Leitzinsänderung: EZB senkt Zinsen
Am Donnerstagmittag hat die Europäische Zentralbank (EZB) eine Entscheidung zum Leitzins getroffen.
Die Inflationswelle hat sich gelegt, während die Wirtschaft im Euroraum an Schwung verliert. In diesem Kontext hat die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag die Leitzinsen erneut um 25 Basispunkte gesenkt. Der maßgebliche Einlagenzinssatz beträgt nun 2,75 Prozent, nach zuvor 3 Prozent. Seit Mitte 2024 handelt es sich bereits um die fünfte Zinssenkung im Euroraum.
Die EZB senkt nicht nur den Einlagenzins, sondern auch den Zins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können: von 3,15 auf 2,9 Prozent. Niedrigere Leitzinsen stützen tendenziell die Wirtschaft: Kredite werden erschwinglicher, Firmen und Privatleute - etwa Hausbauer - kommen günstiger an Finanzierungen.
Der Einlagenzins, den Banken für bei der EZB angelegte Gelder erhalten, ist auch für Sparer von Bedeutung: Wenn die Banken weniger Zinsen von der EZB erhalten, passen sie oft die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kunden an und senken diese.
Geldpolitischer Kurs der EZB 2025: Von Unsicherheiten geprägt
Ein weiterer Zinsschritt nach unten könnte folgen, da die Notenbank die Teuerungsrate in Übereinstimmung mit ihrem Ziel stabiler Preise für erreichbar hält. Laut der Prognose der EZB wird die Inflation im Euroraum in diesem Jahr voraussichtlich um die mittelfristig angestrebte Marke von 2,0 Prozent schwanken.
Andererseits beabsichtigt die Notenbank, an ihrer bewährten Vorgehensweise festzuhalten und die Geldpolitik weiterhin auf Grundlage aktueller Daten sowie von Sitzung zu Sitzung zu entscheiden. Das bedeutet, dass vorerst keine konkreten Aussagen zur Wahrscheinlichkeit weiterer Zinssenkungen im Laufe des Jahres gemacht werden.
Furcht vor hohen Zöllen - Risiko Trump
Ökonomen hatten mit der erneuten Zinssenkung der EZB gerechnet. Da die große Teuerungswelle im Euroraum vorbei ist, hat die Notenbank mehr Spielraum. Zudem macht ihr die schwache Konjunktur Sorgen. Für dieses Jahr sagt die Notenbank nur 1,1 Prozent Wirtschaftswachstum in der Eurozone voraus und für 2026 ein Plus von 1,4 Prozent.
Ein Risiko für Konjunktur und Inflation ist Trumps Drohung, hohe Zölle auf die Importe aus Europa einzuführen. Die EU könnte mit Gegenmaßnahmen reagieren. Höhere US-Zölle auf Waren aus dem Euroraum könnten Einfluss auf die weitere Preisentwicklung im Währungsraum haben, warnte jüngst EZB-Direktorin Isabel Schnabel. Besonders betroffen von einem Handelskonflikt wäre wohl die Exportnation Deutschland.
Inflation sollte im Jahresverlauf wieder sinken
Bereits im Dezember stiegen die Verbraucherpreise sowohl in Deutschland als auch im Euroraum insgesamt wieder deutlich stärker. Die Inflationsrate im Euroraum erreichte mit 2,4 Prozent den höchsten Wert seit Juli 2024.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde zeigte sich jedoch jüngst beim Weltwirtschaftsforum in Davos zuversichtlich, dass die Teuerung im Jahresverlauf wieder sinken wird. Das von der EZB angepeilte Zwei-Prozent-Ziel sei "weiter in Sicht". Volkswirte rechnen daher mit weiteren Zinssenkungen der EZB auf ein Niveau von 2,0 Prozent beim Einlagenzins im Sommer.
Von ihrem Rekordhoch bei 10,7 Prozent im Herbst 2022 ist die Inflation im Euroraum inzwischen weit entfernt - auch, weil sich die EZB mit dem stärksten Zinsanstieg seit 25 Jahren dagegenstemmte. Im Juli 2022 endete die jahrelange Null- und Negativzinspolitik, zehnmal schraubte die EZB die Zinsen nach oben. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und die Inflation dämpfen kann. Im Juni 2024 senkte die EZB die Leitzinsen erstmals wieder.
Lagarde: Wachstumsrisiken abwärts gerichtet
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) sieht nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde weiterhin ein überwiegendes Risiko, dass die Wirtschaftsentwicklung im Euroraum schlechter als von ihr erwartet verläuft. "Die Wachstumsrisiken bleiben abwärts gerichtet", sagte Lagarde in ihren einleitenden Bemerkungen in der Pressekonferenz nach der jüngsten EZB-Ratssitzung. Zölle könnten die Wirtschaft schwächen.
Im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) gibt es nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde keine Neigung zu beschleunigten Zinssenkungen. "50 Basispunkte wurden überhaupt nicht erwähnt", sagte Lagarde in ihren einleitenden Bemerkungen in der Pressekonferenz nach der jüngsten EZB-Ratssitzung. Auch über ein Ende der Zinssenkungen sei nicht gesprochen worden - "weil das verfrüht wäre", wie die EZB-Präsidentin sagte. Der volkswirtschaftliche Stab wird Lagarde zufolge demnächst ein Papier mit neuen Schätzungen für den so genannten neutralen Zins veröffentlichen. Der Zinssenkungsbeschluss sei einstimmig gefallen.
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Möglichkeit erwähnt, dass die EZB ihren Zinsen unter das neutrale Niveau senken könnte, ab dem das Wachstum stimuliert wird. Lagarde sagte: "Ich kann ihnen heute nicht sagen, ob wir unter das neutrale Niveau gehen sollten." Sie antwortete dabei nicht auf eine entsprechende Frage, sondern auf die Frage, wie sich die EZB bei Annäherung an dieses neutrale Zinsniveau verhalten werde. Dazu sagte sie, dass sich der EZB-Rat auf Research ihres volkswirtschaftlichen Stabs verlassen werde, um herausfinden, wie dicht der Zins an dieses Niveau herangerückt sei. Anschließend erwähnte sie die Möglichkeit eines geldpolitischen Stimulus.
Wie weit geht die EZB noch runter?
Im Euroraum laute die Frage nicht, "ob die EZB die Zinsen in diesem Jahr noch weiter senkt, sondern um wie viel", schreibt Ulrich Kater, Chefvolkswirt bei der Dekabank. "Zwei oder drei Schritte sind noch drin, dann werden sich Zinsen und Inflation wieder vollständig beruhigt haben."
Anders als die EZB hat die US-Notenbank Fed bereits die Handbremse gezogen: Bei ihrer ersten Sitzung nach Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus beließ sie am Mittwoch ihren Leitzins in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht auch im Euroraum Argumente für ein Abwarten: "So hat sich die Inflation ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel deutlich oberhalb des EZB-Ziels von zwei Prozent festgesetzt." Außerdem legten die Löhne nach wie vor kräftig zu.
Redaktion finanzen.net / dpa-AFX / Dow Jones
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