Großer Beratungstest

Deutschlands beste Banken - Wo Sie gut beraten werden

19.01.13 03:00 Uhr

Deutschlands Banken sind vorsichtig geworden. Wer mit Risiko anlegen will, wird entweder abgewimmelt oder an die Zentrale verwiesen. Doch es gibt auch positive Ausnahmen.

von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag

Wir sind eine durch und durch konservative Bank.“ Das, was Bernd Siegert (Name geändert) bei der Sparda-Bank West in Düsseldorf zu hören bekam, mag für manchen Bankkunden gut klingen, doch nicht für den 44-jährigen Ingenieur. Er wollte etwas ganz anderes. Er wollte spekulieren. „Ich habe 20 000 Euro, möchte sie offensiv anlegen, und es tut mir auch nicht weh, wenn ich das Geld verliere“, erklärte Siegert dem Berater. Doch der wimmelte ihn ab. „Hätte ich tatsächlich 20 000 Euro spekulativ anlegen ­wollen, ich wäre maßlos enttäuscht“, sagt Siegert. Der Mann war einer von 45 Testkunden, die €uro am Sonntag gemeinsam mit dem in Düsseldorf ansässigen Deutschen Kundeninstitut (DKI) losgeschickt hat, um Bankberatungen zu testen.

Neben Testern wie Bernd Siegert, die offensiv anlegen wollten, wurden auch renditeorientierte und konservative Musterkunden losgeschickt. Erstere gaben an, ihr Geld mehren zu wollen, aber maximal zehn Prozent Verlust ertragen zu können. Für die konservativen Tester stand der Werterhalt im Mittelpunkt, sie sollten dem Berater erklären, dass sie keine Verluste machen und schnell über ihr Geld verfügen wollten. Alle drei Typen kamen in die Filialen mit einer Summe von 20 000 Euro, die auf fünf Jahre angelegt werden sollte.

Das Ergebnis des Tests offenbart Licht und Schatten. Von den 21 Banken, die in Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München in mehr als 460 Kundenkontakten vor Ort sowie via Telefon und online ­getestet wurden, kamen in der Gesamtwertung nur fünf auf die Note „sehr gut“. Am besten schnitten die Banken noch bei der konservativen Anlageberatung ab, wo 13 Institute die Note 1 schafften. Bei den beiden risikobereiteren Musterkunden erreichten jeweils vier Banken die Spitzennote. „Offenbar wollen die Banken vor allem konservativ beraten“, sagt Jörn Hüsgen, Chef des DKI und Leiter der Studie. Dieses Ergebnis ist eine Folge der Ereignisse der vergangenen Jahre.

Lehman-Desaster wirkt nach
Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Oktober 2008 saßen etwa 50 000 deutsche Anleger auf wertlosen Zertifikaten. Vielen waren die Papiere als Festgeldersatz verkauft worden, das stellten zahlreiche Gerichte in der gesamten Republik fest. Die Politik, namentlich Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU), verpflichtete die Banken, ab Januar 2010 Beratungsprotokolle zu führen. Die Ministerin wollte mit den Protokollen den Anlegern ein Beweismittel an die Hand geben, damit sie ihrer Bank in Zukunft falsche Ratschläge nachweisen können.

Auf den ersten Blick ein kluger Schachzug, denn wer hierzulande eine Bank auf Falschberatung verklagen will, trägt die Beweislast. Doch das Protokoll ist keine Allzweckwaffe für den juristischen Streit. „Die Banken werden da nichts aufschreiben, was man vor Gericht gegen sie verwenden kann“, kritisierte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg schon damals.

Heute wundert es ihn nicht, dass bei unserem Test noch immer an den Kunden vorbeiberaten wurde. Es würden zwar kaum mehr Zertifikate als Festgeldersatz verkauft, doch es sei auffällig, dass man an den Depots erkennen könne, bei welcher Bank jemand Kunde ist.

Denn fast jede Bank hat ihre Vertriebspartner, nur wenige Institute bieten ihren Kunden ein größeres Spektrum an Fondsgesellschaften und Emittenten. Doch auch eine größere Produktpalette würde laut Nauhauser nicht davor schützen, ein falsches Produkt zu bekommen. „Von offener Beratung würde ich erst sprechen, wenn bei jeder erdenklichen Empfehlung für den Berater und seinen Arbeitgeber dieselbe Vergütung anfällt“, so der Verbraucherschützer.

Während beim Test im Vorjahr viele Banken das Beratungsprotokoll noch ignorierten, zeigen die aktuellen Testkäufe, dass das Protokoll nicht nur geführt wird, sondern man sich, so Testleiter Hüsgen, fast sklavisch daran hält. „Das formale Verfahren ist nicht nur sehr zeitaufwendig, sondern lädt die Banken darüber hinaus zum Datensammeln ein“, sagt Hüsgen.

