Rohstoffexperte Weinberg: Silber-Korrektur noch nicht vorbei
Finanzen.net sprach mit Eugen Weinberg von der Commerzbank über die Perspektiven der beiden Edelmetalle Gold und Silber.
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Finanzen.net: Investments in Gold und Silber werden derzeit heiß diskutiert. Wie stufen Sie deren Perspektiven nach ihren jüngsten Rekordhochs ein?
Eugen Weinberg: Bei Silber sieht es so aus, dass mit Preisen um 50 Dollar pro Feinunze nach oben übertrieben worden ist. Obwohl das Edelmetall vor allem in der Industrie verwendet wird, haben zuletzt vor allem Spekulanten und Finanzinvestoren den Aufwärtstrend gemacht. In der Industrie dürfte der hohe Silberpreis zu einer verstärkten Substitution, also zum Ersatz durch andere Metalle führen. In den kommenden Wochen – möglicherweise sogar Monaten – könnte sich die technische Korrektur fortsetzen.
An den Rohstoffmärkten gibt es häufig Übertreibungen in die eine oder andere Richtung. Nachdem im April eher nach oben übertrieben worden ist, kann ich mir gut vorstellen, dass die Marktakteure künftig nach unten übertreiben.
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An den Terminmärkten war laut jüngstem COT-Report der CFTC der Optimismus der Spekulanten bei beiden Edelmetallen auf dem Rückzug. Rechnen Sie hier mit weiter sinkenden Netto-Long-Positionen?
Es ist zu befürchten, dass in Zukunft die spekulativen Marktakteure bei Silber-Futures weiter eher verkaufen als kaufen werden. Was mir aber noch mehr Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass sich auch ETF-Investoren verstärkt aus Silber verabschieden. Sie gelten normalerweise als starke Hände, die überwiegend langfristig agieren und sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lassen. In der aktuellen Marktlage sieht Gold daher um einiges attraktiver als Silber aus.
Eignet sich für Privatanleger Silber angesichts der geringen Liquidität und der extrem hohen Volatilität überhaupt noch als Inflationsschutz?
Die Liquidität sehe ich nicht so sehr als Problem, aber die Volatilität bewegt sich schon auf sehr hohem Niveau. Auf kurze Sicht drängt sich Silber weniger als Inflationsschutz auf, schließlich befindet sich das Edelmetall derzeit sogar in einer Backwardationphase – für eine Fluchtwährung ein äußerst ungewöhnlicher Umstand. Die Marktstimmung ist eindeutig angeschlagen. Rückschläge in den Bereich von 30 Dollar können meiner Meinung nach nicht ausgeschlossen werden. Während Gold als Fluchtwährung an Ansehen gewonnen hat, kann man Silber diese Eigenschaft derzeit nicht bescheinigen.
Das gelbe Edelmetall macht derzeit keinerlei Anstalten, nach unten zu drehen. Beim Eintreten welchen Szenarios halten Sie einen Trendwechsel nach unten für möglich?
Sollte es der US-Notenbank Fed gelingen, die Inflationsängste aus den Köpfen der Investoren nachhaltig zu vertreiben, dürfte sich der Goldpreis markant reduzieren. Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Das aktuelle Misstrauen gegenüber Papiergeld sitzt tief und der Dollar wird seiner Rolle als Leitwährung derzeit nicht gerecht. Ohne deutlich höhere Realzinsen erscheint mir ein Trendwechsel nach unten beim Goldpreis relativ unwahrscheinlich zu sein.
Um die beiden Edelmetalle Platin und Palladiumist es in den vergangenen Wochen relativ ruhig geworden. Wie stufen Sie deren Perspektiven ein?
Platin und Palladium litten unter den Produktionsproblemen der japanischen Autoindustrie. Sie gilt als extrem starke Nachfragemacht. Da in Südafrika das Fördern beider Edelmetalle derzeit aber massive Probleme bereitet, bin ich für beide Edelmetalle tendenziell optimistisch gestimmt. Bei Platin halte ich Preise von ungefähr 2.000 Dollar für möglich, während sich bei Palladium ein Potenzial von 800 bis 850 Dollar eröffnet.
Zur Person:
Eugen Weinberg ist seit März 2007 Leiter des Rohstoff-Research-Teams der Commerzbank. Der Diplom-Wirtschaftsmathematiker ist in Russland geboren und hat dort die Moskauer Staatsuniversität abgeschlossen. Nach seinem MBA-Studium war er als Fondsmanager und Rohstoffanalyst bei der BW-Bank in Stuttgart beschäftigt. Im Anschluss daran hat er bei der DZ Bank in Frankfurt gearbeitet und dort das Rohstoff-Research aufgebaut. Bei der Commerzbank ist er mit seinem Team maßgeblich für die Erstellung der Prognosen und der Strategien im Rohstoffsektor verantwortlich.