historie zurückblicken. So wurde bereits im Jahr 1409 in Brügge, der heutigen Hauptstadt von Westflandern, die erste Börse der Welt gegründet. Rund 130 Jahre später wurden dann auch in Augsburg und Nürnberg die ersten offiziellen Börsenplätze in Deutschland eröffnet. Diese frühen Handelsplätze ermöglichten Kaufleuten eine unkomplizierte Abwicklung ihrer Waren- und Finanzgeschäfte.
Börsenplätze in Deutschland
In der Blütezeit der Börsen gab es allein in Deutschland insgesamt 27 verschiedenen Handelsplätze. Heutzutage gibt es deutschlandweit jedoch nur noch fünf Börsen im herkömmlichen Sinne, also sogenannte Parkettbörsen bzw. Regionalbörsen. Zu diesen traditionellen Wertpapierbörsen zählen die Börse Berlin, die Börse Frankfurt, die Börse München, die Börse Stuttgart und die Börsen AG, zu welcher die Regionalbörsen Hamburg-Hannover und Düsseldorf zählen.
Börse Frankfurt
Die Wertpapierbörse in Frankfurt ist der mit Abstand bekannteste Handelsplatz für Aktien in Deutschland. Sie wurde 1585 gegründet und ist heute als Deutsche Börse AG selbst als Aktiengesellschaft gelistet. Der Handel an der Frankfurter Börse läuft in Form einer fortlaufenden Auktion. Dieses Marktmodell ermöglicht eine schnelle Abwicklung von Kauf- und Verkaufsorders sowie eine Bündelung der Liquidität. Für jedes Wertpapier existiert dabei ein Händler, welcher einen permanenten Geld- und Briefkurs zur Verfügung stellt. Anleger, die an der Börse Frankfurt handeln, müssen zu ihren Ordergebühren jedoch noch ein Transaktions- und Handelsentgelt entrichten.
Börse Stuttgart
Neben der Börse in Frankfurt ist die Börse in Stuttgart der zweitgrößte Parketthandelsplatz in Deutschland. Sie wurde 1861 gegründet und ist heute als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts im Besitz der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse GmbH. Im Gegensatz zum Börsenplatz in Frankfurt setzen die Stuttgarter auf eine hybrides Marktmodell, welches Profihändler und den elektronischen Handel verbindet. So können Teilausführungen verhindert werden und der Markt gleichzeitig mit genügend Liquidität versorgt werden. Anleger, die an der Börse Stuttgart tätig werden, müssen zu ihren Ordergebühren ein zusätzliches Transaktionsentgelt entrichten.
Neben dem klassischen Parketthandel beheimatet die Börse Stuttgart auch das Handelssegment Euwax. Euwax zählt zu den europaweit größten Plattformen für den Handel mit verbrieften Derivaten wie zum Beispiel Aktienanleihen oder Hebel-Zertifikate.
Börse München
Mit einem sogenannten Spezialisten-Modell unterscheidet sich das Marktmodell der Münchner Börse nochmals von den Modellen aus Frankfurt und Stuttgart. Dieses Modell soll mit Hilfe eines konsequenten Abgleichs mit den weltweiten Referenzmärkten stets zu einer fairen Ausführung führen. Die in München ansässige Börse wurde im Jahr 1830 gegründet und gehört als Anstalt des öffentlichen Rechts zur Bayrischen Börsen AG. Investoren, die über die Börse München handeln, müssen zu ihren Ordergebühren ein Transaktionsentgelt sowie eine Maklercourtage bezahlen.
Börse Berlin, Hamburg-Hannover & Düsseldorf
Die Börse Berlin, der Eigentümer der Berliner Wertpapierbörse e.V. ist, wurde im Jahr 1685 gegründet. Das Handelsmodell der Börse läuft über ein Orderbuch, welches mit dem elektronischen Handelssystem Xontro verbunden ist.
