EU-Ministertreffen: Keine Einigung zu europäischem Gaspreisdeckel in Sicht
Die Bundesregierung sieht noch viel Arbeit, bevor sich die EU auf einen europäischen Gaspreisdeckel einigen kann.
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"Man kann zusammenfassend sagen, dass alle irgendwie unglücklich sind mit dem Vorschlag der Kommission", sagte Staatssekretär Sven Giegold am Rande eines Treffens der EU-Energieminister am Donnerstag in Brüssel. Es gebe unterschiedliche Auffassungen unter den Mitgliedstaaten. Der tschechische Industrieminister Jozef Sikela, der die Gespräche leitet, erwartet nach eigenen Worten "scharfe Diskussionen".
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, unter bestimmten Umständen den Preis für Gas zu deckeln, das am Handelsplatz TTF verkauft wird. Das würde Großkunden betreffen, die dort handeln.
Mehr als die Hälfte der EU-Staaten befürwortet einen solchen Deckel. Staaten wie Italien, Frankreich, Belgien, Malta, Spanien und Polen finden den Vorschlag allerdings nicht ausreichend. "Für uns ist das ein Witz nach so vielen Wochen an Diskussionen und Vorschlägen", sagte die polnische Umweltministerin Anna Moskwa. Die spanische Ministerin für ökologischen Wandel, Teresa Ribera, sagte, der Vorschlag entspreche nicht dem, was die EU-Staaten gefordert hätten. "Er scheint entwickelt worden zu sein, um zu garantieren, dass er nie angewendet wird."
Deutschland sieht einen festen Deckel grundsätzlich kritisch. "Für uns ist wichtig, dass die Märkte nicht durcheinander kommen, sondern wir stattdessen die Ursachen für die hohen Preise angehen", sagte Giegold. Das liege an der Abhängigkeit von russischem Gas, der Knappheit von Gas und einem hohen Verbrauch. Ähnlich äußerte sich der der niederländische Energieminister Rob Jetten. "Es besteht ein hohes Risiko, dass die Energieversorgungssicherheit und auch die Stabilität des Finanzmarktes beeinträchtigt werden."
Der luxemburgische Minister Claude Turmes mahnte zur Ruhe: "Lasst uns cool bleiben", sagte er. "Wir haben einen Monat, um diese Kuh vom Eis zu kriegen." Damit bezog er sich auf das nächste Energieministertreffen im Dezember.
Die Minister besprechen am Donnerstag auch Maßnahmen, um gemeinsam Gas zu kaufen und Genehmigungen für Solaranlagen und andere erneuerbare Energien zu beschleunigen. Sikela erhofft sich hier eine Einigung - ob das gelingt, war am Morgen unklar. Länder wie Spanien, Italien und Polen pochen darauf, die Gesetze nur gemeinsam mit dem umstrittenen Gaspreisdeckel zu verabschieden.
Habeck weist Kritik an deutscher Haltung beim Gaspreisdeckel zurück
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Kritik an der deutschen Haltung zu einem europäischen Gaspreisdeckel zurückgewiesen. "Wir blockieren nicht", sagte der Grünen-Politiker dem "Handelsblatt" (Donnerstag). Die EU-Staaten hätten sich auf einen flexiblen und cleveren Deckel für Zeiten exzessiver Preise verständigt. "Aber ich bin skeptisch, wenn es um eine feste Preisobergrenze im Markt geht, weil diese entweder zu hoch oder zu niedrig wäre."
Auch die Strategie Spaniens und Portugals, Gaspreise für die Stromerzeugung zu begrenzen, lehnt Habeck für Deutschland ab. Dies könne sinnvoll sein, weil die geografische Lage der Länder anders sei. Allerdings sei der Gasverbrauch in Spanien danach um bis zu 70 Prozent gestiegen. "Für Deutschland würde dies verheerende Auswirkungen auf die Gasversorgung bedeuten. Wir müssen unseren Gasverbrauch reduzieren, um im Winter über die Runden zu kommen", sagte Habeck. Stattdessen sollten EU-Staaten gemeinsam Gas einkaufen, um sich auf dem Markt nicht zu überbieten.
Habeck und die anderen EU-Energieminister treffen sich am Donnerstag in Brüssel, um über Maßnahmen gegen die gestiegenen Energiepreise zu beraten.
