Rezessionssorgen: Folgt auf einen Abschwung der Wirtschaft eine Umkehr der Ölpreise?
Die Ölpreise konnten seit ihrem Corona-Einbruch im Jahr 2020 wieder kräftig an Wert gewinnen und ihr Vor-Corona-Niveau weit übertreffen. Der russische Angriff auf die Ukraine hat diese Entwicklung weiter angeheizt und die Ölpreise im März auf mehrjährige Höchststände getrieben. Sollte es nun wie am Markt befürchtet zu einer Rezession kommen, folgt dann auch eine Wende bei den Ölpreisen?
Werte in diesem Artikel
• Ölpreise erholen sich nach Corona-Tief kräftig - Ukraine-Krieg treibt Preise weiter hoch
• Inflationsdruck nimmt zu, worauf Notenbanken mit Zinsanhebungen reagieren
• Mögliche bevorstehende Rezession könnte auch den Ölpreisen zusetzen
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Die hohe Inflation, die von den Währungshütern anfangs noch als vorübergehend abgetan wurde, hat nicht nachgelassen - im Gegenteil. Einer der Treiber sind die hohen Ölpreise. Der jüngste Anstieg dieser wurde unter anderem durch die Politik und eine Angebotsverknappung ausgelöst. Die US-Politik der vergangenen Jahre mit Fokus auf "grüne Energie" habe laut "Advisor Perspectives" die Genehmigung von Bohrungen und Raffinerien eingeschränkt, die Kapitalbildung für Bohrprojekte reduziert und Anreize für die Ölexploration beseitigt. Dazu kam die Corona-Pandemie, die zum Herunterfahren der Wirtschaft und einer Angebotsverknappung führte, während die Liquiditätsflut einen Nachfrageschub auslöste. Dieser "Pull-Forward" des Konsums habe zu steigendem Inflationsdruck und steigenden Ölpreisen geführt. Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine am 24. Februar und die in Folge verhängten scharfen Sanktionen vieler überwiegend westlicher Länder haben diese Entwicklung noch zusätzlich angefacht.
Die hohen Ölpreise lassen wiederum die Geschäftskosten steigen, die auf Unternehmen und Kunden umgelegt werden. Die Ölpreise haben damit Auswirkungen auf praktisch alle Aspekte unseres Lebens und machen sich so im Alltag zum Beispiel beim Tanken oder Lebensmittel-Einkauf bemerkbar. Im Juni erst nahm der Inflationsdruck im Euroraum erneut deutlicher als erwartet zu. Die Verbraucherpreise stiegen gegenüber dem Vormonat um 0,8 Prozent und lagen um 8,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Teuerungsbeiträge kamen laut Eurostat von allen Indexkomponenten mit Ausnahme der Dienstleistungen, auffallend stark sind aber die Energiepreise mit einer Jahresrate von 41,9 Prozent gestiegen.
