Euro am Sonntag

Umdenken: Rendite durch gute Unternehmenskultur

20.09.15 17:00 Uhr

Umdenken: Rendite durch gute Unternehmenskultur | finanzen.net

Fachkräftemangel und "War for Talents" fordern die Unternehmer zu einem Paradigmenwechsel auf. Welche hohe Rendite die Investition in "Mensch" und "Kultur" verspricht.

von Hans-Dieter Lochmann, Gastautor von Euro am Sonntag

Welcher Unternehmer denkt nicht über Rendite und Unternehmenswachstum nach? Wir investieren in neue Technologien oder Maschinen, um schneller und besser zu produzieren. Produktivitätssteigerung mit dem Ziel der Gewinnoptimierung ist hierbei das Zauberwort. Doch wie selten denken wir Unternehmer darüber nach, wie viel Kapital brachliegt, da wir im Alltagsstress versäumen, uns um unseren höchsten Renditefaktor, "den Menschen und sein individuelles Potenzial", zu kümmern.

Wer­bung

In der Bilanz wird der Mensch noch immer als Kostenfaktor geführt, was ein Relikt aus dem Industriezeitalter ist, als die Maschinen den Ton angaben. Eine Ära, in der der Mensch austauschbar war, da er nur "funktionieren" musste. Diese Zeiten sind vorbei. Das Wissenszeitalter gepaart mit der Globalisierung und damit der Kampf um die besten Köpfe und Talente ist Realität geworden.

Die Welt und damit wir Unternehmer werden zum Umdenken - einem Paradigmenwechsel - aufgefordert. Um zu den High Performern in der Wirtschaft zu gehören, brauchen wir Menschen, die nicht nur ihre Arbeitskraft an uns "verkaufen", sondern sich mit Herz, Geist, Verstand und Leidenschaft für ihre Aufgabe und das Unternehmen einsetzen.

Weg vom Kostenfaktordenken
hin zum Investitionsdenken

Oftmals sehr gut ausgebildet und hochmotiviert machen sich Mitarbeiter und Führungskräfte ans Werk. Sie suchen Sinn in ihrer Aufgabe. Viele haben diese Einstellung, die wir dringend brauchen, und die genährt werden will. Das Umdenken, das hierbei von Unternehmerseite gefordert ist, heißt: Weg vom Kostenfaktordenken hin zum Investitionsdenken in den Faktor Mensch als Produktivitätskapazität. Und das gilt für das Topmanagement bis hin zur "einfachen" Arbeitskraft.
Wer­bung

Um diesen Paradigmenwechsel stabil zu vollziehen, bedarf es einer starken Unternehmenskultur. Gute, nein großartige Führung ist somit nicht mehr nur eine Aufgabe, die nebenbei vollzogen werden kann und ein schönes Beiwerk ist, wie dies im Industriezeitalter vielfach der Fall war. Sie ist sogar eine der wichtigsten Fähigkeiten, die im Wissenszeitalter gebraucht werden. Denn Menschen, die beste Performance in Form von Innovationen oder dem einfachen Mitdenken bei Ihrer Arbeit bringen sollen, wollen in ihrem eigenen Denken, kreativen Potenzial und mit ihrem ureigenen Charakter respektiert und gefördert werden.

Dafür braucht es Visionäre und Führungskräfte. Leader, die nicht nur  - wie Manager  die Dinge richtig tun, sondern - in Bezug auf unternehmerische und personelle Entscheidungen  - die richtigen Dinge tun. Fachkompetenz plus Charakterstärke wird somit immer wichtiger, um langfristig und nachhaltig auf die heutigen Herausforderungen zu antworten, vor allem bezogen auf Mensch, Umwelt und Wirtschaft.

Wer­bung

Dass Charakterstärke von CEOs sich auf eine hohe Rendite auswirkt, belegt auch eine aktuelle Studie von KRW International, einer Managementberatung mit Sitz in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota. Hier fanden Forscher heraus, dass CEOs, die von ihren Mitarbeitern gute Noten hinsichtlich ihres Charakters erhielten, eine durchschnittliche Gesamtrendite (Return on Assets, ROA) von 9,35 Prozent aufwiesen. Chefs mit dahingehend schlechter Charakterbewertung konnten nur einen ROA von durchschnittlich nur 1,93 Prozent vorzeigen.

