Tagesgeld, Festgeld & Co: Wissen, was drinsteckt
Es gibt nicht nur Minus-, Null- und Mickerzinsen. €uro am Sonntag erklärt, was von Topzins-Offerten der Banken zu halten ist und welche Alternativen Sparer haben.
von Michael H. Schulz, Euro am Sonntag
Jetzt schneit’s Zinsen", verspricht die Sberbank Direct. Sber ist russisch und bedeutet sparen. Mit lukrativen Zinsen knausert der Direktbankableger der von Zar Nikolaus I. gegründeten russischen Sparkasse tatsächlich nicht. 2,2 Prozent Zinsen plus 20 Euro Startguthaben winken Neu- und Altkunden, die bis Silvester mindestens 1.000 Euro fest für 36 Monate anlegen. Die Onlinebank der Sberbank Europe mit Sitz in Wien legt noch einen drauf: Für täglich verfügbare Einlagen zahlt sie ab dem ersten Euro 1,3 Prozent Zinsen jährlich. Wermutstropfen: Den Zins garantieren die Österreicher zunächst nur Neukunden - und nur bis Jahresende.
Schon länger in Deutschland auf Kundenfang ist ein anderes russisches Institut, die VTB Direktbank. Der Ableger von Russlands zweitgrößter Bank bietet das VTB Sparbuch Online mit 1,25 Prozent Zinsen in Verbindung mit seinem Tagesgeldangebot an.
Die Offerte ist, je nach Sichtweise, eine Art Tuning für das mit 1,1 Prozent verzinste Festgeldkonto mit bis zu neun Monaten Laufzeit oder ein flexibles Internetsparbuch. Denn immerhin sind bis zu 2.000 Euro pro Monat ohne Zinsnachteil frei verfügbar. Mit solchen Angeboten konnte die VTB Direktbank bisher laut Geschäftsbericht 2,5 Milliarden Euro von deutschen Sparern einsammeln.
Das Buhlen der Direktbankableger der zwei größten Banken Russlands sollten Sparfüchse kritisch hinterfragen. Dafür sprechen mehrere Gründe: Erstens will die österreichische Bankenaufsicht prüfen, ob die Direktbanken die Anlegergelder nicht doch wieder ihren von EU- und US-Sanktionen gebeutelten Zentralen in Russland überweisen. Zweitens müssen Sberbank Europe und VTB Direktbank erst 2015 den Banken-Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) durchlaufen, da sie zu spät zur Liste der überwachten Institute hinzugefügt wurden. Außerdem dürfte der Gewinneinbruch der russischen VTB-Mutter den Adrenalinspiegel von Sparern steigen lassen - im dritten Quartal gab es ein Minus von 98 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Für Kunden stellt sich die Frage, ob die Zinsen über Marktniveau die Prämie dafür sind, dass sie ein höheres Risiko eingehen. "Für Verbraucher ist es schwer bis unmöglich zu unterscheiden, welche dieser Situationen vorliegt", erklärt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Manchem dürfte deshalb in den vergangenen Wochen mulmig geworden sein. Zwar haben diese Banken ihren Hauptsitz in Österreich und Sparanlagen sind dort bis 100.000 Euro je Kunde und Bank gesetzlich geschützt, wie wackelig die Sicherheit aber tatsächlich ist, zeigt ein Bericht der "Wiener Zeitung". Gerade weil die österreichische Regierung im Sommer fürchtete, dass die Einlagensicherung nach einem massiven Ansturm auf diese Banken einspringen müsste, hat die Alpenrepublik darauf bestanden, dass Sberbank direct und die VTB Direktbank von den EU-Sanktionen gegen Russland ausgenommen wurden.
Durchbruch nach Börsencrash
Spareinlagen wie Tages- und Festgeld sind eine der Hauptfinanzierungsquellen von Banken. Dabei waren Tagesgeldkonten vor 15 Jahren vielen noch völlig unbekannt. Der Durchbruch dieser Sparvariante erfolgte mit dem Platzen der Aktienblase am Neuen Markt. Bis zur Erholung der Börsenkurse horteten Anleger Cash auf gut verzinsten Konten mit täglicher Verfügbarkeit. Die französische First-E-Bank war die erste reine Internetbank, die 2000 fantastische sechs Prozent Zinsen für Tagesgeldeinlagen bot, sie ging aber schon ein Jahr später pleite.
Rund 15 Jahre und eine Finanz- und Staatsschuldenkrise in der Eurozone später sind dank Mario Draghis lockerer Geldpolitik null Prozent Zinsen fürs täglich verfügbare Geld keine Ausnahme mehr. Doch auch wenn eine Eins vor dem Komma steht, sollte man sich bewusst sein, dass im Gegensatz zu Festgeldzinsen oder gar Sparbriefen diese Topzinsen in der Regel nur für eine begrenzte Zeit und für Neukunden garantiert sind. Manche Anbieter wie die 1822direkt, die Direktbank der Frankfurter Sparkasse, verlängern diese Garantie immer wieder, um Neukunden zu ködern.