Bekämpfung der Inflation durch Zinsanhebungen
Und so versuchen die Zentralbanken inzwischen die hohe Inflation entschlossen zu bekämpfen. So hat die US-Notenbank Fed den Leitzins in diesem Jahr schon drei Mal - zuletzt in einem großen Zinsschritt um 0,75 Prozentpunkte - angehoben und die Europäische Zentralbank (EZB) plant die erste Zinsanhebung seit 2011 für Juli. Die Zinsen in der Eurozone sollen zunächst um einen Viertelprozentpunkt steigen. Sollte der Inflationsdruck anschließend nicht abnehmen, könnte eine weitere, stärkere Erhöhung im September folgen. Unter gewissen Umständen könnten mögliche Leitzins-Anhebungen laut EZB-Präsidentin Lagarde aber auch höher ausfallen oder schneller aufeinander folgen. Auch die US-Währungshüter signalisierten, dass in diesem Jahr noch weitere Zinsschritte folgen werden, sodass sie für das Jahresende im Schnitt ein Zinsniveau von 3,4 Prozent anpeilen.Rezessionssorgen drücken auf die Stimmung
Die hohe Inflation und das damit verbundene entschlossene Vorgehen der Zentralbanken nährt bei Anlegern jedoch die Sorge, dass die Währungshüter womöglich die konjunkturelle Entwicklung gefährden. Vor Kurzem wurde bekannt, dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal annualisiert um 1,6 Prozent und damit etwas stärker als zuvor erwartet geschrumpft ist, die Zahlen zum privaten Konsum wurden deutlich nach unten revidiert. Auch von der deutschen Industrie und der Industrie der Eurozone kamen wenig erfreuliche Nachrichten: Sie verloren im Juni spürbar an Schwung. Der für die deutsche Industrie von S&P Global erhobene Einkaufsmanagerindex sank von 54,8 Punkten auf 52,0 Punkte, während der PMI in der Eurozone von 54,6 Punkten auf 52,1 Punkte fiel.Auch zuversichtliche Aussagen des US-Notenbank-Chefs auf einem EZB-Forum konnten die Stimmung nicht wirklich heben: Jerome Powell sagte zwar, dass die US-Wirtschaft in einer starken Verfassung sei und die Inflation bekämpft werden könne, während die Situation am Arbeitsmarkt solide bleibe, doch an den Märkten dominieren weiter Rezessionssorgen. Starinvestorin Cathie Wood geht sogar so weit zu sagen, dass eine Rezession für die USA nicht mehr nur ein mögliches Zukunftsszenario, sondern bereits Realität sei.
Folgt eine Trendumkehr für die Ölpreise?
Von diesen Entwicklungen am Markt bleiben auch die Ölpreise nicht verschont, denn sollte die Umkehrung der Liquidität aufgrund des hohen Preisniveaus zu einer Abschwächung der Wirtschaft führen, könnte die Ölnachfrage darunter leiden - und damit dann letztendlich auch die Ölpreise. "Advisor Perspectives" verweist darauf, dass Ölpreisspitzen eine hohe Korrelation mit wirtschaftlichen Rezessionen, Finanzereignissen und Ölpreisumkehrungen haben.
Wie Edward Yardeni, President und Chief Investment Strategist bei Yardeni Research, gegenüber "Barron's" sagte, deuten die Rohstoffpreise bereits jetzt "definitiv allgemein auf eine schwächere Nachfrage nach Rohstoffen hin, was nur daran liegen könnte, dass sich das globale Wirtschaftswachstum verlangsamt". Und so sieht er Anzeichen für einen Höhepunkt der Ölpreise: In einer Notiz wies er kürzlich darauf hin, dass die US-Erdölproduktion gestiegen sei und dass die hohen Preise ins Stocken gerieten. Helima Croft, Leiterin der globalen Rohstoffstrategie bei RBC Capital Markets, stimmte Yardeni zu und erklärte, dass die Angst vor einer globalen Rezession in den Vordergrund gerückt sei und die Inflationssorgen in den Schatten gestellt habe. Laut Croft zeige die Schwäche der Rohstoffpreise "echte Besorgnis über eine harte Landung und was dies für die Nachfrage bedeuten würde". Sie weist jedoch auch darauf hin, dass die Energieversorgung angespannt bleibt: "Wir haben immer noch sehr, sehr dünne Reservekapazitäten."
Auch wenn die Ölpreise jüngst etwas nachgegeben haben, nachdem sie im Juni noch zeitweise die Marke von 120 US-Dollar überstiegen haben, bewegen sie sich nach wie vor auf einem hohen Niveau. Ob nun tatsächlich die große Wende kommt - oder bereits begonnen hat, bleibt bei den laut Yardeni ziemlich volatilen Rohstoffpreisen also schwer vorherzusagen. Ryan Grabinski, Anlagestratege beim Forschungsunternehmen Strategas, erwartet rotz der aktuell dominierenden Rezessionssorgen "nicht, dass wir in absehbarer Zeit wieder zum 60-Dollar-Öl zurückkehren". Er glaubt, dass sich die Preise, wenn sie "von hier aus nicht steigen […] zumindest auf diesen höheren Niveaus stabilisieren" werden.
Redaktion finanzen.net
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