Immobilien: Neue Regeln, neue Projekte
31.01.16 15:00 Uhr
Alternative Investmentfonds sind die Nachfolger der Geschlossenen Fonds. Sie können ein interessanter Gegenentwurf zu Direktanlagen sein. Worauf man achten sollte.
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von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag
In turbulenten Börsenzeiten bleiben deutsche Immobilien aus Sicht von Investoren ein sicherer Hafen. Bei Immobiliendeals wechselten vergangenes Jahr Objekte im Gesamtwert von 55,5 Milliarden Euro den Eigentümer.
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Die Suche nach Betongold ist aber nicht exklusiv Großinvestoren vorbehalten. Privatanleger, die eine Direktanlage nicht allein stemmen wollen, können sich unter der Ägide eines Fondsinitiators zusammenschließen und gemeinsam in Wohnimmobilien, Studentenapartments, Büro- oder Einzelhandelsobjekte investieren.
Das passende Anlagevehikel dafür sind Alternative Investment Fonds (AIFs). Bei diesen unternehmerischen Beteiligungen mit Fondslaufzeiten von oftmals mehr als zehn Jahren sind Investoren bei Immobilienprojekten als Gesellschafter mit von der Partie, die bis zur Höhe ihrer Kapitaleinlage haften.
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Die Fondsinitiatoren wollen bei Privatinvestoren wieder verstärkt Kapital einsammeln. "Wir erwarten dieses Jahr deutlich steigende Platzierungszahlen und mehr neue Angebote", sagt Michael Ruhl, Geschäftsführer bei Hannover Leasing, einem der großen Akteure der Beteiligungsbranche.
Die Talsohle scheint durchschritten: Mehr als zwei Jahre haben die meisten Anbieter gebraucht, um die Vorschriften des im Jahr 2013 neu eingeführten Kapitalanlagegesetzbuchs umzusetzen. Seitdem gelten für Initiatoren und Investoren von Immobilienbeteiligungen strengere Regeln: AIFs werden von der Finanzmarktaufsicht Bafin schärfer überwacht als das Vorgängerprodukt Geschlossene Fonds.
Strenge Aufsicht für Anbieter
In den Verkaufsprospekten müssen die möglichen Risiken einer Immobilienbeteiligung strikt getrennt von den Anlagechancen aufgelistet sein. Emittenten dürfen auch auf die bei Anlegern eingeworbenen Gelder nicht mehr direkt zugreifen, sondern müssen dafür eine Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) zwischenschalten. Deren Zulassung muss bei der Bafin extra beantragt werden.Werbung
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Auch Fondsmanager müssen der Bafin nun "einschlägige Geschäftserfahrung" nachweisen. Zudem dürfen AIFs maximal 60 Prozent ihrer Investitionssummen über Darlehen finanzieren - zuvor gab es kein Kreditlimit.
Auch für Anleger haben sich die Spielregeln geändert. Im Gegensatz zu Offenen Immobilienfonds, deren Anteile klein gestückelt sind, liegt die Mindestzeichnungssumme für AIFs bei 10.000 Euro. Investiert der Fonds nur in eine Immobilie, muss man sich mit mindestens 20.000 Euro daran beteiligen.
Die hohen Eintrittshürden sollen Kleinanleger vor übereilten Entscheidungen bewahren. Sie wurden in der Vergangenheit durch schwarze Schafe der Branche massiv geschädigt. Das konnte bis zum Totalverlust gehen. "Ob es dadurch tatsächlich zu der vom Gesetzgeber angestrebten Marktbereinigung kommt, bleibt abzuwarten", sagt Fondsanalyst Uli Richter.
Ebenfalls zu beachten: Wer sich für eine Immobilienbeteiligung entscheidet, muss sich in der Regel bereits vor dem Fondsbeitritt im Klaren sein, ob er in Wohn-, Büro- oder Einzelhandelsobjekte investieren möchte.
