Exklusiver Test: Welche Banken Anleger richtig gut beraten
Wer ganz klassisch in eine Bankfiliale geht, wird zumeist sehr ordentlich beraten. Nur bei der Qualität der Anlagetipps ist noch Luft nach oben.
Werte in diesem Artikel
von Bernhard Bomke, Euro am Sonntag
Das pralle Leben findet mitunter auch dort statt, wo es mancher gar nicht vermutet. Beim Beratungsgespräch in einer Bankfiliale zum Beispiel. "Ich kam mir vor wie beim Gebrauchtwagenverkauf", sagt einer der Test-Bankkunden, die das Deutsche Kundeninstitut (DKI) für €uro am Sonntag losschickte. Ein anderer berichtet: "Der Berater ging nicht auf meine Anlagevorstellungen ein." Ein Dritter äußert sich leicht genervt: "Der Berater hat in dem 90 Minuten dauernden Gespräch zu oft ‚Struktur‘ und ‚Finanzoptimierung‘ gesagt. Diese Wörter habe ich bestimmt hundertmal gehört." Ein weiterer ist begeistert und fasst sich kurz: "Die Beratung war top!"
Diese Eindrücke sammelten die Testpersonen nicht zufällig, sondern aus ganz konkreten Gründen. Ihr Auftrag lautete: Checken, welche Beratungsqualität die 14 vom DKI ausgewählten Banken aufweisen. Die Ergebnisse flossen in den Test "Beste Anlageberatung 2019" ein, den das DKI für €uro am Sonntag durchgeführt hat. Es war bereits der achte seiner Art. Erfreulich aus der Sicht der Kunden: Die Anlageberatungen sind im Schnitt etwas besser geworden.
Sparda-Bank West gewinnt Test
Allerdings reichte das nicht so weit, dass es diesmal mehr Banken mit der Bestnote "sehr gut" gab. Wie im Vorjahr erhielten drei der 14 Institute eine Eins - wobei sich die Sparda-Bank West diesmal den Spitzenplatz sicherte (im Vorjahr Hypovereinsbank). Das passt zu der generellen Erkenntnis: Regionale Banken können es hinsichtlich der Beratungsqualität locker mit den überregionalen Geldhäusern aufnehmen.
Doch der Reihe nach. Die Qualität der Anlageberatung wurden in 580 Kundenkontakten geprüft, die es in der Zeitspanne von Anfang September bis Mitte Dezember 2018 gab. Die Testpersonen orientierten sich an 145 Einzelkriterien. Sie absolvierten Beratungstermine in Bankfilialen, ließen sich am Telefon über geeignete Anlageformen informieren, testeten die Qualität der Banken beim Umgang mit Kunden via E-Mail und prüften die Brauchbarkeit der Onlineauftritte der 14 Häuser.
Bei ihren Kontakten gaben sich die Testkunden als defensiv-konservativ, renditeorientiert oder offensiv-risikobereit aus und erklärten, sie wollten 20.000 Euro für die Dauer von zehn Jahren anlegen.
Primus Sparda-Bank West schaffte es dank sehr guter Testergebnisse bei der Beratungsqualität und den Anlageempfehlungen auf Platz 1. Das reichte für den Gesamtsieg, obwohl es für die Düsseldorfer in der Sparte "Kundenservice" lediglich für Rang 13 langte. Positiv fiel unter anderem auf, dass die Berater der Rheinländer in allen Gesprächen die finanzielle und persönliche Lebenssituation, die Risikobereitschaft sowie das Vermögen der Tester vollständig ermittelten. Die Kompetenz der Berater bewerteten die Tester im Schnitt mit der Note 1,5. Zudem gaben alle Kontaktpersonen an, sie würden die Sparda-Bank West weiterempfehlen. Das ist eine bemerkenswert starke Quote, zumal neben dem eingangs genannten Statement "Die Beratung war top!" auch das mit dem Kauderwelsch aus "Struktur" und "Finanzoptimierung" von Testkunden stammt, die ihr Glück in einer Filiale der Sparda-Bank West suchten.
