Anleihemärkte in Aufruhr: Wirtschaftsexperte Paul Krugman warnt vor langfristigen Risiken durch Trump

13.01.2025 03:25:00

Die ungewöhnliche Entwicklung bei den langfristigen Zinsen sorgt bei vielen Marktteilnehmern für Verunsicherung. Paul Krugman, Nobelpreisträger und Wirtschaftsexperte, beleuchtet in seinem Newsletter mögliche Ursachen und nimmt dabei die Auswirkungen von Donald Trumps Wirtschaftspolitik in den Fokus.

• Seltsame Entwicklung am Anleihemarkt
• Krugman: Donald Trumps "verrückte" Ansichten zur Wirtschaftspolitik könnten Grund sein
• Folgen für Wirtschaft und Fed könnten schwerwiegend sein

Besorgniserregende Entwicklung am Anleihemarkt

Viele Anleger debattieren derzeit darüber, welche konkurrierenden oder vielleicht auch einander ergänzenden Faktoren für den Anstieg der Renditen auf US-Staatsanleihen verantwortlich sind, der die Börse zuletzt in Aufruhr versetzt hat, wie MarketWatch berichtet.

Paul Krugman, renommierter Wirtschaftsnobelpreisträger und ehemaliger Kolumnist der New York Times, äußerte sich in seinem Newsletter auf Substack zuletzt zu den möglichen Ursachen für den jüngsten Renditeanstieg bei US-Staatsanleihen. In einem Beitrag mit dem Titel "Gibt es eine Wahnsinnsprämie auf Zinsen?", hebt der Experte hervor, dass die aktuellen Bewegungen bei kurzfristigen und langfristigen Zinsen "ungewöhnlich und besorgniserregend" seien. Während die Federal Reserve ihre kurzfristigen Zinssätze senkt, steigen die langfristigen Renditen, etwa für 10-jährige Staatsanleihen, unerwartet an. Diese Divergenz sei laut Krugman beispiellos und widerspreche den typischen Marktmustern, bei denen langfristige Zinsen zumindest teilweise den Bewegungen der Fed folgen. Er vermutet, dass Anleger ihre Erwartungen an zukünftige Zinssätze nach oben korrigieren, was auf tiefere Unsicherheiten und makroökonomische Befürchtungen hindeutet.

"Man sollte nicht davon ausgehen, dass die Märkte Recht haben, und schon gar nicht, dass sie etwas wissen, was der Rest von uns nicht auch weiß", gibt er zwar auch zu bedenken - ergänzt jedoch: "Dennoch höre ich viel Gerede darüber, dass die Desinflation zwar viel leichter zu bekämpfen sei als von vielen Ökonomen vorhergesagt, […] dass die Inflation jedoch auch bei 2,5 bis 3 Prozent stagnieren könnte, statt wieder ganz auf 2 Prozent zurückzufallen."

Trumps Einfluss auf die Wirtschaft

Krugman erklärt, dass die steigenden langfristigen Zinsen durchaus eine Reaktion auf Donald Trumps wirtschaftspolitische Ankündigungen sein könnten. Besonders Trumps Pläne zu hohen Zöllen, Steuererleichterungen und Massenabschiebungen könnten erhebliche inflationäre Effekte haben, die die Fed dazu zwingen würden, ihre Zinssenkungen zu überdenken oder sogar Zinsen erneut anzuheben.

Besonders besorgniserregend seien laut Krugman Trumps impulsive und oft extreme Ansichten, die Märkte destabilisieren könnten. Dabei verweist der Experte unter anderem auf Trumps jüngste Äußerungen, etwa zur Annektierung Kanadas und Grönlands oder zur Einführung eines Wirtschaftsnotstands, die das Vertrauen der Märkte weiter untergraben könnten.

Man müsse sich nur die Dynamik der letzten Tage ansehen, erklärt der Experte: "Jeff Stein von der Washington Post berichtete, dass Leute aus Trumps Umfeld eher eine begrenzte, strategische Reihe von Zöllen planen, statt des destruktiven Handelskriegs gegen alle, den Trump versprochen hat. Trump reagierte umgehend mit einem Truth Social-Post, in dem er den Bericht als ‚Fake News‘ bezeichnete und erklärte, dass auch er beabsichtige, hohe Zölle auf alles und jeden zu erheben. Kurz gesagt, Quellen: ‚Trump ist nicht so verrückt, wie er aussieht.‘ Trump: ‚Doch, das bin ich!‘"

Doch wie genau hängt dies mit den Zinsen zusammen? Auch diese Frage beantwortet der Experte: Unter Ökonomen bestehe weitgehend Einigkeit darüber, dass Trumps angekündigte Maßnahmen mittelfristig zu einer deutlichen Inflation führen könnten, auch wenn dies nicht unmittelbar eintreten dürfte. Unabhängig von Trumps Handlungen werde die Inflation wahrscheinlich über weite Teile dieses Jahres niedrig bleiben. Sollte jedoch ein Großteil seiner Agenda tatsächlich umgesetzt werden, wäre die Federal Reserve gezwungen, Zinssenkungen vorerst auszusetzen. Es könnte sogar notwendig werden, die Zinsen erneut anzuheben, um inflationäre Entwicklungen einzudämmen.

Folgen für die Wirtschaftspolitik der Fed und den Markt

Zudem befürchte der Experte, dass die Unabhängigkeit der Fed unter Druck geraten könnte, wenn Trump Einfluss auf die Geldpolitik nimmt, ähnlich wie Richard Nixon in den 1970er-Jahren.
"Es stimmt, dass Trump - der gestern erklärte, die Zinsen seien immer noch zu hoch - in Rage geraten würde, wenn die Fed die Zinsen anheben würde. Tatsächlich könnte er durchaus verlangen, dass die Fed die Zinsen weiter senkt."

Sollte die Fed gezwungen sein, Zinsen künstlich niedrig zu halten, könnte dies letztlich zu einer schwerwiegenden Inflation und noch höheren Zinssätzen führen.

Krugman zeigt sich zudem skeptisch, ob die Märkte die wahren langfristigen Konsequenzen von Trumps Politik bereits vollständig eingepreist haben. Zwar räumt er auch ein, dass seine Interpretation des Renditeanstiegs möglicherweise auch Wunschdenken widerspiegeln könnte, insbesondere in Anbetracht seiner kritischen Haltung gegenüber Trump. Dennoch betont er, dass es Jahre dauern könnte, bis die wirtschaftlichen Folgen von Trumps Politik sichtbar werden: "Diejenigen von uns, die über Trumps Aufstieg entsetzt sind, würden ihn gerne von den Märkten bestraft sehen, aber wir sollten keine sofortige Befriedigung erwarten. Es kann durchaus Jahre dauern, bis die Folgen seiner wirtschaftlichen Wahnvorstellungen wirklich offensichtlich sind."

Solche Folgen könnten von erhöhter Inflation bis hin zu einer grundlegenden Destabilisierung der globalen Wirtschaft reichen.

Wie sich die Wirtschaft unter der Regierung von Trump jedoch tatsächlich weiter entwickeln wird, bleibt abzuwarten.

Redaktion finanzen.net

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