Andere hingegen rutschen mit ihren Lockvogelangeboten vom Zinsolymp schnell wieder ins Mittelfeld oder in den Keller. "Vor allem die regionalen Banken schwimmen im Geld und werden sich der Nullverzinsung beim Tagesgeld immer mehr annähern", meint Max Herbst von der Finanzberatung FMH, der seit über 20 Jahren die Zinsentwicklung beobachtet. Schlimmer noch: Einige Banken überlegen, Kunden einen Strafzins in Rechnung zu stellen, wenn diese zu viel Geld parken. Die Skatbank hat Ende Oktober bereits ernst gemacht. Die Onlinetochter der Volks- und Raiffeisenbank Altenburger Land hat für Einlagen ab einer Million Euro nachgezogen.
Doch Sparer müssen sich nicht mit Minus-, Null- und Mickerzinsen abfinden. "Es gibt immer noch genügend verzinste Tagesgeldangebote und auch Festgelder, mit denen sogar ein Inflationsausgleich zu schaffen ist", weiß Zinsexperte Herbst. Wo es noch ordentliche Zinsen fürs Tagesgeld, fürs Festgeldsparen bis zu einem Jahr und für Sparbriefe mit Laufzeiten von fünf Jahren gibt, zeigt die Auswertung von €uro am Sonntag und der FMH-Finanzberatung zwischen Januar und Ende November (siehe unten).
Gerade wer hohe Cashbeträge auf Tagesgeldkonten hortet, für den war es lukrativ, das Geld effektiver für sich arbeiten zu lassen. Die Geldhäuser berechnen Zinsen fürs Tagesgeld taggenau. Manche schreiben deshalb den Zins Anlegern monatlich oder vierteljährlich gut. Werden die monatlichen Zinsen von der Bank wieder angelegt, dann verzinst sich das Ersparte mit den aufgelaufenen Zinsen kontinuierlich um immer größere Summen.
Getunte Prozente
"Den Effekt sollte man aber gerade in der Niedrigzinsphase nicht überschätzen", betont Verbraucherexpertin Oelmann, "auch wenn es bei gleichen Zinssätzen für Sparer aufgrund dieses Zinseszinseffekts zwar grundsätzlich vorteilhafter ist, wenn die Zinsen monatlich statt vierteljährlich ausgezahlt werden." Auch sollten Sparer bedenken, dass bei so einem Prozent-Tuning mit einer monatlichen oder vierteljährlichen Zinszahlung in der Regel der Zinssatz übers Jahr betrachtet niedriger ist als bei Tagesgeldangeboten mit jährlicher Zinszahlung.
Vor diesem Hintergrund können für Sparer Anlagen bei Wohnungsbaugenossenschaften mit Spareinrichtung eine Alternative sein (siehe Tabelle unten). Die Zinsen sind in der Regel höher als bei Filialbanken. Solche Wohnungsbaugenossenschaften besitzen die Lizenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Bankgeschäfte zu betreiben. Sie müssen dafür aber einige Voraussetzungen erfüllen: Die Genossenschaft muss liquide sein, über Eigenmittel verfügen und ihren Meldepflichten gegenüber der Bafin nachkommen.
Wer von den vergleichsweise hohen Zinsen profitieren will, muss allerdings erst mal Genosse werden und Anteile erwerben oder eine Mindesteinlage zahlen. Faktisch werden Sparer so zu Mitunternehmern. Auch sollte man im Hinterkopf behalten, dass es keine gesetzliche Einlagensicherung wie etwa für die Zinsofferten der Banken gibt. "Verbraucher sollten prüfen, ob die konkrete Wohnungsbaugenossenschaft Mitglied im Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ist, einer privaten Einlagensicherung", rät deshalb Annabel Oelmann.
In diesem Fall ist das Verlustrisiko für Spargenossen gering. Besteht die Gefahr, dass eine Wohnungsgenossenschaft mit Spareinrichtung die Verpflichtung aus Einlagen nicht erfüllen kann, so wird der Selbsthilfefonds eingesetzt. Der GdW kann zulasten des Fonds Bürgschaften übernehmen und Verluste von Sparern ausgleichen. Seit Einrichtung dieses Selbsthilfefonds zur Sicherung von Spareinlagen im Jahr 1974 ist dieser schlimmste anzunehmende Fall laut Angaben des GdW allerdings noch nicht eingetreten.