Verzicht auf Ausgabeaufschlag
Die Anlageempfehlungen, welche die Berater der Düsseldorfer Bank den Musterkunden gaben, waren vergleichsweise passend. Die empfohlenen Anlagen hatten zwar leicht überdurchschnittlich hohe Verwaltungsgebühren, doch der Ausgabeaufschlag bei den von den Rheinländern ausgesuchten Produkten lag im Schnitt deutlich unter dem Wert der übrigen Anbieter. Der Grund für Letztgenanntes: Acht der elf empfohlenen Anlagen kommen gänzlich ohne Agio aus.
Erheblich schwächer schnitt der Gesamtsieger im Bereich Kundenservice ab. Hier reichte es nur für eine Drei. Bei den Testern kam es nicht so gut an, dass sie im Schnitt fast sechs Minuten in der Warteschleife hingen, ehe ein Hotlinemitarbeiter das Gespräch entgegennahm. Die Hilfsbereitschaft und Kompetenz der Servicemitarbeiter wurde leicht schlechter bewertet als im Schnitt aller Banken. Die Wartezeit, welche die Tester bei Anrufen nervte, fiel bei E-Mail-Anfragen umso geringer aus. Hier bekamen die Absender im Schnitt nach 17,5 Stunden eine Antwort - deutlich schneller als der Durchschnitt.
Schlusslicht des Tests wurde diesmal die Commerzbank. Allerdings reichte es auch bei ihr noch locker zur Gesamtnote "befriedigend". Das ist ein Hinweis darauf, dass die Zeiten rundum miserabler Beratungsleistungen offenbar vorbei sind. Einzig bei der Beratung von Kunden, die sich als renditeorientiert ausgaben, fuhr die immer noch als groß geltende Bank ein "Mangelhaft" ein. Der Grund: Hier fielen einige Empfehlungen zu risikoreich aus oder wiesen eine zu geringe Rendite auf.
Irritierend auch manche Empfehlung für die beiden anderen Anlegertypen. In einem Fall bekam ein ausdrücklich defensiver Kunde einen Mischfonds, also ein zu risikoreiches Produkt, ans Herz gelegt. Im Gegenzug machte ein Tester, der sich als offensiv und risikobereit ausgab, die merkwürdige Erfahrung, dass er eine Rentenversicherung mit Indexbeteiligung angeboten bekam - mithin ein betont konservatives Produkt. Unter dem Strich empfahl die Commerzbank den Musterkunden die unpassendsten Anlageprodukte. Die passendsten hatte die Sparda-Bank Baden-Württemberg parat.
Negativ fiel den Testern auf, dass die Commerzbank-Berater bei drei von fünf Gesprächen, in deren Verlauf sie Wertpapiere empfahlen, versäumten, eine Geeignetheitserklärung anzufertigen. In dieser Art Ergebnisprotokoll führt der Berater aus, warum er seinem Kunden welches Produkt nahegelegt hat. Im gesamten Test erstellten die Berater bei fast einem Fünftel der Gespräche keine Geeignetheitserklärung.
Während die im MDAX notierte Bank in den Kategorien "Beratung" und "Anlageempfehlung" jeweils auf dem letzten Platz landete, punktete das Institut beim Kundenservice. Die Hotlinemitarbeiter waren auf Zack und brauchten im Schnitt nicht einmal eine Minute, bis Anrufer sie an der Strippe hatten. Die Tester lobten die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Deutlich weniger Tempo legten die Mitarbeiter bei E-Mail-Anfragen an den Tag. Hier dauerte es im Schnitt mit gut 40 Stunden bis zu einer Rückmeldung deutlich länger als im Durchschnitt.
