Euro am Sonntag-Interview

Lloyd’s-Chefin: "Clinton würde ich gern versichern"

18.05.15 03:00 Uhr

Lloyd’s-Chefin: "Clinton würde ich gern versichern" | finanzen.net

Inga Beale, die Chefin von Lloyd’s, spricht über ihre Rolle an der Spitze des ältesten Versicherers der Welt, über die Bedeutung von Traditionen in ihrem Geschäft und über die besondere Rolle ihrer prominenten Kunden.

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von IrIs Kuhn-Spogat und Pascal Ihle, Euro am Sonntag

Seit Januar 2014 gibt Inga ­Beale als Chefin bei Lloyd’s of London den Ton an. Angesichts der langen Historie des Ver­sicherers ist dieser Zeitraum nur ein Wimpernschlag in dessen Geschichte. Bereits im Jahr 1688 begann Edward Lloyd, ein Londoner Kaffeehausbesitzer, wohlhabende Londoner Geschäftsleute Anteile an Risiken zeichnen zu lassen, die mit dem möglichen Untergang von Handels­schiffen verbunden waren. Daraus entstand der größte internationale Versicherungsmarkt, in dem sich Mitglieder, Versicherungsgesellschaften und reiche Privatleute zusammenschließen und gemeinsam Risiken ­absichern. Das nicht-börsennotierte Unternehmen Lloyd’s überblickt mit rund 1.000 Mitarbeitern den Markt, sorgt für sein Funktionieren und wacht über dessen Ruf. 2014 erziel­te Lloyd’s einen Gewinn von rund 4,4 Milliarden Euro.

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€uro am Sonntag: Haben Sie sich jemals den Job als Chefin von Lloyd’s vorstellen können?
Inga Beale:
CEO ja, Lloyd’s nein. Als ich in den 80er-Jahren in der Versicherungsbranche anfing, arbeitete ich in London im Gebäude gegenüber von Lloyd’s. Und ich hätte mir nie vorstellen können, für Lloyd’s zu arbeiten.

Weshalb?
Das wirkte auf mich alles so tradi­tionell, verstaubt - so richtig old fashioned. Ich hätte echt nie gedacht, dass ich hier lande.

Was hat Sie umgestimmt?
Es war das, was hier von mir er­wartet wird. Ich soll einerseits dafür sorgen, dass sich der Horizont erweitert. Lloyd’s ist stark auf London ­fokussiert. Da schwingt das Denken des einstigen Empire mit, wonach London der Mittelpunkt der Welt ist. Will jemand etwas von uns, dann soll er zu uns kommen. Aber die Welt ändert sich rasant. Was einmal richtig war, ist es unter Umständen nicht mehr für die Zukunft. Außerhalb Londons ist derzeit eine riesige Versicherungsindustrie am Entstehen. Mit meiner langjährigen Erfahrung im Ausland habe ich Erfahrung mit dieser Dynamik. Das dürfte den Ausschlag gegeben haben.

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Lloyd’s ist 327 Jahre alt und urtraditionell. Was wollen Sie bewegen?
Wir haben eine Studie erstellen lassen, um zu zeigen, was auf dem weltweiten Marktplatz geschieht. In Ländern mit hohem Wirtschaftswachstum entsteht ein ganz neuer Versicherungsmarkt. Er wächst rasend schnell und funktioniert anders. Diese Entwicklung ist klar eine Bedrohung für uns. Aber wir halten nun dagegen.

Wie?
Traditionellerweise kommen die Spezialisten für komplexe Versicherungsfälle auf den Londoner Markt. Aber nun wachsen Märkte wie China, Mexiko oder Brasilien. Dort werden lokal Expertisen aufgebaut. Lloyd’s ist ein globaler Anbieter, kein lokaler. Das müssen wir ändern. Wir bauen re­gionale Zentren auf, gehen dahin, wo das Geschäft ist, und warten nicht länger darauf, dass das Geschäft zu uns kommt: Voriges Jahr haben wir Hubs in Peking und Mexiko eröffnet, kürzlich in Dubai.

Sie erschließen für Lloyd’s die Welt, allerdings etwas spät.
Das kommt, weil wir zu traditionalistisch gedacht haben und bis vor Kurzem über­zeugt waren, London sei der Nabel der Welt. Es war auch mein Denken. Erst da­durch, dass ich London verlassen und an verschiedenen Orten gearbeitet habe, stellte ich fest, dass das für die vergangenen 300 Jahre wohl stimmte, aber nicht für die 300 nächsten. Wir sind etwas spät dran mit dieser Erkenntnis, aber jetzt umso entschlossener.

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Können Sie die verlorene Zeit überhaupt noch aufholen?
Der Wettbewerb ist hart. Wir überprüfen, ob das Prämienwachstum, das wir mit Versicherern in China, Singapur und Hongkong erzielen, mit dem der Konkurrenz mithält.

Ist Lloyd’s im Ausland denn überhaupt willkommen?
Ganz klar. Bei der Eröffnung in ­Dubai kürzlich haben wir vom Regulator eindeutig das Zeichen bekommen, dass unsere Präsenz insbesondere für die lokalen Versicherer großartig ist. Denn Lloyd’s kommt ins Land und hilft, Standards zu setzen oder zu heben. Das ist eine Art Win-win­-Situation.