Hauptsache, das Protokoll stimmt
Tester berichten von Gesprächen, in denen das Anliegen zweitrangig war. „Die größte Sorge galt dem Protokoll“, so ein Testkäufer. Offenbar um Fehler zu vermeiden, läuft das Gespräch, laut Aussagen der Tester, verstärkt mithilfe computerbasierter Beratungsprogramme. Das Ergebnis: Der Kunde kann nur eine Empfehlung bekommen, die das Programm vorsieht. Wer mehr will, braucht Überredungskunst oder muss sich bewegen, denn Wertpapierberatung bieten oft nur noch Hauptfilialen oder bei Sparkassen und Volksbanken die Zentrale an. Der Test zeigt: Viele Banken haben nur noch wenige Wertpapierspezialisten. Und da die einzelnen Filialen vor Ort an ihrem Erfolg im Verkauf gemessen werden, geben sie offenbar ungern Kunden an die Zentrale ab und versuchen die Kunden im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu halten. Enttäuschte Kunden wie Bernd Siegert sind die Folge.

So kam es etwa, dass die Münchner Bank einem Kunden mit dem gleichen spekulativen Profil wie Bernd Siegert ein Sparbuch und einen festverzinslichen Sparplan empfahl. Beides mögen passable Produkte sein, allerdings haben sie, was die Rendite angeht — Sparbücher werfen im Schnitt ein Prozent Zinsen ab —, wenig mit dem Wunsch des Kunden zu tun.

So verwundert es kaum, dass die Genossenschaftsbank aus der bayerischen Hauptstadt mit der Note „ausreichend“ auf dem letzten Platz in der Wertung für die offensiven Kunden landete. Bernd Siegerts Sparda-Bank West kam mit wenigen Punkten Vorsprung vor der Münchner Bank auf den drittletzten Platz. An der Spitze setzte sich die Hamburger Volksbank gegen die Volksbank Düsseldorf-Neuss und die Sparda-Bank Berlin durch. Die Berater in Hamburg rieten zu weltweit anlegenden Aktienfonds und Im­mobilienfonds des genossenschaftlichen Fondshauses Union Investment. Bei der Volksbank Düsseldorf-Neuss wurden zudem Regionen-Fonds wie der Uni Asia Pacific angeboten.

Bei der renditeorientierten Kundengruppe stand letzten Endes die Frankfurter Volksbank ganz oben, vor der Sparda-Bank West und der HypoVereinsbank. Interessanterweise gab es bei den renditeorientierten Anlegern keine Bank, die unseren Testern ein Sparbuch angeboten hat. Unsere verdeckten Kunden bekamen fast durchgängig Fonds empfohlen. Hier war dann alles mit dabei, vom Asien-Fonds über globale Aktienfonds bis hin zum Immobilienfonds. Viele Banken setzen neben ihren eigenen Produkten auch auf Fonds unabhängiger Gesellschaften. Besonders beliebt: der Carmignac Patrimoine. Kein Wunder bei dem Profil des Mischfonds. Manager Edouard Carmignac, Fondsmanager des Jahres 2009, hat es geschafft, in den vergangenen zehn Jahren 100 Prozent Gewinn zu machen und dabei in keinem Jahr Verluste.

Indexfonds: Fehlanzeige
Kostengünstige Indexfonds (ETF) wurden allerdings von keiner Bank angeboten, weder den spekulativen noch den renditeorientierten Testern. Gleiches gilt für Zertifikate. Offenbar waren die zahlreichen Prozesse, die Inhaber von Lehman-­Papieren geführt haben, für viele Ins­titute Grund genug, Zertifikate aus ihrem Angebot zu streichen oder sie nur noch wenigen, bereits bekannten Kunden anzubieten.

Bei den Offerten für die konservativen Kunden gab es eine Überraschung: Die Berliner Sparkasse empfahl einer unserer Testpersonen eine DAX-Kupon-Korridor-Anleihe. Wer einen genauen Blick ins Produktinformationsblatt dieses Garantiezertifikats wirft, erfährt, dass das Papier während der Laufzeit Verluste machen kann. Immerhin ist das eingezahlte Geld garantiert, sofern die Landesbank Berlin, die das Zertifikat begeben hat, nicht pleitegeht. Dazu kommt, dass der Anleger das Zertifikat zwar jederzeit verkaufen kann, allerdings nur zum aktuellen Kurs, der auch unter dem Ausgabekurs liegen kann. Die Garantie gilt nur für das Laufzeitende. Mit diesen Rahmenbedingungen erfüllt das Zertifikat nicht die Wünsche des konservativen Musterkunden.

Viele Banken rieten konservativen Kunden zu Festgeld. Keine gute Wahl, wenn man beim Anlegen flexibel bleiben will. Der Sieger in dieser Kategorie, die BBBank, bot unter anderem ein „Multizins“-Sparkonto an, das größtmögliche Sicherheit bietet und flexibel ist.

