Euro am Sonntag-Interview

Steuer-Experte Tappen: "Vorsicht Steuerfallen"

10.09.16 12:00 Uhr

Steuer-Experte Tappen: "Vorsicht Steuerfallen" | finanzen.net

Ab 2018 ändern sich die Steuerregeln für Altfonds, die vor Einführung der Abgeltungsteuer gekauft wurden. Falko Tappen erläutert die Details.

von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag

Euro am Sonntag: Gelten die Neuregelungen nur für klassisch gemanagte Investmentfonds oder auch für ETFs und Zertifikate?
Falko Tappen: Das neue Investmentsteuergesetz gilt für alle offenen Investmentfonds. Dazu zählen auch ETFs. Zertifikate gelten nicht als Investmentfonds, sondern genießen einen eigenen Bestandsschutz und fallen deshalb nicht unter die Neuregelung.

Bekommen Anleger nach dem 31. Dezember 2017 von ihrer Depotbank automatisch eine Bescheinigung über die bei Altfonds aufgelaufenen Kursgewinne?
Nur auf Antrag müssen Kreditinstitute Steuerpflichtigen dazu Auskunft erteilen. Nach den Vorschriften des neuen Investmentsteuergesetzes -haben depotführende Geldinstitute, die Fonds-Altanteile verwahren oder verwalten, bis zum 31. Dezember 2020 Zeit, den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung zu ermitteln. Diese Information müssen die Banken dann solange vorhalten, bis Kunden die Altfonds tatsächlich veräußern.

Was ist bei Depotüberträgen zu beachten?
Überträgt der Anleger die Alt-Anteile auf ein anderes Depot, muss die abgebende Stelle dem übernehmenden inländischen Institut die Gewinninformation weiterreichen. Offen ist bislang, wie diese Information im Einzelnen beim Steuerabzug oder bei der Erstellung der Erträgnisaufstellungen und Bank-Steuerbescheinigungen zu berücksichtigen sind. Das Bundesfinanzministerium dürfte seine einschlägigen Maßgaben an die Kreditinstitute hierzu in Absprache mit den Bankenverbänden demnächst entsprechend ergänzen.

Falls Aktien-Altbestände weiter steuerfrei bleiben - ist das eine Ungleichbehandlung, die gerichtlich mit Erfolgsaussicht angreifbar ist?
Soweit die bestandsgeschützten Alt-Aktien steuerfrei bleiben, könnte man den begrenzten Bestandsschutz für Fonds-Altanteile Im Lichte des Gleichheitsgebotes kritisch sehen, Die Gesetzesbegründung verneint dies jedoch, Um gleichwohl das Vertrauen eines Kleinanlegers, für den die Bestandsschutzregelung bei Einführung der Abgeltungssteuer gedacht war, nicht zu enttäuschen, wird der neue Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro eingeführt. Das heißt, auch die ab 2018 anfallenden Veräußerungsgewinne bleiben bis zu diesem Betrag steuerfrei. Dadurch dürfte sich für die weit überwiegend Zahl aller Steuerpflichtigen faktisch weiterhin ein Bestandsschutz hinsichtlich der vor 2009 erworbenen Investmentanteile ergeben.

Gilt der neue 100.000 Euro-Steuerfreibetrag bei Ehepaaren mit Gemeinschaftsdepots jeweils pro Anleger, verdoppelt er sich in dieser Konstellation also auf 200.000 Euro?
Die Regelung für bestandsgeschützte Alt-Anteile ist Anleger bezogen. Der jeweilige Freibetrag ist - wie der fiktive Gewinn - vom Fiskus jährlich gesondert festzustellen bis zum Verbrauch durch das für den Anleger zuständige FA. Das sollte dann bei Ehepaaren mit Gemeinschaftskonto zur Verdoppelung führen - analog zur übergreifenden Verrechnung von Verlusttöpfen und Sparer-Pauschbeträgen.

Was ist, wenn Fonds-Altbestände nach dem 31. Dezember 2017 vererbt werden?
Der Erbfall und der korrespondierende Depotübertrag sind steuerrechtlich keine Veräußerung der Altfonds-Anteile. Erben treten in die Position des Erblassers ein. Insoweit haben sie als "Anleger von Alt-Anteilen" einen eigenen Freibetrag in Höhe von 100 000 Euro. Aber den Steuerfreibetrag des Erblassers erben sie nicht - sonst hätte sie ja zwei Freibeträge.

Kurzvita

Falko Tappen ist Professor für betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Hochschule Ulm und Steuerberater.

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