Die Börse Hamburg-Hannover setzt ebenfalls auf ein hybrides Handelsmodell, welches via Skontoführerhandel und einem Orderbuch funktioniert. Die Börse, die schon im Jahr 1558 gegründet wurde, gehört, ebenso wie die Börse Düsseldorf, zu der Börsen AG. Wie der Handelsplatz in Hamburg setzt auch die Börse Düsseldorf auf ein hybrides Handelsmodell. Im Gegensatz zum Parketthandel in Hamburg wurde die Düsseldorfer Börse jedoch erst im Jahr 1853 gegründet. Für Investoren fallen bei allen drei Börsenplätzen neben den normalen Ordergebühren auch ein Transaktionsentgelt sowie eine Maklercourtage an.
Elektronische Handelssysteme
Im Gegensatz zum klassischen Parketthandel, versteht man unter einem elektronischen Handelssystem ein automatisiertes Handelsmodell, welches Käufer und Verkäufer von selbst zusammenbringt. So ist zwischen den einzelnen Händlern keine Kommunikation mehr nötig.
Das im Jahr 1997 von der Frankfurter Wertpapierbörse ins Leben gerufene elektronische Handelssystem "exchange electronic trading" kurz Xetra ist heute eine der führenden "Computerbörsen" in ganz Europa. Doch auch bei Xetra müssen die Anleger zu ihrer Ordergebühr noch ein zusätzliches Transaktionsentgelt entrichten.
Günstige Alternativen für Privatanleger
Während die großen Parketthandelsplätze, sowie auch Xetra, ihren Händlern zusätzliche Gebühren abverlangen, bieten die elektronischen Handelssysteme Tradegate Exchange aus Berlin, gettex aus München und Quotrix aus Düsseldorf gerade Privatanleger die Option, Wertpapiere ohne weitere Gebühren zu handeln.
Des Weiteren bieten diese drei elektronischen Börsen ihren Kunden Handelszeiten von 08.00 bis 22.00 Uhr und garantieren so eine hohe Ausführungsqualität.
Außerbörslicher Handel
Investoren, die Wertpapiere kaufen oder verkaufen möchten, müssen dies nicht unbedingt über einen offiziellen Börsenplatz tun, sondern können auch einen sogenannten Market Maker aufsuchen. Außerbörsliche Market Maker sind in der Regel große Institutionen die bei einem Aktiengeschäft als Kontrahent agieren. Der Handel zwischen Marktteilnehmern, die sich nicht auf einem Börsenplatz verabreden, wird dabei auch als Direkthandel oder OTC-Handel "Over the Counter" bezeichnet.
Der außerbörsliche Handel bietet Privatanlegern, neben dem Vorteil von langen Handelszeiten und geringen bzw. keinen Nebenkosten, aktuell auch die Möglichkeit, trotz des Handelsverbots für Aktien aus der Schweiz, derartige Wertpapiere problemlos zu handeln, somit kann durch den außerbörslichen Handel die entzogene Börsenäquivalenz umgangen werden. Einer der größten außerbörslichen Plattformen bietet dabei die Lang & Schwarz-Gruppe aus Düsseldorf, welche im Jahr 1996 gegründet wurde.
Eine Frage des Geschmacks
Welcher Handelsplatz deutschlandweit der Beste ist, lässt sich objektiv nicht beantworten. Anleger, die sich jedoch jegliche zusätzlichen Transaktionskosten sparen möchten, sollten auf die elektronischen Handelssysteme Tradegate oder Quotrix ausweichen, da dort keine Gebühren anfallen und die relativ hohen Handelsvolumen für eine sehr geringe Geld-Brief-Spanne sorgen. Ansonsten kann es sich für Investoren durchaus lohnen, wenn sie gerade jetzt auf außerbörsliche Handelsplätze ausweichen, um beliebte Aktien aus der Schweiz zu handeln.
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Pierre Bonnet / finanzen.netBildquelle: Julian Mezger für Finanzen Verlag, Deutsche Börse