EZB-Zinsentscheid

EZB tastet Leitzins nicht an - Kommt die Anpassung im Juni?

11.04.24 15:42 Uhr

EZB hält Leitzins im Euroraum stabil - Neue Hinweise zur weiteren Geldpolitik | finanzen.net

Die Europäische Zentralbank hat über ihren weiteren gelpolitischen Kurs im Euroraum entschieden.

Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt die Zinsen im Euroraum das fünfte Mal in Folge unverändert. Der Leitzins, zu dem sich Banken im Euroraum Geld bei der EZB besorgen können, liegt derzeit bei 4,5 Prozent. Wenn Geldhäuser Einlagen bei der Notenbank parken, erhalten sie dafür 4,0 Prozent Zinsen. Diese Entscheidung war im Vorfeld erwartet worden.

Im Fokus des Treffens stehen mögliche Signale zum künftigen Zinspfad der Notenbank. Volkswirte rechnen mit klareren Hinweisen als noch zuletzt, dass angesichts einer deutlich rückläufigen Inflation auf der geldpolitischen Sitzung im Juni die Zinsen erstmals wieder gesenkt werden könnten.

Reaktion auf rekordhohe Inflation

Um die zeitweise auf Rekordhöhe gestiegene Inflation in den Griff zu bekommen, hatte die EZB die Zinsen seit Juli 2022 zehnmal in Folge nach oben geschraubt. Kredite werden damit teurer, das kann die Nachfrage bremsen und hohen Preissteigerungen entgegenwirken. Teurere Finanzierungen sind aber zugleich eine Last für Kreditnehmer.

Inflation im Euroraum rückläufig

Zuletzt hatte sich die Inflation im Euroraum deutlich abgeschwächt. Im März stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat nach einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat um 2,4 Prozent. Ein Jahr zuvor hatte die Jahresteuerungsrate noch bei 6,9 Prozent gelegen.

Stimmungslage im Rat und weitere Geldpolitik

Der EZB-Rat ist weiterhin entschlossen sicherzustellen, dass die Inflation zeitnah wieder ihr mittelfristiges Ziel von 2 Prozent erreicht. Die künftigen Entscheidungen werden sicherstellen, dass die Leitzinsen so lange wie nötig ausreichend restriktiv bleiben, so im Ergebnis weiter. In jedem Fall wird der EZB-Rat weiterhin einen datenabhängigen und von Sitzung zu Sitzung durchgeführten Ansatz verfolgen, um das angemessene Ausmaß und die Dauer der Beschränkung zu bestimmen, und legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest, hieß es von Seiten der Zentralbank weiter.

EZB-Rat sieht Wachstumsrisiken weiterhin abwärts gerichtet Der Rat der Europäischen Zentralbank sieht nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde weiterhin ein überwiegendes Risiko, dass sich die Wirtschaftsaktivität im Euroraum schlechter als erwartet entwickelt. "Die Risiken für das Wirtschaftswachstum bleiben abwärts gerichtet", sagte Lagarde in der Pressekonferenz nach der EZB-Ratssitzung. Der volkswirtschaftliche Stab der EZB rechnet laut den im März veröffentlichten Prognosen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2024 um 0,6 Prozent steigen wird, 2025 um 1,5 und 2026 um 1,6 Prozent.

Lagarde zufolge war die Wirtschaft im ersten Quartal schwach, es wird aber für den Jahresverlauf mit einer Erholung gerechnet, die vom Dienstleistungssektor angeführt werden dürfte. Die Enge am Arbeitsmarkt dürfte graduell abnehmen. Die Inflation dürfte in den nächsten Monaten um das aktuelle Niveau herum schwanken und später sinken.

Lagarde: Einige Ratsmitglieder waren für sofortige Zinssenkung

Im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat es bei den aktuellen Beratungen Stimmen für eine sofortige Zinssenkung gegeben. "Im Juni haben wir eine Menge mehr Daten und Informationen (als im April), und wir werden neue Projektionen haben", sagte Lagarde in der Pressekonferenz nach der EZB-Ratssitzung. Der Rat werde dann sehen, ob sich seine Hoffnung bestätige, dass die Inflation nachhaltig auf 2 Prozent sinke. "Einige Ratsmitglieder fanden die bereits vorhandenen Informationen ausreichend", fügte Lagarde hinzu.

Lagarde: EZB ist daten- nicht Fed-abhängig

Die Europäische Zentralbank (EZB) trifft ihre Entscheidungen nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde unabhängig von der US-Notenbank. Deren Entscheidungen beeinflussten allerdings das Umfeld und fänden Eingang in die Projektionen des volkswirtschaftlichen Stabs. "Alles, was passiert, ist wichtig und fließt in die Projektionen ein", sagte Lagarde auf die Frage, ob der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar die geldpolitischen Entscheidungen beeinflusse.

Bezüglich der aktuellen Inflationsentwicklung in den USA sagte die EZB-Präsidentin, es wäre verfehlt, anzunehmen, dass sich Geschehnisse in den USA einfach so in Europa spiegelten. Die EZB veröffentlicht im Juni neue Projektionen zu Wachstum und Inflation, die auf bestimmten technischen Annahmen beruhen, zum Beispiel dem Ölpreisund dem Wechselkurs.

Lagarde: EZB wartet nicht, bis jeder HVPI-Posten bei 2% steht

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ihre Entscheidung über eine Zinssenkung nicht von einem Rückgang der Dienstleistungspreisinflation abhängig machen. "Die EZB wartet nicht bis jeder einzelne Posten bei 2 Prozent steht", sagte Lagarde in ihrer Pressekonferenz nach der EZB-Ratssitzung auf die Frage, ob die Dienstleistungspreisinflation sinken müsse, damit die EZB ihre Zinsen senken könne. "Es ist unausweichlich, dass einige Posten (des Harmonisierten Verbraucherpreisindex - HVPI) und einige Sektoren höher liegen werden", fügte sie hinzu. Die Dienstleistungspreise waren im März mit einer Jahresrate von 4,0 Prozent gestiegen. Die EZB achtet besonders auf diesen Posten, weil seine Entwicklung stark von der Lohndynamik abhängig ist.

Redaktion finanzen.net / dpa-AFX / Dow Jones Newswires

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