Falsche Entscheidungen

Ex-Anleihenkönig Bill Gross hält die US-Zinspolitik für verfehlt: "Ich habe kein Vertrauen in die Fed"

31.01.24 19:11 Uhr

Ex-Anleihenkönig Bill Gross hält die US-Zinspolitik für verfehlt: "Ich habe kein Vertrauen in die Fed" | finanzen.net

Bill Gross gilt seit Jahrzehnten als Experte für Anleihen, auch wenn er wegen oft waghalsigen Spekulationen in der Vergangenheit nicht immer unumstritten war. Fest steht aber: Seine Meinung findet stets Gehör - so wie seine jüngsten Aussagen zur Fed-Zinspolitik.

• Zinspolitik der Fed seit Jahren ein Dauerthema unter Börsianern
• Ex-Anleihenkönig Bill Gross hält Fed-Entscheidungen für verfehlt
• Gross: Quantitative Straffung muss beendet werden

Die Zinspolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hält die Anleger rund um den Globus schon seit knapp vier Jahren quasi pausenlos in Atem. Im Frühjahr 2020 sorgten die rapiden Leitzinssenkungen und die Liquiditätsflut der Fed - aber auch weiterer Notenbanken wie der Europäischen Zentralbank (EZB) - dafür, dass es an den Aktienmärkten zu einer fulminanten Aufholjagd nach dem Corona-Crash kam.

Zwei Jahre später war genau das Gegenteil der Fall: Angesichts immer weiter steigender Inflationsraten erhöhte die Fed die Leitzinsen zwischen März 2022 und Juli 2023 um mehr als fünf Prozent. Die Folge war ein katastrophales Börsenjahr 2022. Die Abwärtsentwicklung an den Aktienmärkten ist aber längst wieder passé: Aufgrund der nicht eingetretenen US-Rezession, dem wieder sinkenden Inflationsdruck und den Hoffnungen auf Leitzinssenkungen 2024 notieren die internationalen Indizes größtenteils wieder auf einem Rekordniveau. Eine wahre Achterbahnfahrt erlebten die Anleger also in den vergangenen Jahren. Laut Bill Gross, Mitgründer der billionenschweren kalifornischen Investmentgesellschaft PIMCO (Pacific Investment Management Company), trägt die Fed eine Mitschuld an den Kurskapriolen.

Gross: "Fed hat keine gute Ergebnisse erzielt"

Im Interview mit "Bloomberg" ließ der pensionierte Fondsmanager, der einst als "Anleihenkönig" (engl. Bond King) berühmt-berüchtigt war, kein gutes Haar an der Fed-Zinspolitik der letzten Jahre. Die US-Zentralbank habe falsch auf die Inflation reagiert. "Lassen Sie es mich so ausdrücken: Die US-Notenbank hat in den letzten drei, vier oder fünf Jahren keine guten Ergebnisse erzielt, wenn es darum ging, den magischen Leitzins zu finden, der weder die Inflation erhöht noch eine Deflation auslöst", kritisierte Gross. Auch für das künftige Handling des Leitzinses durch die Fed zeigte sich der Ex-Anleihenkönig negativ eingestellt: "Sind sie jetzt klug genug, um genau zu wissen, wie hoch der Leitzins zu einem bestimmten Zeitpunkt oder sogar in sechs bis 12 Monaten sein sollte? Ich wäre da sehr vorsichtig." Gross positionierte sich dabei als ein eindeutiger Unterstützer von offensiven Leitzinssenkungen.

Ausblick auf das Fed-Jahr 2024

Tatsächlich dürfte feststehen, dass es 2024 wieder viel Bewegung an der Zinsfront geben wird. Für das laufende Jahr erwarten Händler laut Dow Jones Newswires derzeit fünf bis sechs Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte (0,25 Prozent). Damit dürfte sich der aktuelle Zinssatz, der derzeit im Korridor zwischen 5,25 und 5,5 Prozent liegt, bis Dezember auf nur noch circa 4 Prozent verringern. Nach gängiger Ansicht unter Analysten ist es gut möglich, dass die Fed bei ihrem Treffen am 20. März erstmals an der Zinsschraube drehen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass Fed-Chef Jerome Powell an diesem Tag die erste Leitzinssenkungen verkünden wird, liegt den von "FedWatchTool" zusammengetragenen Experteneinschätzungen zufolge bei 41,7 Prozent: Demnach wird die Wahrscheinlichkeit auf einen kleinen Zinsschritt von 25 Basispunkten auf 40,9 Prozent geschätzt, wohingegen eine größere Zinssenkung von 50 Basispunkten eher auszuschließen ist, hier liegt die Wahrscheinlichkeit nämlich nur bei 0,8 Prozent (Stand der Daten ist jeweils der 30. Januar 2024).

Gross fordert Stopp der quantitativen Straffung

Zudem wird in Marktkreisen vermehrt die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass die Zentralbank das Tempo verlangsamt, mit dem sie ihre zuletzt 7,67 Billionen Dollar schwere Bilanzsumme reduziert. Der Prozess der Reduzierung dieser Bilanz ist als "quantitative Straffung" (engl. quantitative tightening, abgekürzt als QT) bekannt.

Gross hat hierzu eine deutliche Meinung: "Ich würde die quantitative Straffung beenden. Ich denke, das ist zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht die richtige Philosophie oder Politik", so Gross. Wenn sich die quantitative Straffung mit langsamerer Geschwindigkeit fortsetzt - oder gar ganz ausgesetzt wird - wird dem Kapitalmarkt allgemein weniger Kapital entzogen und mehr Liquidität zur Verfügung gestellt, wovon vor allem auch der Anleihenmarkt profitieren dürfte. Gross vertrat zudem die Ansicht, dass die zehnjährigen US-Staatsanleihen sich auf einem überbewerteten Niveau befinden und warnt Anleger vor einem Einstieg bei der derzeitigen Zinssituation.

Redaktion finanzen.net

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