Wohnbau richtig fördern
Die Hürden für Spekulanten zu erhöhen und im Wohnungsbau seriöse Entwickler mit Förderprogrammen zu unterstützen, ist eine berechtigte Forderung.
von Holger Rausch, Gastautor für €uro am Sonntag
Gegen die verfehlte Wohnungspolitik des Staates und Spekulanten haben jüngst in Berlin mehr als 10 000 Menschen demonstriert. Doch nicht nur auf dem Berliner Grundstücksmarkt prallen zwei Arten von Investoren aufeinander: Auf der einen Seite stehen Spekulanten, die Grundstücke als Kapitalanlage erwerben, um sie später mit hoher Rendite zu veräußern - und damit die Preise weiter in die Höhe treiben. Auf der anderen Seite stehen Projektentwickler und Bauträger, die auf den erworbenen Grundstücken tatsächlich möglichst schnell bauen wollen.
Um hier die Spreu vom Weizen zu trennen, sollte die Politik die Hürden für Spekulanten erhöhen und für seriöse Entwickler senken. Beispielsweise durch den Entzug der Baugenehmigung, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht wirklich gebaut wird. Als weiterer Anreiz wäre eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer für schnelles Bauen denkbar.
Nach Angaben des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie wurden 2017 rund 320 000 neue Wohnungen fertiggestellt. Da der Wohnungsbedarf allerdings bei 400 000 Wohnungen pro Jahr liegt, klafft immer noch eine deutliche Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Städte und Gemeinden haben das Problem erkannt, doch die Maßnahmen gehen oft in die falsche Richtung. Instrumente wie die Mietpreisbremse, der Milieuschutz oder das kooperative Baulandmodell, das Investoren verpflichtet, 30 Prozent miet- und belegungsgebundenen Wohnraum zu schaffen, bringen nicht den gewünschten Erfolg, sondern verschärfen das Problem vielfach noch. Da Bauherren beim Bau der vergünstigten Flächen draufzahlen, müssten auf den restlichen 70 Prozent hochpreisige Miet- oder Eigentumswohnungen entstehen, um die Einnahmeverluste auszugleichen.
Obwohl mit Sicherheit gut gemeint, treibt das Modell der kooperativen Baulandentwicklung die Preise noch mehr in die Höhe. Eine Tatsache wird dabei sowohl von der Politik als auch von der Gesellschaft gern übersehen: Da es keinerlei Förderung gibt, werden die preisgeförderten Wohnungen ausschließlich aus dem Vermögen des Projektentwicklers finanziert. Dieser kommunale Verantwortungsbereich kann aber nicht vollständig privatwirtschaftlich abgedeckt werden. Hier ist die Politik in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Da es nicht alleinige Aufgabe der Privatwirtschaft sein kann, für günstigen Wohnraum zu sorgen, plädieren wir als Berliner Entwickler für Förderprogramme seitens des Senats. Entweder als Subjektförderung, die die Miete bezuschusst, oder als Objektförderung, die das Bauvorhaben als solches durch zinsgünstige Kredite unterstützt.
Der breite Mittelstand findet
keine bezahlbare Wohnung
Was aus unserer Sicht völlig zu kurz kommt, ist das mittlere Preissegment: Der breite Mittelstand wie die Kindergärtnerin, die Verkäuferin oder der Postbote verdienen zu viel für eine preisgeförderte Wohnung, aber zu wenig für eine höherpreisige. Auch hier sollte der Senat dringend mit einem entsprechenden Förderprogramm gegensteuern. Denn sonst gibt es irgendwann nur noch Wohnungen für Geringverdiener und solche für Gutbetuchte.
Darüber, dass in Deutschland bezahlbarer Wohnraum fehlt, sind sich Politik und Bürger erstaunlich einig. Wenn dieser aber in unmittelbarer Nachbarschaft entstehen soll, regt sich plötzlich der Protest: "Natürlich brauchen wir Wohnungen - aber doch bitte nicht vor der eigenen Haustür." Doch wer mangelnden Wohnraum und zu hohe Mieten beklagt, darf neue Wohnprojekte in der Nachbarschaft nicht per Bürgerentscheid stoppen.
Wir raten zu einer Aufklärungskampagne und einer breit angelegten Debatte, die alle gesellschaftlichen Gruppen mitnimmt. Unkenntnis verursacht Ablehnung, während sorgfältige Information für Vertrauen und Verständnis sorgt. Mehr Akzeptanz in der Bevölkerung lässt sich nur durch aktive Bürgerbeteiligung erreichen. Allerdings - und das wissen wir aus den Bürgerbeteiligungsverfahren unserer eigenen Entwicklungsprojekte - muss der Prozess gut organisiert sein und professionell moderiert werden.
Kurzvita
Holger Rausch
Geschäftsführender Gesellschafter der MINERVA Management Beteiligungs GmbH
Das inhabergeführte Unternehmen MINERVA ist in der Regel nicht nur Dienstleister, sondern zumeist auch als Co-Investor und Partner an Immobilienprojekten beteiligt. Zuletzt hat der Projektentwickler mit dem Sapphire in der Chausseestraße in Berlin, das von Star-Architekt Daniel Libeskind entworfen wurde, Aufmerksamkeit erregt.
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