Neues Regelwerk

BMF ändert Einkommensteuergesetz: Verrechnung von Verlusten und Gewinnen

23.01.20 21:01 Uhr

BMF ändert Einkommensteuergesetz: Verrechnung von Verlusten und Gewinnen | finanzen.net

Das Bundesministerium der Finanzen verabschiedete im vergangenen Jahr kurz vor Weihnachten ein Gesetz, genannt "Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen". Worum es sich dabei handelt und für wen diese Änderung besonders von Bedeutung ist.

• BMF: Änderung im Einkommensteuergesetz seit Anfang 2020
• Totalverluste können nur noch bis zu Maximalbetrag angerechnet werden
• Banken, Online-Broker & Co. in Zukunft weniger attraktiv?

Ende des vergangenen Jahres verabschiedete das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein neues Gesetz zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen. Dieses trat in Teilen bereits zum 1. Januar 2020 in Kraft. Meldungen über grenzüberschreitende Steuergestaltungen sollen nach EU-Vorgabe "ab dem 1. Juli 2020 entgegengenommen werden können". "Der erste Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union soll bereits am 31. Oktober 2020 abgeschlossen sein", schreibt das BMF in einem Artikel vom 30. Dezember 2019 auf seiner eigenen Website. In vollem Umfang soll das Gesetz dann zum 1. Januar 2021 in Kraft treten.

Änderung des Einkommensteuergesetzes

Interessant ist, dass im Rahmen dieser Gesetzesänderung, von vielen kaum wahrgenommen, auch eine Änderung des Einkommensteuergesetzes vorgenommen worden ist. Geändert wurde insbesondere die Möglichkeit, Gewinne aus Anlagegeschäften mit Verlusten auszugleichen. Das Einkommensteuergesetz § 20 Absatz 6 Satz 4, wird durch Artikel 5 des neuen Gesetzes ergänzt:

"Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 dürfen nur in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 verrechnet werden dürfen."

Das bedeutet, dass Totalverluste, ab Inkrafttreten des Gesetzes, nur noch bis zu einer Obergrenze von 10.000 Euro mit Gewinnen aus demselben Jahr verrechnet werden können. Auch werde die Anrechenbarkeit von Verlusten aus Termingeschäften nach oben hin begrenzt. Sprich Verluste aus Zertifikaten, CFDs oder Optionsscheinen können mit Gewinnen aus denselben Anlageformen innerhalb eines Jahres dann auch nur noch bis 10.000 Euro verrechnet werden, berichtet finanz-szene.de. Für Banken solle dann außerdem die Pflicht entfallen, "Verrechnungstöpfe" für Termingeschäfte anzulegen. Die Kreditinstitute sollen die mögliche anfallende Kapitalertragsteuer direkt abziehen und Anleger eine mögliche Erstattung durch Verluste mit Hilfe der Steuererklärung selbständig zurückholen - begrenzt auf die 10.000 Euro. Dass Anleger anfallende Steuern auf Gewinne direkt begleichen müssen, mögliche Gutschriften aber erst im Nachhinein erstattet bekommen, könnte zudem zu Liquiditätsproblemen führen.

Vorangehender Abschnitt des Gesetzestextes ist auf Verluste anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 entstehen.

"Verluste aus Kapitalvermögen aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1, aus der Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 auf einen Dritten oder aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur in Höhe von 10.000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 10.000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen."

Dieser Satz, § 20 Absatz 6 Satz 6, ist bereits auf Verluste anzuwenden, die seit dem 1. Januar 2020 entstehen. Die Drucksache des Deutschen Bundestags lässt zudem vermuten, dass der Begriff des Totalverlustes erneuert und der Begriff dabei weiter gefasst wird, denn dieser wird im Dokument auf Seite 69 genauer definiert:

"Eine Kapitalforderung ist insbesondere uneinbringlich, wenn sich auf Grundlage der Gesamtumstände des Schuldverhältnisses abzeichnet, dass der Schuldner die Verbindlichkeit ganz oder teilweise nicht erfüllen wird. Die Regelung erfasst daher auch Veräußerungstatbestände, die zu Gestaltungszwecken abgewickelt werden, also insbesondere dann vorgenommen werden, wenn sich das Solvenzrisiko bereits ganz oder teilweise realisiert hat."