Starke Regionalbanken
Weil die BBBank auch bei den anderen beiden Kundentypen überzeugen konnte, ist sie der würdige Gesamtsieger. Die Tester lobten vor allem die Berater der Bank, die ihre Produkte gut erklären und auch bei den Kosten nicht um den heißen Brei herumreden. Auf den zweiten Platz schaffte es die Sparda-Bank Berlin, auch weil die Berater ausführlich die finanzielle Gesamtsituation der Kunden analysierten. Nach der Frankfurter Volksbank folgte mit der HypoVereinsbank die erste überregionale Bank. Die Deutsche Bank landete auf Platz 6, die Commerzbank war, außer bei den konservativen Testkunden, Mittelmaß. Die Postbank wurde Vor­letzter.

Fazit: So verständlich die Vorsicht der Banken bei Beratung angesichts des Falls der Lehman-Zertifikate und der Klagen wegen Falschberatung ist — die BBBank zeigt, dass es auch in Zeiten des Beratungsprotokolls möglich ist, sachgerecht und gut zu beraten. Auch offensive An­leger wie Herrn Siegert. 
Großer Beratungstest Gesamtwertung (pdf)
Großer Beratungstest Einzelergebnisse (pdf)

Ratgeber Bankgespräch

Wie bereite ich mich vor?
Wer sich bei einer Bank beraten lässt, merkt oft sehr schnell einen gewaltigen Unterschied zwischen dem Fachwissen des Beraters und dem eigenen Wissen. Um diese Lücke zumindest teilweise zu schließen, sollten sich Bankkunden darüber im Klaren sein, wie es um ihre Finanzen bestellt ist und was sie wirklich brauchen. „Viele Berater vergessen, den ­Kunden nach seiner gesamtwirtschaftlichen Situation zu fragen“, sagt der zertifizierte Finanzplaner Arndt Stiegeler. Dann werde etwa ein Fonds verkauft, obwohl der Kunde eigent­lich sein Minus auf dem Konto schneller tilgen könnte. Stiegeler, der auch selbst Finanz­planer schult, hat fünf Fragen zusammen­gestellt, die Kunden vor und in einem Beratungsgespräch berücksichtigen sollten.

Welche Risiken habe ich?
Es bringt nichts, Geld anzulegen, wenn gefährliche Risiken wie Berufsunfähigkeit nicht abgedeckt sind.

Wie ist es um meine Finanzen bestellt?
Die wenigsten wissen, was sie sich leisten können. Stiegeler rät, laufende Ausgaben (Lebenshaltung, Versicherungsprämien usw.) von den Einnahmen aus Gehalt, Vermietung und Kapital abzuziehen. Diesen Liquiditätsüberschuss kann man dann zur Hälfte an­legen. Der Rest sollte auf einem Tagesgeldkonto liegen, um Unvorhergesehenes wie eine kaputte Waschmaschine zu finanzieren. Wer Schulden hat, die nicht steuerlich genutzt werden können, sollte diese zunächst tilgen, bevor er überhaupt Geld anlegt.

Was brauche ich?
Geht es um das Thema Vorsorge, lohnt es sich zu rechnen, welche Lebenshaltungs­kosten im Alter auf einen zukommen. Der Rentenbescheid gibt Auskunft über das, was man vom Staat erwarten kann. Wer mehr will, sollte privat vorsorgen. Um ein einigermaßen stimmiges Bild von der Zukunft zu bekommen, sollte bei jeder Berechnung die Inflation mit rund zwei Prozent mit einfließen. In Sachen Anlageklassen gilt: Je näher die Rente, desto eher sind Produkte mit sicherer Rendite die erste Wahl. Wer erst in 30 Jahren in Rente gehen will, kann schwankungs­anfällige Investments wie Aktien eingehen.

Wie funktioniert das?
Vielleicht einer der wichtigsten Tipps: Es gibt keine dummen Fragen. Fachbegriffe aus der Finanzwelt gehören gewiss nicht zur Allgemeinbildung. Wer beim Nachfragen den Eindruck gewinnt, dass der Berater selbst nicht versteht, worüber er spricht, sollte die Bank wechseln.

Wie groß ist mein Risiko und wie kann ich das Produkt wieder verkaufen?
Diese beiden Fragen sollten in jedem Gespräch gestellt werden — sofern der Berater nicht von allein darüber aufklärt. Während auf den Informationsblättern zu Produkten inzwischen auf Risiken hingewiesen wird, sollten Kunden bei den Möglichkeiten, ihr Produkt wieder zu verkaufen, genauer hinhorchen. Gerade bei Geschlossenen Beteiligungen ist der Ausstieg schwer.