Israels Reaktion entscheidet

Nach Iran-Angriff: Das könnte den Ölpreis jetzt über die 100-Dollar-Marke treiben

17.04.24 23:48 Uhr

Experten bewerten Ölpreis nach Iran-Angriff auf Israel: In diesen Fällen könnte Öl über die 100-Dollar-Marke steigen | finanzen.net

Die Ölpreise haben seit Jahresbeginn zugelegt und könnten nach dem Angriff des Irans auf Israel vom Wochenende nun an einem entscheidenden Punkt für ihre weitere Entwicklung stehen. Experten halten dabei verschiedene Szenarien für denkbar - wobei die noch ausstehende Reaktion durch Israel der ausschlaggebende Faktor sein dürfte.

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• Ölpreise trotz Angriff des Irans auf Israel mit Kursrückgängen
• Risikoprämie laut Experten bereits eingepreist
• Weitere Eskalation könnte Ölpreise jedoch über 100-Dollar-Marke treiben

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Die Preise für Öl der Sorten WTI und Brent sind seit Jahresstart deutlich gestiegen. Am Freitag erreichten die Ölpreise angesichts der Spannungen im Nahen Osten dann ein Hoch seit Oktober 2023 und Brent wurde zeitweise bei über 92 US-Dollar gehandelt, da der Markt den Angriff des Irans auf Israel antizipierte, der am Wochenende dann auch tatsächlich erfolgte. So griff der Iran Israel in der Nacht zum Sonntag mit Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern an, die jedoch zum größten Teil abgefangen wurden. Der Luftschlag stellte eine Vergeltungsmaßnahme des Irans auf einen israelischen Angriff auf das iranische Konsulat in Syrien dar. Die Angelegenheit könne jedoch als abgeschlossen betrachtet werden, schrieb die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen auf der Plattform X, warnte aber zugleich: "Sollte das israelische Regime jedoch einen weiteren Fehler begehen, wird die Reaktion Irans deutlich härter ausfallen".

Die Ölpreise reagierten am Montag auf die Ereignisse des Wochenendes zunächst mit Kursrückgängen und auch am Dienstag gestaltete sich die Lage am Ölmarkt eher ruhig. Kai Eckert, Leiter des Energieinformationsdienstes (EID) erklärte dies gegenüber der "Rheinischen Post" damit, dass Israel bislang nicht auf den Drohnenangriff reagiert hat. "Nachdem ein konkreter Gegenschlag Israels auf den iranischen Drohnenangriff ausgeblieben ist, zeigen sich die Ölmärkte am Montag zunächst etwas entspannt. Abseits der geopolitischen Ereignisse wirken derzeit eher dämpfende Impulse auf die Ölpreise", so der Experte, der dabei auf die hohen Leitzinsen und die schwache globale Konjunktur verwies.

Doch eine Reaktion Israels ist keineswegs vom Tisch, auch wenn die USA die Regierung von Israel laut "dpa-AFX" dazu angehalten hat, einen möglichen Schlag gegen den Iran und dessen Folgen sorgfältig abzuwägen und auf die Risiken einer Eskalation zu achten. Allerdings erklärte der israelische Generalstabschef Herzi Halevi laut der Nachrichtenagentur, dass man den iranischen Großangriff nicht unbeantwortet lassen wolle und noch nicht über die Reaktion entschieden habe. Bereits am Montag hieß es, dass im israelischen Kriegskabinett mehrere Reaktions-Szenarien besprochen wurden. Von diesen dürfte dann auch abhängen, wie es für die Ölpreise weitergeht.

Experten: Eskalation könnte Ölpreise in dreistelligen Bereich treiben

Wie Darwei Kung, Leiter Rohstoffe und Portfoliomanager bei der DWS Group, gegenüber "MarketWatch" sagte, hätten die Ölpreise schon seit einiger Zeit eine Risikoprämie aufgrund der steigenden Kriegsgefahr zwischen dem Iran und Israel eingepreist. Zu Wochenbeginn sei ein Teil dieser Risikoprämie dann aber aufgrund der bislang ausbleibenden kriegerischen Reaktion Israels wieder ausgepreist worden. Der moderate Rückgang der Ölpreise "deutet für uns darauf hin, dass der Markt eine abwartende Haltung gegenüber dem aktuellen israelisch-iranischen Konflikt einnimmt", so Kung. "Sollte der Konflikt eingedämmt werden, ist kurzfristig kaum mit einer erheblichen Unterbrechung der Ölversorgung zu rechnen, und der aktuelle Preis spiegelt diese Ansicht wider", so der Experte weiter. Dass es so kommt, ist aber alles andere als sicher. Daher warnte Kung auch: "Sollte der Konflikt eskalieren, ist alles verloren". In diesem Fall könnten die Ölpreise auf 100 US-Dollar pro Barrel oder mehr steigen, "abhängig von der Schwere der Eskalation und dem Grad der Störung" der Ölversorgung im Nahen Osten, so der Experte gegenüber "MarketWatch".

