Interview

BVZL-Chef: "Versicherer müssen transparenter werden"

26.04.15 12:30 Uhr

BVZL-Chef: "Versicherer müssen transparenter werden" | finanzen.net

Am Zweitmarkt für deutsche Lebensversicherungen herrschte im vergangenen Jahr weitgehend Flaute. Die Handelsumsätze gingen um 25 Prozent auf rund 150 Millionen Euro zurück. Ingo Wichelhaus, Vorstand national des Bundesverbands Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen (BVZL), sieht nun Anzeichen für eine Trendwende.

von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag

€uro: Was sind die Gründe für Anleger, sich vor Ende der Vertragslaufzeit von einer gut verzinsten Lebensversicherungs-Police zu trennen?
Ingo Wichelhaus:
Hauptursache ist weiterhin ein durch veränderte Lebensumstände entstehender Liquiditätsbedarf - etwa bei Scheidungen oder Arbeitslosigkeit.

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€uro: Um welche Größenordnungen geht es dabei?
Jährlich werden Lebensversicherungen mit Ablaufleistungen von insgesamt 14 Milliarden Euro storniert. Schätzungsweise die Hälfte des Volumens kommt für den Zweitmarkt in Frage, in 2014 wurden hiervon nur rund zwei Prozent an Dritte verkauft - dieser Anteil lässt sich mich Sicherheit noch deutlich erhöhen.

€uro: Im Jahr 2014 ist das Ankaufsvolumen für "gebrauchte" Lebensversicherungen um 25 Prozent auf rund 150 Millionen Euro geschrumpft. Was stimmt sie optimistisch, dass es nun wieder aufwärts geht?
Der wesentliche Grund für den Rückgang der Handelsumsätze war die starke Verunsicherung der Policen-Aufkäufer in den vergangenen Jahren. Sie wussten nicht, ob die von den Erstversicherern ausgewiesen Bewertungsreserven nach der Umsetzung des Gesetzes zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (LVRG) noch vorhanden sein würden. Dies hat ihnen eine Angebots-Erstellung für kündigungswillige Policen-Inhaber schwierig bis nahezu unmöglich gemacht. Aus dem Grund ist im Schnitt nur noch jedes dritte bis vierte Policen-Verkaufsangebot akzeptiert worden. Das habe nicht zuletzt bei den Vertriebspartnern dazu geführt, dass deutlich weniger Policen eingereicht wurden. Das verloren gegangene Vertrauen muss jetzt wieder aufgebaut werden.

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€uro: Wie geht es nun weiter?
Inzwischen haben sich Rahmenbedingungen deutlich verbessert. Die neuen Wertermittlungen nach LVRG schaffen endlich Klarheit. Unser "Ankaufsbarometer" dreht bei einer auf rund 60 Prozent gestiegenen Akzeptanz-Wahrscheinlichkeit wieder auf "Hoch". Auch die gebotenen Ankaufspreise für Policen haben bereits angezogen - und liegen derzeit durchschnittlich um drei bis fünf Prozent über dem Rückkaufswert.

€uro: Was sind die Gründe dafür?
Für Investoren in Zweitmarkt-Policen sind durch die Zinszusatzreserve und den Umgang mit der kollektiven Rückstellungen für Beitragsrückerstattung (RfBs) langfristig stabile Ausschüttungen garantiert. Die so erzielbaren Renditen sind im Vergleich zu den Nullzinsen am Anleihemarkt ausgesprochen attraktiv.

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€uro: Wird der Effekt schon 2015 spürbar sein?
Bereits ab Ende 2014 hat es eine spürbare Nachfragesteigerung seitens der Zweitmarkt-Aufkäufer gegeben. Dieses Jahr halte ich deshalb ein Ankaufsvolumen von etwa 250 Millionen Euro für realistisch, das sich 2016 nochmals verdoppeln könnte.

€uro: Vielen Inhabern von Kapitallebensversicherungen, aber auch vielen Vermittlern ist nach wie vor unbekannt, dass der Verkauf ihrer Police an Dritte überhaupt möglich ist...
Aus dem Grund wollen wir bei Verbrauchern und Versicherungsagenten noch stärker die Vorzüge eines Policen-Verkaufs gegenüber einer Vertragsstornierung deutlich machen. Zudem fordern wir als größter institutioneller Versicherungsnehmer, dass die Versicherer transparenter werden.

€uro: Wie wollen Sie konkret mehr Transparenz durchsetzen?
In unserem Fokus stehen die jährlich von den Versicherern versandten Wertermittlungen für die Policen. Eine Analyse von mehr als 90 derartiger Versicherer-Mitteillungen hat ergeben, dass die Bandbreite bei Qualität und Verständlichkeit der Informationen enorm ist. Wie haben deshalb eine "Muster-Wertermittlung" entwickelt, bei der alle Werte bei Ablauf, Kündigung und Todesfall aufgeschlüsselt werden - inklusive garantierter Leistungen und Bewertungsreserven. Wünschenswert wäre eine einheitlich Branchenlösung, mit dem Widerstand der Versicherer dagegen ist aber zu rechnen.

Bildquellen: Joachim Schmidt-Dominé/BVZL e.V.