Die Tester gewannen generell den Eindruck, dass es kaum mehr echte Todsünden in der Bankberatung gibt. "In nur vier Prozent der Gespräche fand keine Vermögensermittlung statt", erklärt DKI-Chef Jörn Hüsgen. Zudem: "Nur ein Prozent der Tester gab an, dass ihre Risikobereitschaft überhaupt nicht abgefragt wurde." Klar besser als noch vor einem Jahr präsentierten sich die Banken beim Einholen von Auskünften, ob und welche Erfahrung ihre Kunden mit Geldanlagen haben. Vor einem Jahr versäumten die Banker noch bei zehn Prozent der Beratungsgespräche, danach zu fragen. Jetzt passierte das nur noch in drei Prozent der Fälle.
Eine weitere Auffälligkeit: Jeder zehnte Gesprächstermin wurde seitens der Berater nicht eingehalten. Besonders negativ fielen hier die Deutsche Bank und ihre Tochter Postbank auf. Das lag ausdrücklich nicht daran, dass zwischen Terminvereinbarung und Termin die entsprechenden Filialen geschlossen wurden. Denkbar wäre das allerdings, denn der Filialschwund ist ein steter Prozess. Laut Deutscher Bundesbank gab es hierzulande im Jahr 2004 noch 47.835 Filialen. 2016 waren es nur noch 33.914 - Tendenz weiterhin fallend.
92 Prozent geben mindestens Zwei
Den Mysterykunden fiel positiv auf, dass man ihnen deutlich seltener als in den Vorjahren völlig andere Produkte, also zum Beispiel ein Girokonto, andrehen wollte. Der Anteil dieser misslichen Empfehlungen ging von 32 Prozent auf 18 Prozent zurück. 92 Prozent der Testkunden fühlten sich gut oder sehr gut betreut. 89 Prozent beurteilten die fachliche Kompetenz der Berater mit "gut" oder "sehr gut". Das sind starke Werte.
Die durchschnittlich schwächsten Benotungen gab es bei den Anlageempfehlungen. So speiste ein Santander-Berater einen Kunden mit defensiv-konservativem Anlageprofil mit der lapidaren Feststellung ab, es gebe aktuell keine optimale Lösung für ihn. Er möge es mit einem Schatzbrief versuchen. Auf geeignete Anlageformen wie Genossenschaftsanteile oder hoch verzinstes Tagesgeld kam er nicht.
Mancher Berater bot Kunden der drei Risikoklassen die immer gleichen Produkte an. So bei der Kieler Volksbank, die jedes Mal den Offenen Immobilienfonds Hausinvest empfahl. Der brachte zuletzt einen jährlichen Wertzuwachs von 2,1 Prozent - nicht die beste Empfehlung für einen Kunden, der offensiv oder renditeorientiert zu Werke geht.
Die Ergebnisse des Tests
Im Überblick: Zu den Einzelbewertungen (PDF)
Gesamtwertung (PDF)
So wurde gewertet
Um die Beratungsqualitäten der 14 Banken zu überprüfen, zogen anonyme Testkunden mit unterschiedlichen Risikoneigungen los. Alle drei Typen gaben an, sie wollten 20.000 Euro für zehn Jahre anlegen.
- In die Auswertungen der einzelnen Kundentypen flossen die Ergebnisse der Beratungsgespräche vor Ort oder am Telefon sowie die Bewertungspunkte für die Anlageempfehlungen ein, die es für den jeweiligen Kunden mit entsprechender Risikoneigung gab.
- Ins Gesamtergebnis gingen die Bewertungen für alle Beratungsgespräche und alle Anlageempfehlungen mit einem Anteil von jeweils 40 Prozent ein. Zusätzlich wurde unter dem Aspekt "Kundenservice" getestet, wie die Banken beispielsweise online auf Anfragen von Kunden reagieren, wie lange Kunden in der Warteschleife hängen und wie freundlich und kompetent die Antworten auf die Fragen der Anleger ausfielen. Die Kategorie "Kundenservice" hat beim Gesamtergebnis ein Gewicht von 20 Prozent der Punkte.
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