Dass alles Geld futsch ist, erscheint unwahrscheinlich, da die Genossenschaften in Wohnimmobilien investieren, die nicht von heute auf morgen wertlos werden können. Vorausgesetzt, es handelt sich dabei nicht um Schrottimmobilien.
Ein Pferdefuß bleibt dennoch: Viele Wohnungsbaugenossenschaften machen die Auszahlung der Einlage nach einer Kündigung der Mitgliedschaft davon abhängig, "dass ein in der Satzung benanntes Mindestkapital nicht unterschritten werden darf", weiß Verbraucherschützerin Oelmann. Würde dieser Fall eintreffen, kann es passieren, dass Anleger für unbestimmte Zeit nicht an ihr Geld kommen. Das wäre dann keine schöne Bescherung für Sparer.
Festlegen und aussitzen
Wem Genossenschaften zu kompliziert sind, der bekommt auch anderswo passable Zinsen. Dabei sollte man aber einige Regeln beachten. Erstens: Weg vom Tagesgeld. "Hier sind die Zinsen selten länger als sechs Monate fest, und Angebote über ein Prozent sind rar", sagt Max Herbst. Er rät, nur einen Notgroschen täglich verfügbar zu halten. Wer viel Cash auf die hohe Kante legen will, sollte sich im Festgeldbereich umsehen. Hier gibt es ab vier Jahren 1,5 Prozent und mehr. Das gleicht die Inflation aus, und es bleibt auch noch was hängen. "Außerdem kann man so das Zinstief aussitzen", so Herbst. Denn das nächste Zinshoch kommt bestimmt, aber leider nicht allzu bald.
Einlagensicherung
So sicher ist Ihr Geld ...
... bei deutschen Banken
Die deutsche Einlagensicherung umfasst Sicht- und Termineinlagen, also Giro- und Tagesgeldkonten, Sparbücher sowie Festgelder und Sparbriefe. Anders als in den meisten europäischen Nachbarstaaten existieren hierzulande unterschiedliche Sicherungssysteme. 2008 gaben Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister eine Einlagengarantie ab, die nach der Lehman-Pleite einen Ansturm auf Banken verhindern soll. Diese Garantie greift aber nicht, wenn Sparguthaben durch Inflation und Strafzinsen aufgezehrt werden.
Alle in Deutschland eigenständig tätigen Privatbanken und Bausparkassen müssen der gesetzlichen Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) angehören. Sie sichert 100.000 Euro pro Anleger und Bank ab. Friert die Bafin im Ernstfall alle Konten einer Bank ein, bekommen Kunden binnen 20 Tagen ihre Einlagen zurück - inklusive Zinsen. Laut dem neuen Einlagensicherungsgesetz, das ab dem 3. Juli 2015 gelten soll, sollen Kunden bei Bankpleiten schon nach sieben Tagen an ihr Geld kommen. Fremdwährungskonten werden nur berücksichtigt, wenn die Einlagen auf die Währung eines EU-Mitgliedsstaates lauten.
Die meisten Privatbanken haben sich zusätzlich dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) angeschlossen. Er übernimmt die Einlagen, die über die 100.000-Euro-Grenze hinausgehen. Die Sicherungsgrenze ist von Institut zu Institut verschieden. 2015 entspricht sie 20 Prozent des haftenden Eigenkapitals der jeweiligen Bank, mindestens aber 1,5 Millionen Euro. Bis 2025 soll diese Untergrenze auf 437.500 Euro sinken. Die privaten Bausparkassen besitzen einen eigenen Sicherungsfonds. Bauspareinlagen sind unbegrenzt geschützt, Spareinlagen bis zu 250.000 Euro. Für Einlagen bei Wohnungsbaugenossenschaften mit Spareinrichtung gilt der Selbsthilfefonds zur Sicherung von Spareinlagen von Wohnungsgenossenschaften des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Sparkassen sowie die Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken haben eigene Haftungsverbünde. Sie garantieren 100 Prozent der Einlagen über die sogenannte Institutssicherung.
... bei ausländischen Banken
Europaweit gilt analog zu Deutschland die gesetzliche Einlagensicherung, die 100.000 Euro pro Konto garantiert.
Allerdings haftet nicht die Europäische Union, sondern die einzelnen Mitgliedsstaaten für Spareinlagen. Die Frist, binnen derer die Kunden ihr Geld inklusive der bis dahin aufgelaufenen Zinsen im Schadensfall wiederbekommen, soll - bezogen auf die Grenze von 100.000 Euro - höchstens 30 Arbeitstage betragen. Großbritannien hat seine Einlagensicherung der des europäischen Festlands angepasst. Auf der Insel liegt die Obergrenze für die Einlagensicherung bei 85.000 Pfund.
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27.05.2011 | Sberbank of Russia overweight | Morgan Stanley |
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