Bezahlbarer Schutz gegen die Flut
Die Schäden der großen Flut 2013 sind weitgehend behoben. Aber Experten warnen: Extreme Wetterereignisse werden in Deutschland häufiger. Wäre eine Pflichtversicherung die bessere Lösung?
von Alexander Vollert, Gastautor von Euro am Sonntag
Sommer 2013: Die letzte Flutkatastrophe ist erst elf Jahre her, da schlägt das Wasser erneut zu. In Sachsen, in Sachsen-Anhalt und in Niederbayern herrscht Katastrophenalarm. Tausende Menschen verlieren ihr Zuhause. Ohnmächtig müssen sie zusehen, wie das Wasser ihr Hab und Gut zerstört. Zum materiellen Schaden kommt die psychische Belastung. Dabei möglichst allen Kunden gleich gerecht zu werden, mit schneller Regulierung und persönlicher Hilfe, ist eine riesige logistische Herausforderung für einen Versicherer. Allein der Allianz werden 55.000 Schäden gemeldet. Ausnahmezustand also auch für die Vertreter in den betroffenen Gebieten, die Schadenregulierer und alle Mitarbeiter.
Mittlerweile sind über 90 Prozent der Schäden abschließend reguliert - in den anderen Fällen dauert die Wiederherstellung der Gebäude noch an. 570 Millionen Euro leistet allein die Allianz für Hochwasserschäden. Die Flut im vergangenen Jahr hat wieder deutlich gezeigt, wie wichtig eine gute Elementarschadendeckung für die Hausbesitzer war.
Eine höhere Gefährdung
verlangt höhere Beiträge
Daher gilt: Heutzutage gehört für Hauseigentümer Versicherungsschutz gegen Elementargefahren einfach dazu, um umfassend geschützt zu sein. Schließlich investieren viele Bürger einen großen Teil ihrer finanziellen Ressourcen in das eigene Heim. Wichtig für die Kunden ist dabei Folgendes: Diese Elementardeckung muss extra vereinbart werden.
In den meisten Regionen Deutschlands ist dies überhaupt kein Problem. Um die Versicherbarkeit eines Gebäudes festzulegen, arbeiten die deutschen Versicherer mit dem gemeinsam entwickelten Zonierungssystem für Überschwemmungen, Rückstau und Starkregen (ZÜRS), das Deutschland in vier Gefährdungsklassen unterteilt. Die verschiedenen Zonen dokumentieren die Überschwemmungswahrscheinlichkeit nach ihrem zeitlichen Eintritt. Auch wenn Bürger näher an einem Gewässer und damit in einer höheren Risikozone wohnen, können sie Versicherungsschutz bekommen. Dabei unterscheiden sich natürlich die Konditionen nach der Gefährdung des Gebäudes. Bei einer höheren Gefährdung steigen die Beiträge und es werden Selbstbehalte notwendig.
Aus diesem Grund hat die Allianz beispielsweise im vergangenen Jahr 15.000 Kunden in den neuen Bundesländern ein Umstellungsangebot für Wohngebäudeversicherungsverträge unterbreitet. Hierbei handelte es sich um Gebäude in besonders hochwassergefährdeten Gebieten mit alter Versicherungsdeckung aus DDR-Zeiten. Diese alten Verträge ohne Selbstbehalt bei Überschwemmungsschäden drohten die Preise für die gesamte Versichertengemeinschaft in die Höhe zu treiben. Damit die Allianz auch künftig allen Versicherten einen bezahlbaren Gebäudeversicherungsschutz garantieren kann, war es erforderlich, einen Selbstbehalt einzuführen und gegebenenfalls auch einen höheren Beitrag zu vereinbaren. Es gab kritische Stimmen, aber überwiegend Verständnis dafür, selbst beim Verbraucherschutz. Nahezu alle betroffenen Kunden haben das Angebot angenommen.
Fast zwangsläufig hat die Flut 2013 eine bereits nach früheren Hochwasserereignissen diskutierte Frage wieder aufgeworfen: Wäre nicht eine Pflichtversicherung für Elementarschäden die bessere Lösung? Die Allianz meint: nein.