Dieses Ergebnis resultiert aus einem Zeitraum von zwei Jahren. Grundlage für die Studie bildeten rund 500 Verhaltensweisen und Eigenschaften, die zu priorisieren waren. Vier moralische bzw. vertrauensstärkende Prinzipien wurden hierbei erwählt, die als die wichtigsten und erfolgversprechendsten Eigenschaften von Führungskräften identifiziert wurden: Integrität, Verantwortung, Vergebung und Mitgefühl.

In der Unternehmenskultur
spiegelt sich der Charakter

Doch wie gelingt es uns Unternehmern, diese Charakterstärken bei uns und unseren Führungskräften zu fördern, um einen - wie in der KRW-Studie beschriebenen - hohen ROA zu erhalten? Indem wir eine großartige Unternehmenskultur alias Unternehmenscharakter erschaffen. Ein kreativer Akt, der nicht mal schnell als gutes Leitbild zu Papier gebracht wird und von oben nach unten verordnet werden kann, sondern ein stetes, langsames Herausbilden von prinzipienorientierten Charaktereigenschaften und Werten ist, welche die einzigartige Kultur eines Unternehmens repräsentieren. Also kein "quick deal", sondern ein "long run", dessen Erfolg nicht schnell, dafür aber umso nachhaltiger und stabiler sichtbar wird.

Es ist eine Führungsaufgabe, die oben beginnt und nach unten vorgelebt und weitergetragen wird. Nur so kann Vertrauen hierin entstehen. Und Vertrauen ist wohl die wichtigste Währung im Wissenszeitalter, wo Arbeitnehmer, aber auch Kunden und Lieferanten sich auf einen durchgängig einheitlichen und ethisch hochwertigen Umgang miteinander verlassen wollen.

Vertrauen ist der Erfolgsfaktor
im globalen Markt

Das Internet und die Globalisierung stellen diese Anforderung an uns als Unternehmen und Führungskräfte. Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit sind unser höchstes Gut, das eine langfristige und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Rendite verspricht. Nicht ohne Grund werben heutzutage Unternehmen mit Siegeln wie "Top-Arbeitgeber des Jahres" oder "great place to work". Diese Auszeichnungen sprechen für Qualität und laden die Besten der Besten ein, sich zu bewerben. Aber das allein reicht nicht. Die Versprechen müssen auch eingelöst werden. Nicht umsonst sind Retention-Management und CSR (Corporate Social Responsibility) ein wichtiger Wettbewerbsvorteil im Zeitalter des Fachkräftemangels und des "war for talents" geworden.

Ein Siegel allein bringt aber noch kein langfristiges Vertrauen. Täglich muss sich der Charakter von Führung und Unternehmen unter Beweis stellen. Das gelingt uns aber nur, wenn wir eine Unternehmenskultur leben, die auf universell gültigen Prinzipien aufbaut und auf ethisch hochwertigen und zum Unternehmen passenden Werten beruht. Dieses Umdenken fordert nicht nur der Zeitgeist von uns, sondern es schenkt uns auch, langfristig angelegt, höchste Renditen.

Kurzvita

Hans-Dieter Lochmann, CEO und President des Franklin
Covey Leadership Instituts

Lochmann startete seine Karriere im strategischen Management deutscher Energie- und Elektrounternehmen. 1991 wechselte er in die Strategieberatung von Accenture, bei der er bis 2004 als International Partner tätig war. Er ist Gesellschafter verschiedener Unternehmen im Personal-, Work-Life- Balance- und Membranbau-Bereich. Seit 2014 verantwortet er als CEO das FranklinCovey Leadership Institut. FranklinCovey ist auf Beratung und Training zu Unternehmenskultur, Führung, Produktivität und Vertrieb spezialisiert.

Bildquellen: Peshkova / Shutterstock.com, FranklinCovey Leadership Institut