Pipeline zwischen Finnland und Estland: Institut verzeichnet mögliche Explosion vor Pipeline-Beschädigung
Seismologen haben zum Zeitpunkt der Beschädigung der Ostsee-Pipeline Balticconnector Anzeichen für eine mögliche Explosion in der Nähe der Leitung verzeichnet.
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Nach der wahrscheinlich durch äußere Einwirkung verursachten Beschädigung der Ostsee-Pipeline Balticconnector haben Seismologen Anzeichen für eine mögliche Explosion verzeichnet. Analysierte Daten deuteten klar auf einen Vorfall hin, der sich in der Nacht zum Sonntag gegen 1.20 Uhr finnischer Ortszeit ereignet habe, erklärte die norwegische seismologische Forschungseinrichtung Norsar am Mittwoch.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Diese Uhrzeit stimme mit dem etwaigen Zeitpunkt überein, an dem ein Druckabfall in der Gasleitung gemeldet worden sei, schrieb das Institut. Es merkte jedoch an: "Wir können nicht feststellen, ob der Vorfall durch einen plötzlichen Austritt von Gas unter Hochdruck, durch einen Bruch der Pipeline oder durch die Detonation eines Sprengstoffs verursacht wurde."
Es sei eine Stärke von schätzungsweise 1,0 verzeichnet worden, was deutlich geringer sei als bei den Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines im September 2022. Man sei immer noch dabei, abzuschätzen, was dies im Hinblick auf die Sprengkraft bedeute, gehe aber davon aus, dass sie weniger als 100 Kilogramm TNT entspreche.
Die Gas-Pipeline Balticconnector verläuft zwischen Inkoo in Finnland und Paldiski in Estland durch den Finnischen Meerbusen im östlichen Teil der Ostsee. Nach Norsar-Angaben wurde die mögliche Explosion ungefähr 40 Kilometer nördlich von Paldiski lokalisiert. Ganz in der Nähe kreuzt Balticconnector demnach Nord Stream 1.
Die Betreibergesellschaften Gasgrid (Finnland) und Elering (Estland) hatten am frühen Sonntagmorgen einen plötzlichen Druckabfall in der Leitung bemerkt. Der Gastransport wurde daraufhin unterbrochen, seitdem ist die Leitung außer Betrieb. Das Gasleck wurde mit der Isolierung des Teilabschnitts und dem Schließen der Ventile gestoppt. Die Reparatur dürfte Monate dauern. Finnische und estnische Behörden leiteten eng miteinander abgestimmte Untersuchungen ein.
Finnlands Präsident Sauli Niinistö und Ministerpräsident Petteri Orpo hatten am Dienstag mitgeteilt, dass es wahrscheinlich sei, dass die Pipeline durch "äußere Aktivität" beschädigt worden sei. Die Schäden könnten nach einer vorläufigen Beurteilung weder durch die normale Nutzung der Pipeline noch durch Druckschwankungen entstanden sein, sagte Orpo. Auch ein Kommunikationskabel zwischen den beiden EU- und Nato-Ländern ist nach Regierungsangaben betroffen.
Wer oder was die Infrastruktur in den Tiefen der Ostsee beschädigte, ist unklar. "Mittlerweile wissen wir, dass die Ursache nicht in der Natur, sondern vermutlich in menschlichem Handeln begründet liegt", schrieb der estnische Präsident Alar Karis auf Facebook. "Wer, warum und wie? Fahrlässigkeit oder Vorsatz? Diese Fragen müssen noch beantwortet werden." Die Verantwortlichen müssten identifiziert und ans Licht gebracht werden, unabhängig von ihren Motiven, betonte er.
Die Regierungen in Helsinki und Tallinn vermieden es, konkret von Sabotage zu sprechen oder Verdächtigungen in Richtung Russland von sich zu geben. Die finnische Zeitung "Helsingin Sanomat" berichtete jedoch unter Verweis auf Schiffsdaten davon, dass sich ein russisches Frachtschiff das ganze Wochenende über in der Nähe des Ortes befunden habe, an dem die Schäden entstanden seien. Auch Beschädigungen durch einen Anker wurden in Medienberichten als Theorie genannt.
