TeamViewer-Aktie fällt: TeamViewer übernimmt Anbieter 1E in größtem Zukauf bisher
Der Unternehmenswert von 1E beläuft sich bei dem Deal auf 720 Millionen US-Dollar (682 Mio Euro), wie die Göppinger am Dienstag mitteilten. Mit dem Zukauf will TeamViewer-Chef Oliver Steil das Wachstum ankurbeln. Das Unternehmen finanziert die Übernahme über eigene Mittel und neue Schulden. Damit werden weitere Aktienrückkäufe in den nächsten zwei Jahren "unwahrscheinlich", wie Steil einräumte. Die im MDAX notierte Aktie gab deutlich nach.
Steil will mit 1E das eigene Angebot rund um Fernwartung und vernetzte Geräte abrunden: 1E bietet Software zur automatischen Erkennung und Behebung von IT-Problemen der Anwender an. Das passe gut zum eigenen Angebot und habe TeamViewer bisher gefehlt, sagte er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. 1E hat seinen Hauptsitz in London, seine Kunden sitzen aber vor allem in Nordamerika. Der Finanzinvestor Carlyle hatte sich 2021 die Mehrheit an 1E gesichert. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg über eine mögliche Übernahme durch TeamViewer berichtet.
Steil sagte, nach dem für Anfang 2025 angepeilten Abschluss der Übernahme rechne er zunächst mit einem Integrationsjahr. 2026 sollen die Umsatzsynergien 10 Millionen Euro erreichen, 2027 dann 25 Millionen Euro. 1E bringt einen wiederkehrenden jährlichen Umsatz von zuletzt 77 Millionen Dollar mit und macht diesen fast nur mit großen Kunden. Kostensynergien seien nicht das Ziel der Übernahme, ergänzte Steil.
1E wächst Steils Angaben zufolge um mehr als 20 Prozent jährlich und ist profitabel. Zum Vergleich: TeamViewer peilt für dieses Jahr noch ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von 7 bis 8 Prozent auf bis zu 668 Millionen Euro an.
Für die Übernahme wird TeamViewer zunächst den Verschuldungsgrad gemessen am bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf über das Dreifache erhöhen. Bis Ende des Geschäftsjahres 2026 soll die Verschuldung wieder auf unter das Zweifache des operativen Gewinns sinken.
Mit der Übernahme bekommt 1E-Chef Mark Banfield einen Sitz im TeamViewer-Vorstand, als sogenannter Chief Commercial Officer (CCO) soll er dann den Vertrieb steuern und ausbauen. Der bisherige Vertriebsvorstand Peter Turner hatte im September angekündigt, seinen im Juli 2025 auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen.
Zukaufspläne drücken TeamViewer-Aktie auf Tief seit Ende Juli
Der angekündigte Zukauf hat am Dienstag die Aktie des Softwareunternehmens schwer belastet. TeamViewer sackten schlussendlich mit minus 12,17 Prozent auf 11,01 Euro an das Ende des MDAX. Damit haben sich auch die Erholungsgewinne der zweiten Jahreshälfte in Luft aufgelöst.
Das Papier fiel im Handelsverlauf zurück auf dem tiefsten Stand seit dem 30. Juli und damit dem Tag, bevor TeamViewer mit starken Zahlen zum zweiten Quartal hatte begeistern können. Von einstigen Höhen ist der Kurs ohnehin weit entfernt, im Covid-Boom der Branche kostete die Aktie teils über 50 Euro. Enttäuschte Wachstumsfantasien nach der Pandemie und teure Sponsorenverträge ließen den Kurs in den Folgejahren einbrechen.
Die aktuellen Kursverluste erklärte Aktienexperte Frederik Altmann von Alpha Wertpapierhandel mit "Sorgen, dass sich Teamviewer mit dem Zukauf verheben könnte." "Immerhin ist 1E etwa ein Drittel so groß wie TeamViewer." Zudem hätten einige Anleger wohl eher auf eine Ausweitung des Aktienrückkaufs oder eine andere Ausschüttung gehofft.
Analyst Mohammed Moawalla von der US-Investmentbank Goldman Sachs wies derweil darauf hin, dass der Spezialist für die automatische Erkennung und Behebung von IT-Problemen der Anwender zuletzt zweistellig gewachsen sei. Und der Transaktionsmultiplikator liege mit 9,4 etwa in der Mitte des historischen Schnitts der Softwarebranche von 5 bis 15.
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GÖPPINGEN (dpa-AFX)
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