Energieeffizienz: Gute Gebäude fürs Klima
Rund ein Drittel der jährlichen CO2-Emissionen stammt aus Immobilien. Wirtschaft und Politik sind gleichermaßen gefordert, deren Energieeffizienz zu steigern.
von Pablo Theux, Gastautor für €uro am Sonntag
Erst kürzlich hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich ihres Treffens mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte beim deutsch-niederländischen Klimakabinett für ambitioniertere Klimaziele ausgesprochen. Demnach sollen die Treibhausgas-Emissionen in der Europäischen Union bis 2030 um 55 Prozent verglichen mit dem Basiswert von 1990 reduziert werden - zuvor lag das Ziel bei lediglich 40 Prozent. Und die Tendenz der Klimabilanz ist nach Jahren der Stagnation wieder positiv: Laut aktuellen Schätzungen des Umweltbundesamts wurden in Deutschland im vergangenen Jahr insgesamt 865,6 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Erstmals seit 2014 konnte somit ein Rückgang (4,5 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet werden. Rund 77 Prozent der Emissionen stammen aus den Bereichen Energiewirtschaft, inländischer Verkehr und der Industrie, 9,5 Prozent entfallen auf die Landwirtschaft und die restlichen 11,5 Prozent auf den Gebäudesektor.
An dieser Stelle ist es besonders wichtig, den neuerlichen Trend beizubehalten: Eine Hauptrolle für die Erreichung der Klimaziele kann und muss die - bislang stiefmütterlich behandelte - Gebäudewirtschaft spielen. Dazu zählen private Haushalte, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, die sich für
etwa 30 Prozent des energiebedingten CO2-Outputs in Deutschland verantwortlich zeigen. Zum Vergleich: Inlandsflüge verursachen gerade mal zwei Millionen Tonnen Treibhausgase, das entspricht etwa 0,23 Prozent der Gesamtemissionen.
Die gute Nachricht: Die möglichen ökologischen und - für Investoren ebenfalls wichtigen - ökonomischen Einsparungen sind enorm. Einerseits wurden viele Wohnhäuser und gewerblich genutzte Flächen, etwa aus den Bereichen Einzelhandel, Lager und Logistik, vor der 1977 in Kraft getretenen Wärmeschutzverordnung errichtet. In der Folge sind die Gebäude nicht ausreichend gedämmt und lassen sich nicht effizient beheizen. Ein weiterer Faktor sind veraltete Haus-, Netzwerk- und Beleuchtungstechnik, die hohe Energiekosten verursachen.
Entscheidend für eine erfolgreiche Reduzierung des CO2-Fußabdrucks in Deutschland und der EU sind die Maßnahmen aus der Wirtschaft und der Politik. Die geplante Ausweitung der CO2-Bepreisung auf Heizöl und Gas sowie Kraftstoff soll Investitionen attraktiver machen, könnte gemäß BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) aber nur die Abgabenlast der Verbraucher erhöhen und die Industrie verschrecken. Gleichermaßen greift die von der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer vorgeschlagene Abwrackprämie für Ölheizungen nicht weit genug. Um Sanierungsmaßnahmen attraktiver zu machen, erscheint eine steuerliche Förderung attraktiver.
Wirtschaft und Politik haben Handlungsbedarf
Durch die Wirtschaft muss gleichzeitig ein Ruck gehen, denn Investitionen in eine verbesserte Wärmedämmung und moderne Heizanlagen sind vonnöten. Die Bereitschaft dazu wird durch die Angst vor hohen Aufwendungen, die mangelnde Unterstützung seitens der Politik und den komplizierten Subventionierungsprozess gehemmt. Die energetische Sanierungsquote stagniert hierzulande seit Jahren bei knapp einem Prozent. Doch mittel- und langfristig lohnen sich die Investitionen: Zwar fallen für Modernisierungsmaßnahmen an Immobilien kurzfristig hohe Kosten an. Allerdings schont man mit Verbesserungen in der Wärmedämmung, Gebäudetechnik, IT und Beleuchtung nicht nur die Umwelt, sondern spart effektiv Energiekosten.
Die Investitionen amortisieren sich binnen weniger Jahre - selbst ohne finanzielle Hilfe aus der Politik. Gewerbetreibende können ihre Stromkosten drastisch senken, indem sie energieintensive Leuchtstoffröhren mit LED-Lampen tauschen. Für größere Betriebe mit mehreren Dependancen gibt es entsprechende Lösungen sogar zur Miete. Hinzu kommt die Notwendigkeit, Neubauprojekte nachhaltig zu konzipieren. Ein gutes Signal ist hier die starke Zunahme der zertifizierten nachhaltigen Gebäude durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.
Kurzvita
Pablo Theux
Mitgründer und Geschäftsführer der KMLS GmbH
Theux ist Experte im Bereich der Energieeffizienz von Gewerbeimmobilien sowie Gründer und Geschäftsführer der KMLS Gruppe. Die KMLS Gruppe mit Hauptsitz in Hamburg steht für intelligente Gebäudetechnik bei Neubau, Umbau oder Revitalisierung. Das 2010 gegründete Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern bietet ganzheitliche Energieberatung und hat einen Jahresumsatz von rund 20 Millionen Euro.
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