Probleme wegen Niedrigzins

Garantiezertifikate: Vollkasko für die Finanzen

20.11.13 17:00 Uhr

Kapitalschutzpapiere bleiben trotz der positiven Börsenstimmung gefragt. Worauf sicherheitsorientierte Anleger achten sollten.

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von Wolfgang Hagl, Euro am Sonntag

Obwohl die Börsenkurse seit fast fünf Jahren nach oben zeigen, hat sich an der Hackordnung des Zertifikatemarkts kaum etwas geändert. Laut Zahlen des Deutschen Derivateverbands (DDV) lagen im August ­Kapitalschutzprodukte im Wert von mehr als 60 Milliarden Euro in den Depots heimischer Anleger. Das entspricht einem Marktanteil von rund zwei Drittel. Während der Hausse hat sich die Dominanz dieser Kategorie sogar verstärkt. Ende 2008 stand sie für etwas mehr als die Hälfte des Volumens sämtlicher in Deutschland gelisteter Zertifikate.

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„Viele Anleger haben nach wie vor ein sehr starkes Bedürfnis nach bestmöglicher Sicherheit“, erklärt Dominik Auricht, Experte für Anlage- und Hebelprodukte bei HypoVereinsbank onemarkets. Seinen Worten zufolge sind bei den Kunden derzeit vor allem strukturierte Anleihen gefragt. Bis zum 20. November steht ein solches Produkt (ISIN: DE 000 A1H R7C 7) bei den Münchnern in der Zeichnung. Zum Laufzeitende ist das Nominal in Höhe von 1.000 Euro vollständig garantiert.

Zudem offeriert das Zertifikat eine gestaffelte Zinszahlung. Nach einem Jahr schüttet die HVB 1,50 Prozent aus. Zu den beiden weiteren Terminen steigt der Kupon jeweils um 25 Basispunkte auf letztlich 2,0 Prozent p. a. Offenbar lassen die notorisch tiefen Festgeldzinsen viele Anleger zu solchen Vehikeln greifen. Jedoch gilt es zu beachten, dass es sich bei Zertifikaten rechtlich um Inhaberschuldverschreibungen handelt. Daher nehmen ihre Halter ein Emittentenrisiko in Kauf. Hinter den Stufenzinsanleihen der HVB steht die Unicredit Ireland. „Die von dieser Gesellschaft ausgegebenen Schuldverschreibungen werden vom Mutterkonzern vollständig garantiert“, betont Auricht. Er macht aber keinen Hehl daraus, dass der Ausflug auf die Insel in direktem Zusammenhang mit dem Rating steht. Da die Agenturen der HVB bessere Bonitätsnoten als der italienischen Unicredit zusprechen, könnten die Bayern im Kapitalschutzbereich keine vergleichbaren Konditionen bieten.

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Spielverderber EZB
Im aktuellen Umfeld ist es ohnehin alles andere als einfach, lukrative Garantiezertifikate aufzulegen. Verantwortlich hierfür ist die Produktstruktur. Dreh- und Angelpunkt ist eine Nullkuponanleihe. Da deren Zinsen erst am Laufzeitende fällig sind, liegt der Einstandspreis unter 100 Prozent. Den anfänglichen Abschlag auf das Nominal nutzen die Banken, um eine Option zu erwerben. Sie ist erforderlich, um dem Anleger die Partizipation an einem Basiswert respektive regelmäßige Ausschüttungen bieten zu können. Dabei gilt die Faustformel: Je höher das Renditeniveau an den Märkten, desto interessantere Konditionen lassen sich mit einem Kapitalschutzprodukt darstellen.

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass die Europäische Zentralbank mit ihrer ­expansiven Geldpolitik der Zertifikate-­Industrie einen dicken Strich durch die Rechnung macht. Vergangene Woche senkte die EZB den Leitsatz überraschend auf das Rekordtief von 0,25 Prozent.

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Folgen hat dieser Schritt auch für Kapitalschutzprodukte mit Partizipation. Sie stellen laut DDV die zweite und gemessen am Volumen kleinere Gruppe der mit voller Garantie ausgestatteten Zertifikate dar. Gerade hat die Deutsche Bank ein solches Derivat (DE 000 DB9 Z1Q 2) auf den Euro Stoxx 50 lanciert. Dabei ist der Nennbetrag zur Fälligkeit im Mai 2019 vollständig garantiert. Zugleich nehmen Anleger bis zum Cap an steigenden Kursen beim Europa-Index teil. Den Höchstbetrag fixierte die Emittentin auf 22 Prozent.

Mathias Schölzel vom Zertifikateteam der Deutschen Bank erklärt, weshalb diese Funktionsweise ankommt: „Der Einsatz ist nach unten hin abgesichert, und gleichzeitig sind Anleger nach oben dabei.“ Allerdings wirft das Produkt wegen der begrenzten Partizipation in Kombination mit einer relativ langen Laufzeit maximal 3,7 Prozent p. a. ab. Bei einem früheren Verfall würde sich der Höchstbetrag unter ­ansonsten identischen Parametern noch tiefer bewegen.

Wie stark sich hier das aktuelle Renditetief auswirkt, zeigt der Blick auf ein von der Société Générale Anfang 2010 emittiertes Kapitalschutzzertifikat auf den Euro Stoxx 50 (DE 000 SG1 KN5 3). Zu dieser Zeit stand der Leitzins im Euroraum beim Vierfachen des aktuellen Niveaus. Dadurch konnten die Franzosen den Cap bei einer etwas kürzeren Laufzeit auf 50 Prozent setzen. Da der Euro Stoxx 50 momentan nur unweit des Basispreises notiert, bietet das Produkt eine interessante Möglichkeit, auf eine Fortsetzung des Aufwärtstrends zu setzen. Jedoch liegt der Briefkurs des Zertifikats bereits ein Stück über dem Emissionspreis. Insofern besteht ein Verlustrisiko von knapp sieben Prozent. Vollkaskofans müssen also eine Art Selbstbeteiligung akzeptieren.

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