Euro am Sonntag

Begräbnisse: Umsonst ist nur der Tod

07.11.15 03:00 Uhr

Begräbnisse: Umsonst ist nur der Tod | finanzen.net

Baumbestattung oder Fangrab - die ewige Ruhe kann an ungewöhnlichen Orten stattfinden. Doch auch billig liegt im Trend. Was rund um den letzten Gang wichtig ist.

von Gisela Haberer, Euro am Sonntag

Es wirkt auf den ersten Blick wie ein himmlisches Schnäppchen. Schon ab umgerechnet 1.150 Euro setzt der texanische Weltraumbestatter Celestis seinen Werbespruch um: "Aus Sternen sind wir geboren, zu den Sternen kehren wir zurück." Für den Einstiegspreis werden ein paar Gramm Asche in einer lippenstiftgroßen Kapsel in die Schwerelosigkeit transportiert - und zurück. Wer seine letzte Ruhe für immer im Orbit finden will, muss dafür schon 4.400 Euro berappen. Gut 11.000 Euro kostet die "Beisetzung" auf der Mondbahn oder in den Weiten des Alls.



Fünfstellige Summen kommen auch für eine normale Bestattung zusammen. Schon die grundlegenden Gebühren für Totenschein, Sterbeurkunde und Friedhofsnutzung summieren sich mit Kosten für Sarg oder Urne, Grabstein, Blumenschmuck, eventuell Krematorium oder Überführung plus Ausgaben für Trauerfeier und Leichenschmaus. Grund genug, auch jenseits von Allerheiligen und Allerseelen - am 1. und 2. November gedenken die Katholiken traditionell der Verstorbenen - an den letzten Gang zu denken. Im günstigsten Fall kommt eine übliche Bestattung auf 3.600 Euro, im teuersten aufs Zehnfache, errechnete die Stiftung ­Warentest.

Werden dann noch ein paar Gramm der Asche ins All geschickt, kommen diese Kosten obendrauf. Allerdings: "In Deutschland sind solche extrem ungewöhnlichen Bestattungen selten", erklärt ein Sprecher von Aeternitas (der eingetragene Verein berät rund um den Trauerfall). Es seien zwei andere Trends zu beobachten: billig oder persönlich. Über 500 Discountanbieter, teils aus Nachbarländern, bieten Begräbnisse für rund 1.000 Euro an - in Sarg oder Urne aus Pappe im anonymen Gräberfeld. Daneben mehren sich aber auch Bestattungen und Grabmale mit sehr privater Note, beispielsweise von Fußballfans.


Bundesweit erschüttern besondere Wünsche die Friedhofsruhe. So wird die Schweizer Idee der Baumbestattung ­immer beliebter. 2001 eröffnete in Deutschland der erste "Friedwald". Heute gibt es zahlreiche kommerzielle Anbieter, die beiden größten heißen Friedwald und Ruheforst. Der günstigste Liegeplatz kostet ab 700 Euro. Ein Grab unter mächtigen Bäumen, die ganzen Familien oder Freundeskreisen für 99 Jahre Platz geben, kommt auf über 6.000 Euro. Inzwischen weisen Kommunen selbst Urnen- oder Ruhehaine aus (Adressen unter www.naturbestattungen-online.de).

Kleine Kommunen oft günstiger

Innerhalb eines Friedhofs sind die Unterschiede zwischen Erd-, Urnen- oder Baumgrab häufig relativ gering. Warum? Die Kommunen legen die Betriebskosten ihrer Friedhöfe auf die Bestattungen um. Vielerorts sinkt die Zahl der Einwohner und damit der Begräbnisse, gleichzeitig steigt die Nachfrage nach kleinen Urnengräbern und kürzeren Ruhezeiten. Der Ausweg: Um die ­Unterhaltskosten trotzdem zu decken, wird die Gebühr für Neugräber erhöht.

