Versicherungen: Welche Police welchen Schaden zahlt
Jährlich verursachen Kerzenbrände und Silvesterböller große Schäden. Wann in besonderen Schadenfällen gezahlt wird und wann nicht.
von Claudia Marwede-Dengg
Im Dezember hat nicht nur der Einzelhandel Konjunktur, sondern auch die Feuerwehr. Denn wenn in der Weihnachtszeit Kerzen für festliche Stimmung sorgen, steigt das Brandrisiko erheblich. Ganz zu schweigen von den Schäden, die das Böllern an Silvester mit sich bringt.
Dabei muss es nicht unbedingt Vorsatz sein, der – wie im Film „Der Rosenkrieg“ mit Michael Douglas und Kathleen Turner – den Weihnachtsbaum in Brand setzt. Meist ergeben Fahrlässigkeit und Übermut eine brandgefährliche Mischung. 2009 brannte es in der Weihnachtszeit mehr als 12 000 Mal. Das zeigt die Schadensbilanz, die der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) für das vergangene Jahr präsentierte. Während die Zahl der Schäden seit Jahren abnimmt und sich seit 2005 nahezu halbiert hat, ist die Schadenshöhe im selben Zeitraum von rund 1800 Euro pro Fall auf 2600 Euro gestiegen. „Unterm Strich kostet das die Versicherer rund 31 Millionen Euro pro Jahr“, sagt GDV-Sprecher Christian Lübke.
Die häufigsten Schadensursachen sind unbeaufsichtigte Kerzen an Adventskränzen, Gestecken und Weihnachtsbäumen sowie leichtsinniges Hantieren mit Böllern.
Viele Schäden sind durch Versicherungen abgedeckt: Die Hausrat-, die Wohngebäude-, die Kfz-, die private Haftpflicht- und die private Unfallversicherung sowie die Krankenversicherung bieten im Ernstfall Versicherungsschutz. Ein prüfender Blick in den Versicherungsordner kann also zumindest finanziell für Entspannung sorgen, auch wenn sich dadurch das geliebte Erinnerungsstück nicht wiederbeschaffen lässt.
Welche Versicherungspolice deckt nun welchen Schaden ab? Die Hausratversicherung kommt für alle selbst verschuldeten Schäden auf, die beispielsweise durch Feuer oder auch durch Löschwasser an Möbeln, Vorhängen, Teppichen und sonstigen Einrichtungsgegenständen entstehen. Sogar ruinierte Weihnachtsgeschenke sind mitversichert. Explodiert ein Silvesterknaller und verursacht Schäden am Gebäude, greift die Wohngebäudeversicherung.
Bei Schäden am fahrbaren Untersatz greift die Autokaskoversicherung. Bei einem defekten Cabrio-dach, Kratzern im Lack oder zerbrochenen Scheiben – wenn Autos durch explodierende Böller beschädigt werden oder sogar in Brand geraten – tritt die Teilkaskoversicherung ein. Bei allem Ärger erfreulich: Die Schadensregulierung führt nicht zu einer Rabattrückstufung. Die Vollkaskopolice leistet Schadenersatz, wenn der Wagen in der Silvesternacht mutwillig ramponiert wird und Schuldige nicht ermittelt werden können.
Wer sich mit Silvesterknallern verletzt, erhält die Behandlungskosten von seiner Krankenversicherung erstattet. Explodiert ein Feuerwerkskörper und erleiden Feiernde schwerwiegende Verletzungen, die zu einer dauerhaften Berufs- oder Dienstunfähigkeit führen, zahlt die private Unfallversicherung der Versicherten.
Die private Haftpflichtversicherung schließlich tritt für selbst verursachte Schäden bei anderen ein. Etwa wenn Kinder aus Versehen eine Kerze umstoßen und plötzlich der Teppich brennt. Oder wenn ein Partygast zu Silvester so unglücklich mit einem Böller hantiert, dass andere Personen verletzt werden. Allerdings gibt es eine wichtige Einschränkung: Die Versicherung zahlt nur, wenn der Geschädigte nicht zur Familie gehört.
