Benjamin Feingold-Kolumne

Glauben Sie, was Sie sehen?

07.03.24 17:50 Uhr

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Die gewöhnlich nutzbare Version von Chat GPT basiert auf mindestens 10 Monate alten Daten. Eine gute KI kann tagesaktuelle Fake-News bisher kaum bewältigen. Aber bringt künstliche Intelligenz gerade deshalb für Anleger ungeahnte Aktienstars hervor?

Die KI-Euphorie scheint derzeit keine Grenzen zu kennen und die Tech-Giganten werden immer größer. Eine vielversprechende Branche dürfte in den kommenden Jahren aber vor allem von den Schattenseiten der Revolution profitieren. Seit mehr als zwölf Monaten ist künstliche Intelligenz das beherrschende Thema an der Börse. Mit den jüngsten Zahlen von Nvidia hat dieser Hype jedoch eine ungesunde Entwicklung genommen. "Dass der Börsenwert von Nvidia allein am Tag nach der Zahlenvorlage um rund 277 Mrd. US-Dollar kletterte, ist bemerkenswert", finden die Experten vom Lynx-Broker. "Nie zuvor hatte ein einzelnes Unternehmen an einem Handelstag so viel an Marktkapitalisierung gewonnen", ordnet Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets ein. Zur Einordnung: Das ist mehr als der europäische Software-Primus SAP an Firmenwert auf die Waage bringt. Nvidia übertraf damit den erst 20 Tage alten Rekord von Meta mit 197 Mrd. USD. Anfang März belief sich der Marktwert von Nvidia dann auf 1,95 Billionen Euro.

Tech baut seine Stellung noch weiter aus

Die Tech-Giganten werden also immer größer und gewinnen weiter an Einfluss. Mittlerweile repräsentieren die größten zehn Prozent rund 75 Prozent des Aktienmarktes. "Eine noch stärkere Kapitalkonzentration gab es zuletzt im Vorfeld der Großen Depression 1931", so RoboMarkets-Experte Molnar. Historisch betrachtet dauerten solche Extremphasen nur kurz an und der Einfluss der Schwergewichte nahm mittelfristig deutlich ab. Es lohnt sich jedoch ohnehin, nicht nur auf die gehypten KI-Profiteure um Super Micro, ARM und Nvidia zu schauen, sondern auch auf Aktien, die noch nicht so sehr im Rampenlicht der Revolution stehen und bald ebenfalls kräftig profitieren könnten.

KI und seine Folgen

Eine Umfrage unter Managern zeigt es nämlich deutlich: Urheberrechtsverletzungen und regulatorische Hürden werden als große Risiken beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz gesehen. Noch mehr fürchten die Unternehmenslenker sogar Hackerangriffe. In den vergangenen drei Jahren betrug der Schaden durch Cyberkriminalität in Deutschland jeweils mehr als 200 Mrd. Euro. Zur Einordnung: Die Einnahmen des Bundes lagen zuletzt bei rund 400 Mrd. Euro. In Zukunft dürfte die Schadenssumme noch deutlich steigen, insbesondere durch die neuen Möglichkeiten auf Basis von KI. Bilder und Videos können dann auch von weniger versierten Hackern einfacher manipuliert werden. Dies dürfte die Schadenquote weiter in die Höhe treiben. Rund 8 von 10 Unternehmen rechnen mit einer Zunahme digitaler Angriffe und wollen daher auch den Anteil des IT-Budgets für Cybersicherheit erhöhen.

Sicherheit Made in Germany

Ein gutes Beispiel dafür ist die Entwicklung bei Secunet. Deutschlands führender Anbieter von digitalen Sicherheitslösungen meldete jüngst das erfolgreichste Quartal der Unternehmensgeschichte. Im Geschäftsjahr 2023 übertraf man zudem die Umsatzprognose und erzielte im zehnten Jahr in Folge eine Umsatzsteigerung. Auch die Aktie von Zscaler birgt Spannung. Bereits mit der Bilanz für das erste Quartal toppte das Unternehmen die Erwartungen. Zscaler ist bekannt für seine Zero-Trust-Lösungen, die auf dem Prinzip beruhen, dass kein Nutzer, Dienst oder Gerät, auch nicht innerhalb eines Unternehmens, standardmäßig als vertrauenswürdig eingestuft wird und sich verifizieren muss.

Chance in der Enttäuschung

Natürlich ist der Markt für Sicherheitslösungen hart umkämpft, nicht alle Unternehmen schlagen immer die Erwartungen. Erst kürzlich senkte Palo Alto seine Jahresprognose und sorgte für lange Gesichter, die Aktie brach um 30 Prozent ein. Um das Risiko zu reduzieren, können Anleger mit einem Cybersecurity Index entwickelt vom Derivatehaus Morgan Stanley (WKN: DA0AB8) auf zehn Unternehmen setzen, die im Bereich Datensicherheit tätig sind. Von Ende Oktober bis Anfang Februar kletterte das Auswahlbarometer um gut 40 Prozent. Nach der kalten Dusche durch Palo Alto ist der Aktienkorb nun wieder deutlich günstiger zu haben. Eine schöne Gelegenheit, vom Megathema Datenschutz zu profitieren.

150 Jahre Börsenerfahrung kombiniert technische Analyse, Trading, Börsenpsychologie und konkrete Investments. Benjamin Feingold ist Mit-Gründer von Feingold Research. Unseren Börsendienst finden Sie unter feingoldresearch.de!

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