Krankenschutz: Sorglos durch die Welt
16.04.16 03:00 Uhr
Kommt es in den Ferien zu Problemen, schützen spezielle Policen vor finanziellen Beinbrüchen. Ein Überblick.
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von Uwe Schmidt-Kasparek, Euro am Sonntag
Mit einem Schrecken und mit guten Vorsätzen für sein künftiges Leben kam Udo Brück (Name von der Redaktion geändert) davon. Auf einer Besichtigungstour brach der 50-jährige Alleinreisende auf seinem Tunesien-Urlaub plötzlich zusammen. Er wurde in ein örtliches Krankenhaus gebracht und sollte, nachdem die Diagnose Herzinfarkt feststand, dort operiert werden.
Brück konnte aber über seinen privaten Reisekrankenversicherer in Deutschland erreichen, dass er in eine größere, besser ausgestattete Klinik verlegt wurde. Nach erfolgreicher Operation und Erholungsphase erfolgte der Rücktransport per Ambulanzflugzeug. Dem tunesischen Krankenhaus erstattete der Versicherer rund 36.000 Euro. Für den medizinisch betreuten Rückflug wurden zudem 29.000 Euro fällig.
Noch teurer kam eine Assekuranz der Trümmerbruch im linken Sprunggelenk von Christine Baumann. Der Rücktransport aus den USA in der Businessklasse inklusive Sanitäter schlug nur mit knapp 13.000 Euro zu Buche, doch für die Heilbehandlungen verlangte die Klinik knapp 152.000 Euro.
Die Fälle zeigen: Die Reisekrankenversicherung ist unerlässlich. Sie gilt weltweit für medizinische Behandlungen wegen Krankheit oder Unfall. Wichtig ist sie aber nicht nur wegen der Kostenerstattung, sondern auch, weil sie die Heilmaßnahmen auf deutschem Niveau organisiert. Zu dem privaten Extraschutz raten Verbraucherschützer, gesetzliche Krankenkassen und das Bundesgesundheitsministerium.
Und zwar auch innerhalb Europas. Dabei scheint das auf den ersten Blick nicht notwendig. Denn die Kassenkarte hat sich längst zur Europäischen Krankenversicherungskarte (Abkürzung: EHIC) gemausert. Daher werden die Versicherten bei Vorlage der Karte in jedem EU-Land sowie in Island, Norwegen und in der Schweiz nach einem Unfall oder bei Krankheit medizinisch kostenfrei betreut.
Niveau des Reiselandes
Allerdings entspricht ihr Versicherungsschutz für Arzt-, Krankenhaus- und Zahnbehandlungen nur demjenigen des Urlaubslandes. Daher kann die Versorgung deutlich schlechter ausfallen als in Deutschland. In Nicht-EU-Staaten und Ländern ohne Sozialhilfeabkommen sind Kassenpatienten also ohne jeglichen Kostenschutz.Zudem werden Rückholungskosten nirgendwo ersetzt. Hier können sogar Privatpatienten betroffen sein. Denn laut dem Verband der Privaten Krankenversicherung gibt es diese Leistung nicht in allen Verträgen. Privatpatienten sparen zudem die Selbstbeteiligung ihres privaten Vertrages, wenn sie über einen eigenen Reiseschutz verfügen.
Doch selbst bilaterale Verträge mit vielen Drittstaaten nutzen wenig, wenn der Erkrankte plötzlich im Ausland in einer schwierigen Notlage zur Kasse gebeten wird. Dann ist es ganz wichtig, dass zumindest eine ausführliche Rechnung ausgestellt wird. Sie sollte Grund, Art und Umfang der Behandlung umfassen. Denn egal, ob später die private Zusatzversicherung oder die gesetzliche Kasse zahlt - die Rechnung wird immer verlangt.
So verweist die Techniker Krankenkasse darauf, dass bei Kostenerstattung für gesetzlich Versicherte nur auf deutschem Niveau gezahlt werden darf und zudem zwölf Prozent Verwaltungskosten abgezogen werden. Der Aufwand für einen sinnvollen Reisekrankenschutz ist gering. Das gilt zumindest für Familien mit Kindern und alle unterhalb des Seniorenalters (siehe Tabelle unten). Allein Senioren müssen deutlich mehr zahlen.