Russland bezeichnete die Berichte über die Beschädigung als "alarmierend". "Ich habe keine technischen Informationen (...), aber das ist natürlich eine ziemlich alarmierende Neuigkeit, denn wir wissen, dass es bei der Ausführung von Terroranschlägen gegen kritische Infrastruktur bereits Präzedenzfälle im Baltikum gegeben hat", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge. Er spiele damit auf die aufsehenerregende Sabotage an den Nord-Stream-Gasleitungen vor rund einem Jahr an, so Peskow.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte in Brüssel, es komme nun darauf an, herauszufinden, was genau passiert sei und wie dies habe passieren können. Wenn sich herausstellen sollte, dass es sich um einen vorsätzlichen Angriff auf kritische Infrastruktur der Nato gehandelt habe, wäre dies ernst. In dem Fall werde es eine vereinte und entschlossenen Reaktion der Nato geben, sagte er.
Nach Angaben des estnischen Marine-Chefs Jüri Saska lassen erste Untersuchungen der Schäden darauf schließen, dass die Leitung an der Seite beschädigt ist. "Das Rohr selbst ist mit Beton ummantelt, und es sieht dabei genauso aus, als wäre es an der Seite eingerissen und der Beton wäre genau an der Bruchstelle gebrochen oder abgeblättert", sagte er dem estnischen Rundfunk.
Fragen nach möglichen Ursachen wich Saska aus. Ob das Leck in der Gasleitung und der Kabelausfall miteinander in Verbindung stehen, sei bislang noch unklar. "Das ist möglich, aber zum jetzigen Stand der Ermittlungen handelt es sich um reine Spekulation, da wir noch nicht genau wissen, wo das Kabel beschädigt ist", sagte er. Zeitlich seien die Schäden mehr oder weniger im gleichen Zeitraum von etwa zwei Stunden aufgetreten.
Nach Pipeline-Schaden: Litauen für stärkeren Schutz in der Ostsee
Litauens Energieminister Dainius Kreivys hat sich nach der Beschädigung der Gas-Pipeline zwischen Finnland und Estland für einen stärkeren Schutz der Energie-Infrastruktur in der Ostsee ausgesprochen. "Die am stärksten gefährdete Infrastruktur befindet sich vor der Küste und ist schwer zu schützen", sagte er am Mittwoch im litauischen Rundfunk. "Wir brauchen wahrscheinlich ein noch höheres Maß an Überwachung, ein noch höheres Maß an Schutz. Und wir brauchen, wie der Außenminister erwähnte, wahrscheinlich gemeinsame Vereinbarungen und eine Arbeitsteilung darüber, wer was tut."
Die Gas-Pipeline Balticconnector verläuft auf einer Länge von rund 150 Kilometer zwischen Inkoo in Finnland und Paldiski in Estland, der betroffene Offshore-Abschnitt im Meer ist gut 77 Kilometer lang. Dort hatten die Betreibergesellschaften am frühen Sonntagmorgen einen plötzlichen Druckabfall in der Leitung bemerkt. Finnland und Estland gehen davon aus, dass die Schäden durch Fremdeinwirkung verursacht wurden.
Litauens Außenminister Gabriel Landsbergis hatte daraufhin die Schaffung gemeinsamer Instrumente von EU und Nato gefordert, um den Schutz von Energieanlagen zu gewährleisten. In Reaktion auf den Vorfall hat der Baltenstaat zudem angekündigt die Überwachung seiner strategischen Infrastruktur zu verstärken. Dazu gehören das schwimmende Flüssiggas-Terminal im Ostsee-Hafen von Klaipeda und das Starkstrom-Seekabel Nordbalt zwischen Litauen und Schweden.
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HELSINKI (dpa-AFX)
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