Zweitmärkte

Lizenz zum Freikaufen: Raus aus dem Knebelvertrag!

05.04.15 16:00 Uhr

Lizenz zum Freikaufen: Raus aus dem Knebelvertrag! | finanzen.net

Banken binden Besitzer von Bausparverträgen und Sparbriefen mit findigen Klauseln an sich. Doch es gibt Auswege, wie Sie gleich sehen werden.

von Michael H. Schulz, Euro am Sonntag

Die Freude über die geerbten Sparbriefe war zunächst groß. Doch als Claudia Müller (Name von der Redaktion geändert) in Ludwigsburg die noch nicht fälligen Sparbriefe vom Nachlasskonto auf ihr eigenes Konto übertragen wollte, teilte ihr die Bank mit, dass "Umschreibungen von Konten aus systemtechnischen Gründen nicht möglich" seien. Die Alleinerbin besitzt zwar eine Vollmacht für das Nachlasskonto. "Doch kann ich mir nicht vorstellen, dass ich das Konto einer Verstorbenen weiterführen muss, bis auch der letzte Sparbrief fällig ist", sagt sie.

So wie Müller kann es vielen gehen. 79,8 Milliarden Euro stecken laut Statistik der Bundesbank in Banksparbriefen. Doch wer dringend Cash braucht, das in mickrig verzinsten Sparbriefen angelegte Kapital in Aktien oder Sachwerte umschichten oder sich aus einer zerstrittenen Erbengemeinschaft herauslösen will, dem legen Banken und Sparkassen Steine in den Weg. Mit findigen Klauseln binden die Geldhäuser wie im Fall von Müller Anleger an sich. "Eine Abtretung, Verpfändung oder Übertragung der Rechte aus dem Sparbrief bedarf der schriftlichen Zustimmung der Bank", heißt es beispielsweise in den "Allgemeinen Bedingungen zum Fernabsatz" einer Bank. In der Regel stimmen die Geldhäuser einer Übertragung nur zu, wenn es sich dabei um Verwandte handelt. Doch selbst dann muss mit langen Bearbeitungszeiten gerechnet werden. Denn die Geldhäuser haben das Geld fest für die Kreditvergabe eingeplant.

Grundsätzlich können Anleger diese mündelsicheren Papiere zwar beleihen, eine Kündigung der Banksparbriefe ist aber per Gesetz nur "aus wichtigem Grund" möglich. Und was ein wichtiger Grund ist, liegt im Ermessen der Geldhäuser. Selbst in persönlichen Notsituationen verweigern manche Banken die Auszahlung.

Raus aus den Knebelverträgen

Mit einem Verkauf befreien sich Anleger aus den Klauen der Banken. Denn inzwischen hat sich - ähnlich wie bei Kapitallebensversicherungen und Anteilen an Geschlossenen Fonds - ein Zweitmarkt für Sparbriefe und Bausparverträge entwickelt. Seriöse Onlineplattformen wie www.sparbrief boerse-deutschland.de und www.sparbrief-ankauf.de ermöglichen den Ausstieg vor Ablauf der Vertragsfrist (siehe Tabelle). "Die Nachfrage ist größer als das Angebot", sagt Markus König, Vorstandschef der Betreibergesellschaft Hypoxx, und ergänzt: "Wir prüfen zunächst, ob der Sparbrief nicht verpfändet ist." Stimmt zudem die Werthaltigkeit, erfolgt dann innerhalb von drei Wochen die Auszahlung in Höhe von 90 Prozent des Nennwerts.

Während Hypoxx schon vier Jahre am Markt ist, gibt es www.sparbriefboerse-deutschland.de erst seit Kurzem. Bei diesem regulierten Zweitmarkt der Börsen Hamburg und Hannover gibt der Verkäufer über ein Kontaktformular im Internet einige Rahmendaten des Vertrags ein. Anschließend prüfen die zuständigen Makler die Verkaufsanfrage, der Verkäufer erhält dann einen Vorschlag für einen unverbindlichen Auktionsstartpreis. Nimmt er diesen nicht an, startet anschließend eine Bieterphase. Schwierigkeiten gibt es, wenn es sich um einen Sparplan-Sparbrief handelt. Auch ist der Verkauf von Bausparverträgen nicht möglich.

Wer sich nicht nur von Sparbriefen, sondern von seinem gesamten Erbanteil trennen will, kann unter www.einfacherben.de einen Käufer finden. Die Plattform vermittelt Kontakte zu möglichen Käufern. Dazu gehören Immobilieninvestoren, aber auch auf Erbrecht spezialisierte Anwälte. Die freuen sich dann über manches Schnäppchen.
Verkaufsbörsen für mündelsichere Anlagen (pdf)

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