Totalverluste, die bisher eher selten vorkamen, könnten dadurch in Zukunft häufiger eintreten. Doch immerhin dürfen die Verluste, die nicht verrechnet wurden, mit in das Folgejahr genommen werden.

Das bedeutet die Gesetzesänderung für Anleger

Einen Anleger, der vermögend und am Markt aktiv ist, bei dem Verluste von mehr als 10.000 Euro im Jahr vorkommen, könnte diese Gesetzesänderung hart treffen. Wenn dieser beispielsweise 40.000 Euro Gewinn aus seinen Trades erzielen kann, im selben Jahr aber auch 20.000 Euro Verluste einstecken muss, wären dennoch nur 10.000 Euro der Verluste absetzbar. Bisher wären somit 20.000 Euro zu versteuern gewesen - mit der neuen Regelung wären es dann 30.000 Euro. Die Steuerlast steigt somit von 5.000 Euro auf 7.500 Euro.

Besonders stark benachteiligt werden Anleger von der Steueränderung dann, wenn ihre Verluste in einem Jahr die Gewinne übersteigen oder sie mit besonders hohen Beträgen handeln. Erzielt ein Anleger beispielsweise mit Termingeschäften in einem Jahr einen Gewinn in Höhe von 20.000 Euro und einen Verlust in Höhe von 40.000 Euro, so muss er - da der Verlust nur mit maximal 10.000 Euro verrechnet werden kann - auf die Hälfte seiner Gewinne die Abgeltungssteuer entrichten, in diesem Fall 2.500 Euro. Sein Gesamtverlust, der in diesem Jahr ohnehin bei 20.000 Euro gelegen hätte, wird somit noch einmal größer und beträgt "dank" der neuen Besteuerung dann 22.500 Euro.

Auch bei besonders großen Summen kommt es künftig zum Steuerschock. Denn liegt der Gewinn aus Termingeschäften in einem Jahr beispielsweise bei 210.000 Euro und der Verlust bei 170.000 Euro, können ebenfalls nur 10.000 Euro des Verlustes angerechnet werden. Auf 200.000 Euro muss der Anleger dann noch die Abgeltungssteuer bezahlen, die sich in diesem Fall auf 50.000 Euro beläuft. So wird der ursprünglich gewinnbringende Handel doch noch zu einem Minusgeschäft - denn der Gewinn vor Steuern beträgt "nur" 40.000 Euro.

Wen trifft die Neuerung noch?

Banken könnten durch diese Änderung um das generelle Interesse an Wertpapiergeschäften fürchten, da das Gros der Einnahmen durch Provision mit Kunden erwirtschaftet wird, die auch Verluste von mehr als 10.000 Euro im Jahr verzeichnen. Vor allem Kreditinstitute, die sich auf das Zertifikategeschäft fokussiert haben, dürften sich um die Attraktivität für Kunden sorgen.

Ebenso könnten Online-Broker und Fintech-Broker darunter leiden, dass sich die Änderung des Einkommensteuergesetzes womöglich negativ auf die Aktivität der Kunden auswirkt. Zertifikate-Emmitenten, Schwarmfinanzierern, vor allem im Immobilienbereich, und auf Trader spezialisierten Anbietern dürfte es laut finanz-szene.de ähnlich gehen.

In welchem Maß die Änderung des Einkommenssteuergesetzes sich tatsächlich auf die Aktivität von Anlegern auswirkt, wird die Zeit zeigen. Banken, Fintechs und Lobbyisten haben derweil Hoffnung, dass noch nachträgliche Änderungen des Gesetzes durchgesetzt werden können oder die Verordnungen zur Anwendung des Gesetzes etwas lockerer und anlegerfreundlicher formuliert werden.

Redaktion finanzen.net

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