Ähnlich äußerte sich auch Michael Lynch, Präsident von Strategic Energy & Economic Research (SEER), gegenüber der Nachrichtenseite. Aktuell habe der Markt das Gefühl, dass sich die Situation wieder beruhigen könne, allerdings scheine Israel "auf Vergeltungsmaßnahmen bedacht zu sein, und wenn sich diese als schwerwiegend erweisen", werde der Markt wieder umschwenken und eine Eskalation annehmen. "Das würde uns auf 100 US-Dollar bringen, insbesondere wenn einige Ölanlagen beschädigt werden", so Lynch gegenüber "MarketWatch".

Auch EID-Chef Eckert hält dieses Preisniveau bei Öl grundsätzlich für denkbar. "Ein Preisniveau von 100 US-Dollar würde derzeit einem Anstieg der Preise von etwa elf Prozent entsprechen. Im Falle einer großen geopolitischen Krise und dem Wegfall von Ölmengen im Markt könnte dies tatsächlich schnell erreicht werden", sagte er der "Rheinischen Post". Nötig wäre dafür nach seiner Einschätzung eine Reaktion vonseiten Israels auf den Angriff beziehungsweise weitreichende Sanktionsmaßnahmen wie ein Ölembargo gegen den Iran. "Denkbar wäre auch eine Blockade der Straße von Hormus durch den Iran. Dann würden auch Ölexporte anderer Golfstaaten reduziert und es käme zu einer echten Verknappung der Ölmengen. Dann könnten die Ölpreise kurzfristig auch über die Marke von 100 US-Dollar ansteigen", so der EID-Experte.

Weitere Verschärfung des Israel-Iran-Konflikts hätte Auswirkungen auf die Weltwirtschaft

Eine Eskalation der angespannten Situation zwischen Israel und dem Iran gilt laut "dpa-AFX" deshalb als großes Risiko am Ölmarkt, da der Iran ein größerer Erdöl-Anbieter und Mitglied des Förderverbunds OPEC+ ist, und das Land zudem an einer Meeresenge liegt, die für den Rohöltransport per Schiff äußerst wichtig ist. Störungen würden die Öllieferungen der Golfstaaten laut der Nachrichtenagentur voraussichtlich stark beeinträchtigen - und das zu einer Zeit, zu der große Förderländer wie Saudi-Arabien und Russland ihre Produktion knapp halten, während die Konjunktur - und damit die Rohöl-Nachfrage - in China und Europa allmählich wieder etwas anziehe. Sollte die Situation nun eskalieren, hätte dies daher auch starke Auswirkungen auf die globale Wirtschaft.

Bei der DWS würde man in diesem Fall "mit einer Herabstufung der globalen Wachstumserwartung durch die Marktteilnehmer rechnen", sagte Rohstoff-Experte Kung gegenüber "MarketWatch". Auch laut DataTrek-Gründer Nicholas Colas würde ein kräftiger Ölpreisanstieg fast sicher eine Rezession auslösen, schreibt die Nachrichtenseite - allerdings müssten die Preise für das schwarze Gold dafür auf 125 US-Dollar steigen und länger auf diesem Niveau verharren.

Expertin gelassen: Ölmarkt "an Volatilität gewöhnt"

Eine gemäßigtere Ansicht vertritt hingegen Regina Mayor, die als globale Leiterin für Kunden und Märkte bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG tätig ist. Sie sagte gegenüber "MarketWatch", dass die Ölmärkte an Volatilität gewöhnt seien und einiges an Risiko einfach abschütteln könnten. Sie äußerte zwar, dass ein größerer Konflikt im Nahen Osten die Ölpreise "zumindest vorübergehend in den dreistelligen Bereich treiben" könne, bleibe aber grundsätzlich bearish eingestellt, da das Bild von Angebot und Nachfrage für Öl "gesund" sei.

Wie lange das noch so bleiben wird und ob die Ölpreise nur eine kurze Verschnaufpause auf ihrem Weg zur 100-Dollar-Marke eingelegt haben oder die Risikoprämie in Kürze vollständig ausgepreist wird, wird sich wohl in den nächsten Tagen zeigen, sobald bekannt wird, für welche Reaktion sich Israel letztendlich entschieden hat.

Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: Anton Watman / Shutterstock.com, Maxx-Studio / Shutterstock.com

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