"Für Wohnimmobilienfonds spricht der hohe Nachholbedarf im Neubaubereich, die Unterbewertung von Wohnungen hierzulande im europäischen Vergleich und die seit Jahrzehnten hohe Wertstabilität der Objekte in deutschen Metropolen", sagt Wolfgang Dippold, der sich mit seiner Firma Project Investment auf dieses Marktsegment spezialisiert hat.
Effektive Risikostreuung
"Wohnimmobilien werden wegen der Niedrigzinsen und der stabilen wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland ein gefragtes Anlageziel bleiben", meint auch Bernd Ital, Vorstand beim Konkurrenten ZBI. "Hinzu kommt ein unschlagbares Rendite-Risiko-Profil dieser Anlageform. Schließlich können nicht alle Mieter der Fondsobjekte gleichzeitig ausziehen."Zudem ersparen Mehr-Objekt-Fonds ihren Investoren den hohen Verwaltungsaufwand, den sie als Einzelvermieter hätten, bieten ihnen eine Risikostreuung und - bei professionellem Management - oft auch eine bessere Aussicht auf eine Wertsteigerung der Immobilien.
Aufgrund der Preissteigerungen in deutschen Großstädten sind aber auch die Renditeperspektiven der Wohnimmobilienfonds gesunken. Vor fünf Jahren wurden für neu aufgelegte Beteiligungen Ausschüttungen zwischen sieben und neun Prozent jährlich prognostiziert. Aktuell sind es noch drei bis sechs Prozent per annum.
Im Vergleich dazu entwickelt sich der Büroimmobilienmarkt dynamischer - nach oben wie nach unten. "Entscheidend für den Investmenterfolg ist hier die Kompetenz des Fondsmanagers, das richtige Objekt zum richtigen Zeitpunkt zu kaufen", sagt Gabriele Volz, Chefin der Unicredit-Tochter Wealthcap, die sich auf Büroimmobilien konzentriert.
"Anleger fragen derzeit verstärkt risikogemischte Fonds nach", meint HL-Manager Ruhl. Wer beide Arten von Betongold - Wohn- und Gewerbeobjekte -im Portfolio haben möchte, findet im Real I.S. Grundvermögen einen AIF, der in verschiedene Nutzungsarten investiert. Die angestrebten Ausschüttungen sind hier mit vier bis 4,5 Prozent jährlich aber niedriger als bei der Konkurrenz.
"Sowohl die von den Anbietern kalkulierten als auch die realistisch erzielbaren Renditen sind für mich unter dem Strich nicht ganz überzeugend", meint Fondsanalyst Richter.
Ebenfalls nicht vernachlässigen sollten Interessenten die in der Regel hohen Nebenkosten. Banken und freie Finanzvertriebe berechnen auf das investierte Kapital in der Regel fünf Prozent Ausgabeaufschlag, auch Agio genannt. Dazu kommen noch die Innenprovisionen der Vermittler, die auch nach der Reform bei durchschnittlich acht bis zehn Prozent liegen. Für die laufende Fondsverwaltung fallen zudem Gebühren von bis zu 1,5 Prozent pro Jahr an.
Immerhin: Die seit rund zwei Jahren gesetzlich vorgeschriebene Zwischenschaltung einer Kapitalverwaltungsgesellschaft erhöht nach einer Umfrage von €uro am Sonntag bei den großen Fondsanbietern die zusätzlichen Kosten für die Anleger, die sogenannten Weichkosten, nicht zusätzlich. Die Investitionsquoten - also der Anteil der Zeichnungssumme, der tatsächlich in die Fondsobjekte fließt - bleiben demnach unverändert.
Nicht mehr als zehn Prozent
Bei Zinsen nahe null für Sparbücher, Tages- und Festgelder scheinen die versprochenen Ausschüttungen für Immobilienbeteiligungen dennoch für viele Anleger verlockend.Die Faustregel, damit das Risiko-Rendite-Verhältnis stimmt: Nicht mehr als zehn Prozent des Gesamtvermögens in Immobilien-AIFs investieren.
Immobilienbeteiligungen (pdf)
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