Vermögensverwalter-Kolumne

Generation Tiefzins

17.07.14 10:28 Uhr

Generation Tiefzins | finanzen.net

Anleihezinsen über der Inflationsrate? Sparzinsen ohne Null vor dem Komma?

von Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG, Traunstein

Eine halbe Generation Bundesbürger wird wahrscheinlich in einer Phase niedrigster Zinsen aufwachsen. Bis in die Mitte der 2020er Jahre, so erwarten wichtige Notenbanker, wird das Tief in Europa anhalten. Erst dann würden sich die meisten Volkswirtschaften der südlichen Euroländer auf Vorkrisenniveau erholt haben.

Wie gewichtig der Einfluss der Notenbanken ist, zeigte sich jüngst wieder an den Aktienmärkten. Weder der neu aufflammende Bürgerkrieg in der Ost-Ukraine noch die Gewaltspirale in Nahost konnten die Hausse an den Börsen bremsen. Doch kaum waren Gerüchte über die Zahlungsschwierigkeiten einer portugiesischen Bank aufgekommen, sackten die Aktienkurse auf breiter Front.

Die Reaktion der Börse spricht dafür, dass die EZB ihre geldpolitische Offensive fortsetzen wird. Draghi hat im Juni nicht nur den Leitzins gesenkt sondern erstmals einen Strafzins für Bankeinlagen eingeführt. Dazu erklärte der Notenbankchef: "Das nun erreichte Zinsniveau wird für einen ausgedehnten Zeitraum bestehen bleiben....wenn Sie mich fragen, ob wir mit unseren Maßnahmen fertig sind, dann lautet meine Antwort: Nein!".

Umschuldung der Staaten braucht Jahre

Tatsächlich zeigt die Liquiditätsschwemme im Süden Europas noch zu wenig Wirkung. Die Wirtschaft läuft dort nicht richtig an, die Staatsverschuldung bleibt weiter hoch. Die Kreditvergabe durch die Banken ist in vielen Euroländern weiterhin rückläufig, auch wenn an einigen Stellen neue Kredite vergeben werden. Und die Arbeitslosigkeit verharrt auf hohem Niveau. Neben dem Zinsentscheid und weiteren Geldspritzen für Banken plant die EZB im zweiten Halbjahr deshalb, Problempapiere aus den Bankbilanzen zu übernehmen.

Ein wichtiges Ziel hat die Zentralbank immerhin erreicht: Alle Euroländer, selbst das hoch verschuldete Griechenland, können sich mittlerweile wieder am Kapitalmarkt langfristig Geld leihen und damit die in den nächsten Jahren fälligen Altschulden in neue billigere Langfristkredite umwandeln. Doch dieser Prozess braucht Jahre.

Kürzlich hatte ich die Gelegenheit mit dem ehemaligen Chef der Schweizer Nationalbank zu sprechen. Er meinte, dass wir in Euroland erst Mitte der 2020er Jahre wieder in eine normale Zinswelt eintauchen. Diesen Zeitrahmen müssen und werden die Notenbanken den Staaten geben. Die Zeit müssen die Problemländer in Euroland nutzen, um strukturelle Änderungen anzuschieben. Schuldenabbau funktioniert eben nur bei stabiler Wirtschaftslage kombiniert mit Niedrigzinsen.

Volatilität auf Tiefststand

Was die schwächelnde Wirtschaft im Süden in Schwung bringen soll, bereitet Anlegern hierzulande Sorgen. Sie haben das meiste Geld in Anleihen, Bankeinlagen, Bausparverträgen oder Lebensversicherungen gesteckt. Renditen oberhalb der Inflationsrate werden in den kommenden Jahren aber nur noch mit Anlageklassen zu schaffen sein, die grundsätzlich unternehmerischen Risiken ausgesetzt sind. Die Vermögenspreise von Aktien, Hochzinsanleihen, Immobilien und Grund und Boden werden unter Schwankungen weiter steigen.

Auch hier hat die EZB ein selbstgestecktes Ziel erreicht: Die Vermögenspreis-Schwankungen sind zurückgegangen. Die Volatilität an den Märkten liegt auf dem Tiefststand. Dass sich dies ändert, kann niemand wirklich wollen. Denn nehmen die Kursausschläge wieder zu, wirkt sich dies unter Umständen negativ auf die Realwirtschaft aus.

Der Sparer muss die schleichende Enteignung über die Nullzinspolitik nicht hinnehmen; er muss nur akzeptieren, dass reale Renditen nicht mehr risikofrei zu bekommen sind - und entsprechend anlegen.

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