Egal wie eine Pflichtversicherung ausgestaltet wird, sie wirft ungelöste Fragen auf. Grundsätzlich sind zwei Grundmodelle denkbar. Im ersten Modell entsprechen die Konditionen der Pflichtversicherung der jeweiligen Hochwassergefährdung, sind also risikogerecht. Zu diesem Modell haben das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung einen Vorschlag entwickelt. Der Vorschlag der Wissenschaftler sieht für ein Haus mit 300.000 Euro Wiederaufbauwert in der höchsten Gefahrenklasse einen Jahresbeitrag für die Elementarschadenversicherung von 525 Euro und einen Selbstbehalt von 15.000 Euro vor. Hier stellt sich die Frage der Bezahlbarkeit des Versicherungsschutzes.
Zumal sich zu diesen Konditionen schon heute quasi jedes Gebäude bei der Allianz versichern lässt. Allerdings nehmen unter diesen Konditionen die Kunden die risikogerecht kalkulierten Angebote oft nicht an. Sei es, weil sie das Risiko unterschätzen und sich auf staatliche Nothilfe verlassen oder sei es, weil sie sich den Schutz schlichtweg nicht leisten können.
Damit kommen wir zum zweiten Grundmodell zur Ausgestaltung einer Pflichtversicherung. Die Kosten für die wenigen, stark gefährdeten Gebäude werden auf das gesamte Versicherungskollektiv verteilt. Die Konditionen entsprechen also nicht dem jeweiligen Risiko. Bürger in wenig gefährdeten Gebieten zahlen mehr, damit in stark gefährdeten Gebieten bezahlbare Prämien darstellbar sind.
Eine solche Verteilung des Hochwasserrisikos auf alle Hausbesitzer mag manchem gerechter erscheinen als ein risikoadäquates Angebot, hat aber einen entscheidenden Haken: Sie verringert den Anreiz zum individuellen und staatlichen Hochwasserschutz.
Anreize für Investitionen nicht
durch Pflichtpolicen gefährden
Die Gefahr ist groß, dass finanziell belastete Länder und Kommunen nicht die notwendigen Investitionen in Hochwasserschutz tätigen, wenn die Kosten nachher auf eine große Versichertengemeinschaft abgewälzt werden. Ähnlich gelagert ist die Situation in Bezug auf die Ausweisung von Bauland oder behördlicher Bauauflagen in hochwassergefährdeten Gebieten.
Auch die private Vorsorge würde leiden. Welchen Investitionsanreiz hätten Immobilieneigentümer, die Widerstandsfähigkeit ihrer Häuser gegen Hochwasser zu erhöhen, wenn doch eine relativ "günstige" Versicherung die entstandenen Schäden bezahlt?
Volkswirtschaftlich besteht bei einer derartig ausgestalteten Pflichtversicherung das Risiko, dass der Gesamtaufwand für Hochwasserschäden sogar steigt, weil wichtige Steuerungsmechanismen ausgehebelt werden. Ziel der gesellschaftlichen Bemühungen sollte daher ein integriertes und übergreifendes Hochwassermanagement sein, das technischen und natürlichen Hochwasserschutz ebenso umfasst wie eine intelligente Bebauungsplanung. Die Allianz unterstützt das: Erst kürzlich hat unsere Umweltstiftung in einer Hochwasserbroschüre dargestellt, wie zeitgemäßer Hochwasserschutz aussieht.
zur Person:
Alexander
Vollert,
Vorstandschef
der Allianz
Versicherungs-AG
Vollert ist promovierter Wirtschaftsingenieur. Nach dem Studium arbeitete er auf verschiedenen Positionen bei McKinsey & Company, bevor er 2006 zur Allianz wechselte und dort 2011 Mitglied des Vorstands wurde. Er ist zuständig für das Schaden- und Unfallgeschäft der Allianz Deutschland AG.
Die Allianz Deutschland ist in den Bereichen Schaden- und Unfallversicherung, Lebensversicherung und Krankenversicherung tätig. Mit rund 8600 Vertretern und knapp 30 000 Mitarbeitern bedient die Allianz Deutschland rund 20 Millionen Kunden und erwirtschaftet einen Umsatz von knapp 30 Milliarden Euro (2013). Sie trägt damit rund ein Viertel zum Gesamtumsatz der Allianz Gruppe bei.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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25.11.2024 | Allianz Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
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