Streit um EU-Gaspreisdeckel blockiert weitere Notfallmaßnahmen
Wegen des ungelösten Streits um einen europäischen Gaspreisdeckel haben Staaten wie Spanien und Italien eine EU-Einigung auf andere Notfallmaßnahmen in der Energiekrise blockiert. Die Minister hätten sich prinzipiell geeinigt auf Notfallgesetze für gemeinsame Gaseinkäufe und schnellere Genehmigungen etwa von Solaranlagen, teilte Staatssekretär Sven Giegold nach einem Treffen der für Energie zuständigen EU-Minister am Donnerstag in Brüssel mit. Der formale Beschluss solle aber erst bei einem weiteren Energie-Sonderrat am 13. Dezember getroffen werden. Grund ist Giegold zufolge, dass viele Staaten gleichzeitig den Gaspreisdeckel beschließen wollen.
Seit Monaten streiten die EU-Staaten um Maßnahmen, um den angesichts des Ukraine-Kriegs stark schwankenden Gaspreis zu kontrollieren. Die EU-Kommission hat unter dem Druck einer Vielzahl von Staaten vorgeschlagen, unter bestimmten Umständen den Preis für Gas zu deckeln, das am Handelsplatz TTF verkauft wird. Das würde Großkunden betreffen, die dort handeln - nicht die Endverbraucher, wie etwa bei der Gaspreisbremse der Bundesregierung.
Staaten wie Italien, Frankreich, Belgien, Malta, Spanien und Polen halten den Vorschlag allerdings nicht für ausreichend. Mehrere pochen nun darauf, die Notfallmaßnahmen gemeinsam mit dem Gaspreisdeckel als Paket zu verabschieden.
Bundesregierung: Energierat zeigt klaren Weg für niedrigere Gaspreise auf
Die Bundesregierung rechnet mit positiven Wirkungen der Einigungen beim EU-Energieministerrat auf die Gaspreise und das Ausbautempo von Erneuerbaren. "Der heutige Energierat zeigt einen klaren Weg auf für niedrigere Gaspreise, mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien und mehr europäische Solidarität in der Energiekrise", erklärte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold. "Wir wollen nun gemeinsam Gas einkaufen, um die Gaspreise durch unsere gemeinsame Marktmacht im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger zu reduzieren. Außerdem koordinieren wir uns besser beim Befüllen unserer Speicher und wollen unsere grenzüberschreitenden Leitungen effizienter nutzen."
Auch würden ein neuer, freiwilliger Referenzpreis für LNG geschaffen und übermäßige Preisschwankungen auf dem Gasmarkt durch sogenannte Circuit-Breaker verhindert. Giegold sprach zudem von einem "echten Booster für die Erneuerbaren", der beschlossen werden solle. Die EU erkenne an, dass erneuerbare Energien und die erforderliche Netzinfrastruktur im herausragenden öffentlichen Interesse seien und damit Vorfahrt bei Genehmigung und Planung hätten. "Damit wird der Ausbau in den kommenden Jahren massiv beschleunigt", erklärte er.
EU-rechtlich werde nun abgesichert, dass die naturschutzrechtliche Prüfung vereinfacht werden kann, wenn klar sei, dass die Population einer Art nicht gefährdet sei. "Damit erreichen wir vollständige Rechtssicherheit für einfachere und schnellere Genehmigungen beim Windkraft-Ausbau", betonte Giegold. Zu Vorschlägen der EU-Kommission für einen Marktkorrekturmechanismus führe man weitere Diskussionen. "Wir sind uns hier einig, dass die Versorgungssicherheit in Europa gewährleistet bleiben muss", erklärte Giegold.
Die Energieminister der EU-Länder hatten sich zur Bekämpfung der hohen Strom- und Gaspreise laut dem tschechischen Industrieminister Jozef Sikela informell auf teilweise gemeinsame Gaskäufe und schnellere Genehmigungsverfahren für Solaranlagen geeinigt. Mit gemeinsamen Gaskäufen will die EU beim Kauf des fossilen Brennstoffs mehr Marktmacht haben, um bessere Preise zu erzielen. Um darüber hinaus schneller unabhängig von fossilen Energien zu werden, einigten sich die Minister auf kürzere Genehmigungsverfahren beim Ausbau von Solaranlagen und Wärmepumpen.
Zudem gab es demnach eine grundsätzliche Einigung darauf, dass sich die EU-Länder gegenseitig mit Gaslieferungen aushelfen, wenn in einem Land das Gas knapp wird. Ein Streitpunkt des Treffens war ein Preisdeckel auf Gas. Die EU-Kommission hatte einen sogenannten Marktkorrekturmechanismus vorgeschlagen, mit dem Gaspreise an der Großhandelsbörse TTF unter hohen Auflagen gedeckelt werden sollen.
BRÜSSEL / DÜSSELDORF (dpa-AFX) / Berlin / Brüssel (Reuters) / BERLIN (Dow Jones)
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