Pleite-Kandidaten: Der gefährliche Reiz der "Grauen"
Während sich Aktienanleger in den vergangenen Jahren über stetig steigende Kurse an den Börsen freuen durften, häufte sich im grauen Kapitalmarkt die Zahl der Pleiten.
von Reinhard Panse, Gastautor von Euro am Sonntag
Nach jeder Pleite am grauen Kapitalmarkt fragen die Medien, warum so viele Anleger auf die Hochglanzprospekte der Initiatoren hereingefallen sind. Nun, ich meine, die größte Schuld hat der Staat, der den Bürgern an den Schulen kein Wirtschaftswissen vermittelt: Millionen Anleger wissen daher nicht, dass für die langfristige Kapitalanlage zur Altersvorsorge ein stetiges Sparen in weltweit gestreute Aktienanlagen (insbesondere mit kostengünstigen Indexfonds) am sinnvollsten ist. Diese Anlageformen wiesen über mehrere Jahrzehnte das beste Rendite-Risiko-Verhältnis auf - und das wird sich in Zukunft nicht ändern.
Drei Bausteine bilden das Lebenselixier des grauen Kapitalmarkts. Der erste: die kritiklose Neigung zu festverzinslichen und vermeintlich sicheren Anlageformen.
Festverzinsliche Anleihen werden vom Staat seit Jahrzehnten gehegt und gepflegt. Schließlich müssen Wertpapiere schmackhaft gemacht werden, mit denen die Schuldenaufnahme finanziert wird. Lebensversicherungen werden gezwungen, massiv in festverzinsliche Anlagen zu investieren. Absurde gesetzliche Regelungen definieren die Staatsanleihen - selbst solche aus Griechenland - im Besitz von Banken und Versicherungen als risikolos; all das verzerrt natürlich auch die Wahrnehmung von Privatanlegern.
Am grauen Kapitalmarkt konnten daher Prokon-Genussscheine mit festem Zins und recht kurzer Laufzeit in Milliardenhöhe unters Anlegervolk gebracht werden, obwohl jedem Anleger klar sein musste, dass sich der für die Rentabilität der Windräder entscheidende Wind nun mal nicht an den Zinssätzen der Genussscheine orientiert. Kurzum: Bei den Genussscheinen handelt es sich tatsächlich leider um beim Durchschnittsanleger unbeliebte aktienähnliche unternehmerische Anlagen. Als solche hätten sie sich aber nicht verkaufen lassen. Genauso fragwürdig sind Annoncen, die dem angehenden Waldbesitzer zwölf Prozent Verzinsung versprechen - bei regelmäßiger Auszahlung. So schnell dürften die Bäume nicht wachsen.
Auch Großanleger machen
Fehler bei Investitionen
Zweiter Baustein: die nicht nur bei Prominenten verbreitete Sehnsucht nach Steuervorteilen. Mit Steuervorteilen kann immer dort, wo eine festverzinsliche (Fehl-)Konstruktion unmöglich ist - beispielsweise Ostimmobilien, Bauherrenmodelle, Schiffsfonds, Filmfonds etc. -, die Angst vor unsicheren Erträgen entscheidend betäubt werden. Dass der Anleger hier regelmäßig seinen Steuervorteil durch weit überhöhte Preise der Immobilien-, Schiffs- oder Filmprojekte selbst bezahlte und zusätzlich enorme Risiken einging, etwa beim Bau von Wohnungen in den neuen Bundesländern oder bei der Finanzierung von B-Movies im Filmstudio Babelsberg, haben oft sogar Anleger aus dem unternehmerischen Umfeld nicht verstanden.
Der dritte Baustein: der Wunsch, etwas Gutes zu tun. Nachhaltige und umweltfördernde Geldanlagen können durchaus sinnvoll sein. Jedoch sollte man auch hier nicht ohne einige einfache Überlegungen blind investieren. Wenn der Staat massiv subventionieren muss, sind die echten Renditen logischerweise schwach, ob Ostimmobilien, Denkmalschutzimmobilien oder erneuerbare Energien, die ja durch das teure Energieeinspeisegesetz gepäppelt werden müssen. Wie man bei der Solarförderung sieht, können diese Förderungen unerwartet schnell gekürzt werden. Statt in solche technisch und wirtschaftlich hochkomplexen Strukturen zu investieren, ist es vermutlich ehrlicher und besser, einen Teil des Geldes zu spenden und den Rest vernünftig zu investieren.
Kann ein Anleger, der am grauen Kapitalmarkt Geld verloren hat, wenigstens von den Großanlegern lernen? Nun, auch Großanleger machen Fehler. Sie haben aber keine übermäßige Angst vor Aktienanlagen und sonstigen unternehmerischen Beteiligungen. Außerdem lesen sie - oder zumindest ihre Berater - die Verkaufsprospekte, die übrigens im Fall von Prokon die unternehmerischen Risiken durchaus korrekt und verständlich beschrieben haben. Schließlich streuen sie ihr Vermögen wesentlich breiter als manch ein Prokon-Anleger, der seine gesamte Altersvorsorge dort investiert hat.
Wer den gesunden Menschenverstand walten lässt und die genannten Grundregeln der Vermögensanlage befolgt, kann auch als kleiner Privatanleger durchaus langfristig vernünftige Gewinne erwirtschaften und damit seine Altersvorsorge sichern.
Über den Autor
Reinhard Panse,
Geschäftsführer
des Family Office
HQ Trust
Panse ist Chief Investment Officer für die im Besitz der Familie Harald Quandt stehende
HQ Trust GmbH. Er war Mitgründer eines Vermögensverwaltungsunternehmens; ab 1989 übernahm er Tätigkeiten in der Vermögensverwaltung bei der Feri GmbH. Von 2001 an war Panse Mitglied des Vorstands der Sauerborn Trust AG bzw. deren Rechtsvorgänger. Von 2004 bis zum Eintritt in die HQ Trust GmbH 2011 war Reinhard Panse Chief Investment Officer des in der UBS Deutschland AG geschaffenen Geschäftsbereichs UBS Sauerborn.