Sie nabeln den Konzern von London ab. Welche Pläne verfolgen Sie noch?
Ich bin hier, um einiges zu moder­nisieren. Eine herausfordernde Aufgabe, denn es geht gleichzeitig ­ darum, unsere guten Leute zu behalten. Schließlich sind sie der Grund für unseren Ruf. Andererseits müs­sen wir unbedingt attraktiv sein für neue Talente. Wir müssen die Generation Y zu uns locken. Die finden Versicherungen nicht natürlicherweise attraktiv.

Wie wollen Sie das ändern?
Indem wir alles daran setzen, dass Lloyd’s ein dynamischer, pulsierender Ort wird, der seinen Talenten spannende Karrieren bietet.

Wo liegen die Gefahren?
Besonders unvorhersehbar - mal abge­sehen vom Wetter - sind die Menschen. Man kann sie nicht kontrollieren wie Daten, von denen wir extrem viele haben. Man weiß nie, was die Leute tun werden. Das ist das, was mir am meisten Sorge macht.

Vom Trend des Crowdfunding fühlen Sie sich nicht bedroht?
Wir sind ja das Original dieser Idee, haben Crowdfunding quasi erfunden vor über 300 Jahren! Es heute aufzuziehen ist möglich, aber riskant.

Ist der Lloyd’s-Slogan "We insure everything" eigentlich immer noch gültig?
Ja, mit Ausnahmen. Es darf nicht illegal sein oder aus Ländern kommen, die mit Sanktionen belegt sind.

Würden Sie den IS versichern?
Wir versichern Unternehmen gegen terro­ristische Angriffe, aber Terroristen versichern wir nicht.

Lloyd’s ist berühmt dafür, Berühmtheiten zu versichern. Ist das ein wichtiger Geschäftszweig?
Das ist kommerziell nicht wichtig, aber es ist immer noch ein Geschäft. Mir gefällt es, dass wir die Zunge des Kaffeetesters eines Kaffeehauses versichern und dergleichen. Es sind nicht nur Berühmtheiten.

Wie Dolly Partons Brüste, Keith Richards Finger, Bruce Springsteens Stimme oder James Deans Leben?
Das ist ein gutes Marketingtool für unseren Ruf, und die Leute mögen diese Geschäfte.

Wen würden Sie gern versichern?
Hillary Clinton. Sie ist eine sehr gute Rednerin und eine starke Frau.

Und was konkret würden Sie versichern wollen?
Ihre Ideen.

Ist das überhaupt möglich?
Wenn sie es wollte? Unsere Philosophie ist nach wie vor: Kommen Sie vorbei, erzählen Sie uns, was Sie versichern lassen wol­len, und unsere Experten errechnen einen Preis. Das ist ja das Einzigartige an unserem Geschäftsmodell. In großen Versi­cherungsgesellschaften gibt es hierfür Komitees. Wir haben diese Einzigartigkeit, dass unsere Underwriter selbst verhandeln und auch entscheiden können, nicht geändert. Es ist eine Basis unseres Erfolgs ...

... wie die Profitabilität von Lloyd’s zeigt.
Genau. Das Underwriting ist unser Herzstück. Und dort pflegen wir Tradi­tionen, die wir nicht modernisieren wollen, weil sie hervorragend funktionieren und auch weiter funktionieren werden.

Was ist die größte Bedrohung, welche die Versicherer künftig abdecken müssen?
Cyberangriffe. Es gibt rund um die Welt immer mehr Angriffe und die Gefahr lau­ert überall. Wir haben uns hier als Pioniere positioniert. Wir haben einen Marktanteil weltweit von 15 Prozent.

Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie hörten, dass Ihr Versicherungskollege Tidjane Thiam neuer CEO der Credit Suisse wird?
Er hat einen exzellenten Ruf und Leistungnachweis. Er hat bei Prudential einen super Job gemacht. Er ist bedacht, kreativ, sehr technisch.

Kann ein Versicherungsmanager überhaupt eine Bank führen? Zahlreiche Allfinanz-Versuche sind in der Vergangenheit kläglich gescheitert.
Sicher. Ich bin überzeugt, wenn man Le­benserfahrung hat und Erfahrung in der Geschäftsführung, kann man mehr oder weniger jedes Geschäft leiten. Ich würde gern einmal eine Pharmafirma führen.

Wie bitte?
Ich finde Pharma spannend. Zwar nehme ich selbst keine Medikamente, außer ich muss. Aber ich möchte gern dereinst verstehen, was dieses Geschäft ausmacht.

Und welches Geschäft würden Sie keinesfalls führen wollen?
Die FIFA.

Der Weltfußballverband könnte aber jemanden wie Sie gut gebrauchen.
Ich brauche aber ein gewisses Interesse am Kernprodukt, und Fußball interessiert mich als ehemalige Rugbyspielerin überhaupt nicht.

Erste Chefin und
Studienabbrecherin
Die 51-jährige Britin ist seit Januar 2014 Geschäftsführerin von Loyd’s - die erste in der 327-jährigen Geschichte des Unternehmens. Ihre Karriere begann recht ungewöhnlich. Das Wirtschaftsstudium am Newbury College in England schmiss Inga Beale wegen "totaler Langeweile" hin, sie heuerte als Sachbearbeiterin beim Versicherer Prudential an. Danach ging Beale, die in der Schweiz wohnt, zu General Electric, zur Versicherung Zurich und zum Rückversicherer Canopius, ehe sie bei Lloyd’s das Ruder übernahm.

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Bildquellen: Lloyd’s

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