Euro am Sonntag-Interview

ING-DiBa-Chef: "Haben in Deutschland ein Luxusproblem"

15.02.16 03:00 Uhr

ING-DiBa-Chef: "Haben in Deutschland ein Luxusproblem" | finanzen.net

Roland Boekhout, Chef der ING-DiBa, feiert einen Rekordgewinn, während andere Banken Milliardenverluste melden. Wie er die Zukunft des deutschen Bankenmarkts sieht.

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von Sabine Gusbeth, Euro am Sonntag

Zum ersten Mal hat die ING-DiBa die Schallmauer von einer Mil­liarde Euro Vorsteuergewinn durchbrochen. Während die Deutsche Bank versichern muss, dass sie ihre Anleihen bedienen kann, geht es für Deutschlands drittgrößte Privatbank um Wachstum. Vorstandschef Roland Boekhout verrät, warum ihn Nullzinsen nicht treffen und wann er Filialen eröffnen würde.



€uro am Sonntag: Herr Boekhout, seit eineinhalb Jahren sind die Zinsen in der Eurozone auf Rekordtief. Wie lange bleibt das noch so?
Roland Boekhout:
Wie lange die Zinsen noch auf diesem Rekordtief verharren, ist schwer abzuschätzen. Sie werden auf jeden Fall auch 2016 noch sehr niedrig bleiben.

Obwohl der Leitzins nur noch 0,05 Prozent beträgt, gewähren Sie Neukunden ein Prozent Zins auf Tagesgeld. Wie rechnet sich das?
Wie Sie selbst sagen, gilt der Zinssatz nur für Neukunden und auch nur für die ersten vier Monate. Es ist sozusagen ein zusätzlicher Anreiz, zu uns zu wechseln. Die Menschen haben keine Lust, sich mit Bankgeschäften auseinanderzusetzen, und der Bankenwechsel ist ihnen oft zu aufwendig. Aufgrund unseres effizienten Geschäftsmodells und der sehr guten Kostenstruktur sind wir in der glücklichen Lage, unseren Kunden noch deutlich bessere Konditionen anzubieten als der Wettbewerb.


Wie wirken sich die Minizinsen auf das Sparverhalten der Deutschen aus?
Wir erhalten immer noch einen konstant hohen Zustrom an neuen Spargeldern. Insbesondere beim Tagesgeld. Wir merken aber auch, dass sich unsere Kunden mehr mit Wertpapieren beschäftigen und Depots eröffnen. Im vergangenen Jahr konnten wir den einmillionsten Depotkunden begrüßen.

Viele Deutsche setzen trotz Niedrig­zinsen aufs Sparbuch. Zu welchen Alternativen würden Sie Kunden raten?
Das hängt von vielen Faktoren, etwa Anlagesumme und Anlagehorizont, ab. Prinzipiell ist trotz niedriger Zinsen das Tagesgeld in puncto Sicherheit und täglicher Verfügbarkeit immer noch eine sehr gute Wahl. Falls man etwas Geld auf der hohen Kante hat, können durchaus auch Wertpapiere sinnvoll sein. Wichtig bei allen Finanzgeschäften ist, dass man sich vorher informiert.


Warum schrecken die Deutschen Ihrer Meinung nach davor zurück, mehr Geld in Aktien zu stecken?
Die Deutschen sind im Vergleich zu anderen Ländern sehr sicherheitsorientiert. Dazu kommt, dass viele in Zeiten des Neuen Markts oder beim Ausbruch der Finanzmarktkrise schlechte Erfahrungen mit Aktien gemacht haben. So etwas prägt viele Anleger noch.

Die niedrigen Zinsen zwingen viele ­Finanzinstitute zum Sparen. Trifft das auch die ING-DiBa?
Wir sind zwar wie alle Institute von der Dauerniedrigzinsphase betroffen, allerdings nicht in dem Ausmaß. Unsere schlanke Aufstellung erlaubt es uns, trotz der Niedrigzinsphase noch Geld zu verdienen. Unser Rekordergebnis von über 1,1 Milliarden Euro vor Steuern im vergangenen Jahr zeigt dies deutlich.

Viele Banken schließen aus Kostengründen Filialen. Die HypoVereinsbank macht sogar jede zweite dicht. Die Deutsche Bank will die Postbank verkaufen und 200 Geschäftsstellen schließen. Auch die Sparkassen dünnen ihr Filialnetz aus. Wann schließt in Deutschland die letzte Bankfiliale?
Sicher werden in den nächsten Jahren Tausende von Bankfilialen in Deutschland schließen. Schließlich gibt es immer noch über 20.000 Filialen. Das sind viel zu viele. Trotzdem glaube ich, dass es auch in Zukunft Bankfilialen geben wird. Nur: Sie werden ganz anders aussehen als heute.

Im vergangenen Jahr hat die ING-DiBa - ganz ohne Filialen - im Schnitt pro Tag 1.000 neue Kunden gewonnen. Sind Sie damit zufrieden?
Auf jeden Fall. Unser konstanter Wachstumskurs hat sich fortgesetzt. Wir stehen bei der Werbung von Neukunden sogar etwas auf der Bremse, denn wir wollen kein Wachstum um jeden Preis. Wichtig ist ein gesundes Wachstum: Wir müssen die Liquidität, die reinkommt, auch sinnvoll anlegen können. Da brauchen wir eine Balance.