Doch das gilt nicht überall. So macht Deutschlands größter privater Krankenversicherer Debeka bei der Prämie keinen Unterschied zwischen Alt und Jung. Daher zahlen alle Erwachsenen bis ins Greisenalter lediglich acht Euro für einen Jahresvertrag. Das ist für diese Gruppe ein unschlagbares Angebot.
Zudem gewährt die Debeka pro Einzelreise bis zu 70 Tage Schutz. Das ist ein Stolperstein bei Reisekrankenversicherungen. So sollte die maximale Reisedauer pro Reise mindestens 56 Tage betragen. Gute Angebote bieten das.
Da die Jahresprämie bei den meisten Tarifen kaum ins Gewicht fällt, sollten die Kunden unbedingt Tarife mit einer Selbstbeteiligung vermeiden. Familien reisen in der Regel mit speziellen Angeboten besonders günstig. Ein Ehepaar und beliebig viele Kinder sind eingeschlossen. Achten müssen die Eltern aber darauf, bis zu welchem Alter ihr Nachwuchs mitversichert ist.
Kleingedrucktes beachten
Nicht ganz so entscheidend ist eine Abdeckung der sogenannten Such-, Rettungs- und Bergungskosten - bei Erkrankungen als Unfallfolge oder Tod der versicherten Person. Manche Versicherer zahlen hier bis 10.000 Euro, andere leisten gar nichts. Wichtig ist auch, dass laut Versicherungsbedingungen ein Rücktransport bereits erfolgt, wenn er "medizinisch sinnvoll und vertretbar" ist - und nicht erst bei "zwingender Notwendigkeit".Generell gilt: Kunden haben bei der Reisekrankenpolice kaum ein Kaufrisiko. "Jeder Vertrag ist besser als kein Schutz", sagt Georg Pitzl, Versicherungsberater aus Bobingen bei Augsburg.
Was im Urlaub wichtig ist
Grundsätzliches Reisepolicen sollten in aller Ruhe abgeschlossen werden, nicht direkt beim Buchen des Urlaubs. "Mit ein wenig Angst vor Auslandsrisiken wird ganz schnell eine Reiseversicherung mit eingepackt oder angeklickt, die teuer ist oder unnötige Absicherungen enthält", warnt Versicherungsmakler Reinhard Bellinghausen vom Vergleichsportal www.reiseversicherung.com.Reisekrankenversicherung Sie ist unerlässlich und schließt Lücken bei der medizinischen Versorgung auf Reisen außerhalb von Deutschland - vor allem für Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen.
Versicherung für Reiserücktritt und -abbruch Solch eine kombinierte Police kann bei einem teuren Urlaub wichtig sein. Diese Paketlösung ist nach Angaben von Stiftung Warentest etwa 20 Prozent teurer als eine reine Reiserücktrittversicherung. Sie trägt die Stornokosten, wenn man die Reise plötzlich nicht antreten kann, oder den Mehraufwand, wenn die Reise unvorhergesehen abgebrochen werden muss. Doch greift die Kostenübernahme nur, wenn der Grund des Rücktritts oder Abbruchs ausdrücklich in den Bedingungen steht.
Versichert sind beispielsweise schwere Unfallverletzung, unerwartete schwere Erkrankung, Schwangerschaft, Impfunverträglichkeit oder erheblicher Schaden am heimischen Eigentum - wenn etwa das Eigenheim gebrannt hat. Allerdings sagt Professor Ernst Führich, Experte für Reiserecht an der Fachhochschule Kempten: "Angst vor einem Terrorangriff oder einem Flug berechtigt nicht zur Stornierung, sondern ist Teil des persönlichen Lebens- und Reiserisikos." Ebenfalls wichtig: Für die meisten Urlauber ist der Abschluss einer Jahrespolice deutlich günstiger, als für jede Reise eine Einzelpolice abzuschließen.
Reisegepäckversicherung Sie ist unnötig. "Der Verlust von Reisegepäck ist in der Regel eher ärgerlich als finanziell belastend", sagt Georg Pitzl, Versicherungsberater aus Bobingen bei Augsburg. Bei der Leistung gibt es zudem schnell Ärger, weil der Versicherer wegen grober Fahrlässigkeit hohe Abzüge machen kann. Zudem zahlen die Verkehrsfirmen, wenn Koffer auf Fahrt oder Flug beschädigt werden oder verloren gehen. Der Hausratversicherer zahlt, wenn Wertgegenstände aus dem Hotel von Einbrechern gestohlen werden.
Die besten Reisekrankenversicherungen (pdf)
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