Außerdem darf der Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt worden sein. Ansonsten wird es für den Verursacher sehr teuer, denn in diesem Fall muss er selbst in die Tasche greifen, weil die Haftpflichtversicherung die Leistung verweigert. So könnte sich etwa die Feuerversicherung bei Gebäudeschäden bis zu 300 000 Euro zurückholen. Sind gar Personen verletzt, muss der Verursacher damit rechnen, dass Krankenversicherung, Unfallversicherung und Rentenversicherung sämtliche angefallenen Kosten in Rechnung stellen.
Ein böses Erwachen kann es unter Umständen auch für den oder die Betroffenen geben. Die Haftpflichtversicherung des Verursachers ist nur verpflichtet, den sogenannten Zeitwert einer beschädigten Sache zu ersetzen. Das ist der Wert, den die versicherte Sache zum Zeitpunkt des Schadens hatte. Das entspricht dem Neuwert abzüglich Alters- und Abnutzungserscheinungen. Ganz anders sieht es dagegen bei selbst verschuldeten Weihnachts- oder Silvesterschäden aus. Vom eigenen Versicherer bekommt man den Wiederbeschaffungswert. Hierbei handelt es sich um den Betrag, der im Schadenfall zu zahlen ist, um einen gleichwertigen Ersatz für den Verlust oder die Zerstörung der versicherten Sache zu bekommen.
Allerdings prüfen die Versicherer in einem solchen Schadenfall genau, inwieweit der Versicherte eine Mitschuld trägt oder, wie es im Jargon der Assekuranz heißt, sich grob fahrlässig verhalten hat. Denn auch dann muss kein oder nur zum Teil Schadenersatz geleistet werden. Welches Verhalten an Weihnachten oder an Silvester in die Kategorie „grob fahrlässig“ fällt, ist allerdings nirgendwo definiert.
Für Klarheit haben in Einzelfallentscheidungen die Gerichte gesorgt. Grundsätzlich gilt immerhin: Wer brennende Kerzen längere Zeit nicht im Blick hat, hat bei einem Brand in der Regel keine guten Karten. Was „länger“ bedeutet, hat etwa das Landgericht Krefeld näher definiert. Die Richter sehen dann eine grobe Fahrlässigkeit, wenn ein Adventskranz oder ein Adventsgesteck mit brennenden Kerzen 30 Minuten unbeaufsichtigt bleibt (Az. 5 0 422/05).
Besonders aufpassen müssen Eltern von minderjährigen Kindern. Denn als grob fahrlässiges Verhalten zählt auch die Verletzung der Aufsichtspflicht. Die sehen die Gerichte zum Beispiel als gegeben an, wenn Eltern den Nachwuchs allein neben den brennenden Kerzen des Weihnachtsbaums oder des Adventskranzes spielen lassen. Es reicht nicht, wenn der Vater – wie im Fall, den das Landgericht Stade zu entscheiden hatte – seine beiden zehn- und sechsjährigen Kinder zuvor auf die Gefahren hinweist (Az. 3 S 38/97). Auch ein Versicherter, der sein sechsjähriges Kind mit einer Weihnachtspyramide allein im Zimmer gelassen und ein Bad genommen hatte, handelte grob fahrlässig, meinte das Amtsgericht Eisenhüttenstadt (Az. 6 C 566/01).
Sorgfalt ist auch beim Umgang mit Silvesterknallern angesagt. Eltern, die einem siebenjährigen Kind erlauben, selbstständig Feuerwerkskörper abzubrennen, verletzen ihre Aufsichtspflicht. Ein Kind dieses Alters dürfe man nicht aus den Augen lassen, meinte das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig (Az. 5 U 123/97).
Doch nicht nur auf den Nachwuchs sollte man an Silvester besonders aufpassen. Wer zu einer Party zum Jahreswechsel einlädt, sollte auch darauf achten, ob alle Böller, die die Gäste abgeschossen haben, auch tatsächlich gezündet haben. Wenn ein Spätzünder einen Wohnungsbrand verursacht, haftet der Hausherr mit und muss einen Teil des Schadens selbst tragen. Die Richter am OLG Köln fackelten daher nicht lange und gaben einem abwesenden Hausherrn eine Mitschuld. „Es ist bekannt, dass manche Feuerwerkskörper nicht ordnungsgemäß funktionieren“, heißt es im Urteil. (Az. 11 U 126/99).