Jim Rogers: Ich bin nicht smart genug, den fairen Goldpreis einzuschätzen
Die Investorenlegende Jim Rogers hält an Gold fest, schließt eine starke Korrektur aber nicht aus. Seine Gründe erläutert er im Interview mit Euro am Sonntag.
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von Peter Gewalt, Euro am Sonntag
Jim Rogers stellt derzeit sein neues Buch „Die Wall Street ist auch nur eine Straße“ (FinanzBuch Verlag) vor. Der US-Amerikaner hat an diesem Tag zwar schon etliche Termine hinter sich, bei seinem Lieblingsthema Rohstoffe zeigt sich der 70-Jährige aber gewohnt aufgekratzt.
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€uro am Sonntag: Herr Rogers, seit Monaten dümpelt der Goldpreis bei 1.600 US-Dollar die Unze. Ist es Zeit einzusteigen?
Jim Rogers: Ich will es mal so ausdrücken. Ich besitze Gold und verkaufe es derzeit nicht. Ich kaufe aber auch kein neues hinzu. Ich warte einfach nur ab.
Warten Sie ab, dass es auf- oder abwärtsgeht?
Sehen Sie, der Goldpreis ist zwölf Jahre lang ununterbrochen gestiegen, das ist absolut ungewöhnlich. Und in diesen zwölf Jahren gab es nur ein einziges Mal eine Korrektur um 30 Prozent. Auch das ist eine Seltenheit. Es gibt andere Anlageklassen, die fallen regelmäßig um 30 bis 40 Prozent. Daher würde es mich nicht wundern, wenn es bei Gold noch eine stärkere Abwärtsbewegung geben wird.
Was könnte ein Auslöser sein?
Das weiß ich auch nicht so genau. Es kann rein zufällig passieren, oder weil es einen staatlichen Eingriff gibt. So scheint es, dass die indische Regierung Goldimporte beschränken oder sogar stoppen will. Indien kämpft mit einem sehr hohen Handelsbilanzdefizit, und Gold ist das zweitgrößte Importgut.
Wäre ein größerer Rückschlag das Ende der Goldrally?
Ganz im Gegenteil. Es wäre eine gesunde Entwicklung, denn danach könnte Gold wieder zu seinem langjährigen Aufwärtstrend zurückkehren. Mich würde ein Rückschlag nicht stören, denn ich habe Gold über Jahre zu niedrigeren Preisen als heute eingekauft.
Hängt die aktuelle Goldschwäche damit zusammen, dass die Aktienmärkte haussieren?
Das glaube ich nicht, denn Gold hat sich in den vergangenen zwölf Jahren auch dann gut entwickelt, wenn es eine Aktienrally gab. Gold ist ein eigener Markt, der insbesondere profitiert, wenn die Zentralbanken die Notenpresse anwerfen und Inflation droht. Dass dies derzeit nicht für mehr Rückenwind bei Gold sorgt, ist für mich ein weiteres Indiz, dass der Preis unter Druck geraten könnte.
Bei welchem Preis würden Sie denn ihre Wartehaltung aufgeben und wieder Gold zukaufen?
Bei 1.300 US-Dollar je Unze wäre
ich interessiert, bei 1.200 Dollar wäre ich noch viel interessierter. Aber auch bei 1400 Dollar
würde ich schon etwas ordern.
Was müsste passieren, damit der Goldpreis nach oben ausbricht?
Ein Grund wäre, dass die USA den Iran wegen seines Atomprogramms bombardiert. In diesem Fall würde ich wieder sehr viel Gold kaufen. Denn dann könnten wir auch
2.000 US-Dollar je Unze erleben.
Sehen Sie einen fairen Preis für Gold? Manche setzen ja zum Beispiel die Förderkosten als Minimum an.
Ich bin nicht smart genug, den fairen Preis für Gold einzuschätzen. Am Ende ist der Preis richtig, den Anleger bereit sind zu zahlen.
Sind andere Edelmetalle attraktiv?
Platin und Palladium sind interessant. Dort gibt es Angebotsprobleme, und sie hängen stärker an der Konjunktur. Wenn die Weltwirtschaft zulegt, steigt die Nachfrage nach Platin und Palladium. Vor Kurzem habe ich daher ein wenig Platin gekauft. Auch Silber sieht nach dem Preisrutsch gut aus.
Welche Rohstoffe zählen denn sonst zu Ihren Favoriten?
Ganz klar Agrarrohstoffe und Agraraktien, denn die Welt hat viel zu wenig Farmer. Der Landwirt in Australien und den USA ist durchschnittlich 58, in Japan sogar 66 Jahre alt. Ähnliches gilt für Europa. Kein junger Mensch will Landwirt sein, aber irgendjemand muss ja aufs Feld. Erst wenn die Preise stark steigen, wird sich das ändern.
In den vergangenen Jahren sind die Agrarpreise aber gestiegen.
Das reicht aber nicht. In den vergangen zehn Jahren wurde weltweit mehr verbraucht als geerntet, die Lager sind fast leer. Und noch immer gehen junge Leute lieber in die Stadt statt aufs Land, noch immer studieren sie lieber Kommunikationswissenschaften statt Landwirtschaft. Dieser Trend wird sich erst wenden, wenn reiche Farmer mit ihrem Lamborghini vorfahren.
Es gibt die These, dass der Rohstoffsuperzyklus nun zu Ende ist.
Ich wundere mich über die Leute, die das diskutieren. Wo ist denn das zusätzliche Angebot, ich habe es noch nicht gesehen. Im Gegenteil: Die großen Bergbauunternehmen stornieren derzeit große Projekte, dabei wächst der Bedarf. Und sollte sich die wirtschaftliche Situation bessern, dann werden sich die Knappheiten noch verschärfen.
Und wenn nicht?
Wenn es schlechter läuft, drucken die Notenbanken wie gewohnt einfach mehr Geld. Und die Geschichte hat gezeigt, dass reale Werte wie Rohstoffe der beste Schutz gegen Inflation sind.
Die Weltwirtschaft erholt sich. Liegt das Schlimmste hinter uns?
Nein, denn wir befinden uns in einer sehr künstlichen Situation. Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass alle Notenbanken auf einmal Geld drucken. Dabei werden die meisten Probleme durch zu viele Schulden verursacht. Aber die Politiker wollen dies mit noch viel mehr Schulden lösen, die den Grundstein für die nächsten Krisen legen. Immer mehr Schulden und immer mehr Geld drucken — darin sehe ich keinen Sinn.
zur Person:
Jim Rogers: Der Selfmademan, Investmentguru und Multimilliardär sieht große Chancen bei Agrarrohstoffen und -aktien