Wollen Sie weiter organisch wachsen wie bisher - oder planen Sie zudem auch Akquisitionen?
Wir haben in Deutschland ein Luxusproblem. Unser organisches Wachstumsmodell funktioniert so gut und wir sind so profitabel, dass eigentlich keine Investition in eine Übernahme bestehender Kunden Sinn macht. Jeder Euro, den wir in organisches Wachstum stecken, ist besser investiert, als es ein Euro in einer Übernahme sein könnte. Nicht zu vergessen, dass bei Übernahmen immer Kosten für die Integration entstehen.

Planen Sie denn, eigene Filialen in Deutschland zu eröffnen?
Hierzulande sehe ich den Bedarf dafür nicht. Zumal das Wachstum mit unserem Direktmodell bislang noch sehr stark ist. Das heißt, wir gewinnen genug Kunden, die ohne Filiale glücklich sind - solange unser Service stimmt.

Die Postbank und ihre mehr als 5.000 Filialen stehen gerade zum Verkauf. Wäre das nicht etwas für Sie?
Zukäufe und Kooperationen sind für uns momentan nur in Bereichen inte­ressant, in denen wir ganz neues Know-how bekommen.

Das heißt, Sie würden eher die Fähigkeiten eines Start-ups einkaufen als die Kunden der Postbank?
Natürlich hat die Postbank viele Kunden. Aber was würde eine Fusion von ING-DiBa und Postbank den Kunden bringen? Ich sehe hier wenig Potenzial.

Potenzial sehen Sie dagegen im Firmen­kundengeschäft, wo Sie jedes Jahr zweistellig wachsen wollen. Haben Sie dieses Ziel 2015 erreicht?
Wir sind auch im vergangenen Jahr im Unternehmenskundengeschäft wieder deutlich gewachsen. Das Kreditvolumen hat sich mit 15,5 Milliarden Euro im Vergleich zu 2014 fast verdoppelt. Es geht sogar schneller voran als ursprünglich geplant. Sowohl die Anzahl der Transaktionen als auch unsere Bedeutung im Markt nimmt immer weiter zu.

Warum ist das Firmenkundensegment für Sie so interessant?
Es ist eine sinnvolle Diversifikation unseres Anlageportfolios und der Ertragsquellen. Wir schaffen uns dadurch eine weitere attraktive und zugleich risiko­arme Anlagemöglichkeit. Und wir sind damit unabhängiger von den Kapitalmärkten. Zudem bleibt das Risikoprofil der Gesamtbank trotz des Kreditwachstums weiterhin stabil.

Der Wettbewerb um Firmenkunden gilt als ruinös. War das Wachstum, das Sie in diesem Bereich erzielt haben, auch profitabel?
Ja, der Bereich ist absolut profitabel und hat auch 2015 wieder einen wichtigen Beitrag zu unserem äußerst positiven Gesamtergebnis geleistet.

Die ING-DiBa hat als kostengünstige ­Direktbank vielen traditionellen Filialbanken preisbewusste Privatkunden abgejagt. Lässt sich dieses Modell auch auf den Geschäftskundenbereich übertragen?
Nur bedingt, da die Kundenanforderungen und Lösungen dort in der Regel komplexer sind als im Privatkundengeschäft. Wir sind uns aber sicher, dass die ING-DiBa nicht nur im Privatkundengeschäft, sondern auch im Firmenkundengeschäft erfolgreich anders ist. Wir arbeiten wirklich mit den Unternehmenskunden zusammen, rollen die Ärmel im Gespräch mit Finanzvorstand und Treasurer hoch und sind weniger formell als andere Banken. Unsere starke Marke im Privatkundengeschäft öffnet uns aber durchaus auch Türen bei großen Unternehmen.

Viele Privatkunden kommunizieren nur noch per Telefon oder online mit ­ihrer Bank. Gilt das auch für Geschäftskunden?
Hier ist es eher das persönliche Gespräch, sozusagen von Angesicht zu Angesicht, das im Vordergrund steht.

Wenn Sie in diesem Bereich wachsen wollen, brauchen Sie dann vielleicht doch Filialen?
Es gibt nichts, was grundsätzlich gegen Filialen spricht. Wenn wir merken, dass die Kunden das klassische Beratungsgespräch in einer Filiale nachfragen, würden wir Filialen in Betracht ziehen.

Vita

Der Bank-Reisende
Roland Boekhout, geboren 1963, studierte BWL und Management in Rotterdam und Paris. Seit 1991 arbeitete er im ING-Konzern in unterschiedlichen Positionen in Polen, Mexiko und den Niederlanden. Seit 2010 ist Boekhout Vorstandsvorsitzender der ING-DiBa. Er sitzt im internationalen Führungsgremium der ING-Gruppe.

ING-Diba

Nummer 3 in Deutschland
Die Tochter der ­niederländischen Bank- und Versicherungsgruppe ING ist mit 8,5 Millionen Kunden die ­drittgrößte Bank für Privatkunden in Deutschland und beschäftigt in Deutschland und Österreich 3.700 ­Mitarbeiter. 2015 ­erreichte die Bank erstmals ein Vorsteuerergebnis von mehr als einer ­Milliarde Euro.

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Bildquellen: Axel Griesch fuer Finanzen Verlag

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