Experte warnt: "Steuerfallen für Aktionäre"
Vollziehen Firmen Aktiensplits, SpinOffs oder geben Gratisaktien aus, sollten sich Aktionäre nicht nur über die neuen Anteile im Depot freuen. Steuerberater Meinhardt erklärt, welche Steuerfallen drohen.
von Stefan Rullkötter, €uro Magazin
€uro: Worauf sollten Anleger bei Zuteilung von neuen Aktien besonders achten?
Sebastian Meinhardt: Komplexe Kapitalmaßnahmen werden von börsennotierten Unternehmen weltweit immer häufiger durchgeführt. Das kann erhebliche Auswirkungen auf die steuerpflichtigen Erträge des Aktionärs haben. Besonders bei der Ausgabe von Gratis- oder Bonusaktien sollten Steuerzahler aufpassen. Denn die Ausgabe von Aktien kann steuerpflichtig sein - oder eben nicht.
Was bedeutet das konkret?
Die steuerliche Behandlung kann besonders bei ausländischen Vorgängen Schwierigkeiten bereiten, weil der deutschen Depotbank zum Zeitpunkt der Einbuchung der neuen Anteile oft nicht alle Informationen über die Kapitalmaßnahme vorliegen. Dann wird zum Teil durch die Banken zugunsten des Fiskus Abgeltungsteuer einbehalten. Nur in wenigen Fällen wird die Kapitalmaßnahme durch die Finanzverwaltung nachträglich geprüft und festgestellt, dass die Ausgabe der neuen Aktien steuerfrei war.
Gibt es dafür ein aktuelles Beispiel?
Im April 2014 hatte die dänische Reederei A.P. Möller/Maersk Aktie im Verhältnis 1: 5 an ihre Aktionäre ausgegeben. Die Banken behandelten die zugeteilten Anteile zunächst als Bonusaktien - und damit als steuerpflichtige Sachausschüttung. Einige Banken buchten auf den Kurswert der neuen Aktien Abgeltungsteuer ab - vergleichbar mit einer gewöhnlichen Bardividende. Das Geld für die Steuer wurde hierbei einem Cashkonto des Kunden belastet. Erst im Januar 2015 kam die hessische Finanzverwaltung zu dem Ergebnis, dass es sich steuerlich um Gratisaktien aufgrund einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln handelt, die nicht abgeltungsteuerpflichtig sind.
Hat die Aktienzuteilung dennoch steuerliche Folgen für Maersk-Aktionäre?
Bei einer solchen Kapitalmaßnahme werden die bisherigen Anschaffungskosten auf den nun größeren Aktienbestand aufgeteilt. Die neuen Aktien übernehmen auch das ursprüngliche Kaufdatum. Wer die ursprünglichen Maersk-Aktien bereits bis zum 31. Dezember 2008 erworben hat, ist aus dem Schneider: Er kann die Alt-Papiere - und auch die zugeteilten Gratisaktien weiterhin steuerfrei veräußern
Was müssen Maersk-Aktionäre tun?
Da durch die Finanzverwaltung nun festgestellt wurde, dass es sich um eine steuerfreie Ausgabe von Gratisaktien handelte, müssen Banken den ggf. vorgenommenen Steuereinbehalt korrigieren und die Steuer erstatten. So die Bank keine Korrektur vornimmt müssen betroffene Aktionäre den Fehler in ihrer Steuererklärung selbst berichtigen.
Gibt es weitere Gründe, warum Depotbanken Kapitalmaßnahmen steuerlich falsch einordnen?
Kapitalmaßnahmen sind oftmals sehr komplex. Für den Abzug der Abgeltungsteuer müssen diese nach deutschem Recht beurteilt werden, was sehr aufwendig sein kann. Zumal liegen die hierfür relevanten Unterlagen oftmals erst nach der Einbuchung der neuen Anteile vor. Letztlich sprechen wir über eine sehr große Anzahl von Kapitalmaßnahmen. Ist der Sachverhalt unklar, können Banken zwar vereinfachend den Kapitalertrag - also den Kurswert der zugeteilten Papiere - mit null Euro bewerten, so dass zunächst keine Abgeltungsteuer anfällt. Dies ist aber lediglich eine Steuerstundung: die Abgeltungsteuer wird hier beim späteren Verkauf fällig - und dann nicht nur auf den zwischenzeitlich erzielten Kursgewinn, sondern auf den gesamten Verkaufserlös. Auch diese Vereinfachung löst das Problem für Anleger mit Alt-Anteilen jedoch nicht.
Zur Person
Sebastian Meinhardt ist Steuerberater bei der KPMG in Frankfurt am Main.
Weitere Details zum Thema finden Sie in der Ausgabe des neuen €uro Magazins 06/2015!
Weitere News
Bildquellen: Alessio Ponti / Shutterstock.com, KPMG