Allerdings schwanken die Grabpreise zwischen den Kommunen erheblich. "Noch sind meist kleinere Kommunen, vor allem Dörfer, günstiger als größere Städte", erklärt der Aeternitas-­Sprecher, "doch Verlass ist darauf nicht." Beispiel Region Hannover: Auf den Friedhöfen der Landeshauptstadt kostet ein Erdreihengrab für 20 Jahre knapp 2.000 Euro und liegt damit schon deutlich über dem Bundesdurchschnitt von knapp 1.600 Euro für 25 Jahre. Das viel kleinere Seelze vor den Toren Hannovers verlangt für 25 Jahre sogar 2.440 Euro. In der Nachbarstadt Garbsen, fast doppelt so groß wie Seelze, gibt es 30 Jahre für nur 1.360 Euro.


Solche Preisunterschiede sind im Flickenteppich kommunaler Friedhofs­gebühren kein Einzelfall. Trotzdem will Friedhofstourismus gut kalkuliert sein. Denn einen Anspruch auf einen Bestattungsplatz gibt es nur dort, wo man zuletzt gemeldet war. Für Auswärtige können höhere Gebühren gelten.

Nur wer zu Lebzeiten schriftlich eine alternative Bestattung verfügt, kann ­außerhalb von Friedhöfen seine letzte Ruhe finden, etwa in Ost- oder Nordsee. Laut Deutscher Seebestattungs-Genossenschaft kosten Bestattungen mit Angehörigen zwischen 1.000 und 2.500 Euro, ohne Angehörige kostet es schon ab 100 Euro. Davor fallen natürlich noch andere Ausgaben an, etwa für die Verbrennung.

Vorteilhaft ist bei der Seebestattung, dass die Kosten für die Grabpflege wegfallen. Die spart auch jegliche anonyme Bestattung mit oder ohne Urne. In Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen gibt es Friedhöfe mit eigenen Aschestreuwiesen. Trotz dieses Namens wird die Asche dort nicht verstreut, sondern nur ohne Urne in einem ausgehobenen Grab bestattet - ohne weitere Kennzeichnung.

Nur in Mecklenburg-Vorpommern und Bremen darf Asche auch oberirdisch verstreut werden, in Bremen sogar auf bestimmten Flächen außerhalb der Friedhöfe und auf privaten Grundstücken. Der Stadtstaat hat zu Beginn dieses Jahres den Friedhofszwang abgeschafft. Doch umsonst ist nicht mal diese Form des Begräbnisses. Denn neben den Kosten für Sarg und Krematorium fallen Gebühren für die eidesstattliche Versicherung des sogenannten Totensorgeberechtigten, also des nächsten Angehörigen, an: Er muss bestätigen, dass diese Art Bestattung vom Verstorbenen gewollt war.

Urne auf Kaminsims strafbar

Für weitere alternative Bestattungen müssen Deutsche ins Ausland. In der Schweiz darf Asche auf bestimmten Almwiesen verstreut oder an Felsen und in Flüssen beigesetzt werden. Zu den Bestattungskosten kommen Ausgaben für die Überführung - denn die ist in Deutschland den Bestattern vorbehalten, selbst wenn nur eine kleine Urne zu transportieren ist. In den Niederlanden darf die Asche nach einer Gedenkzeit den Angehörigen sogar direkt ausgehändigt werden, könnte also auch persönlich nach Deutschland zurück­transportiert werden. Bleibt die Urne dann zur Erinnerung auf dem heimischen Kaminsims stehen, ist dies allerdings eine Ordnungswidrigkeit. Dafür droht eine Geldbuße, je nach Bundesland zwischen 1.000 und 20.000 Euro.

Wie man es dreht und wendet: Umsonst ist nur der Tod, die letzte Ruhe ist es nicht.

Sterbegeldversicherung

Unnötige Police

Die Sterbegeldversicherung hält Platz 1 - unter den unnötigsten Policen. So urteilt die Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten. Begründung: Diese Police ist eine besonders geldzehrende Kapitallebensversicherung. Bei kurzer Laufzeit wird häufig mehr eingezahlt als die Hinterbliebenen herausbekommen. Aber auch für ältere Kunden kann sie zum Renditegrab werden. Der Grund: Die Beiträge berechnen sich nach Eintrittsalter. Je älter bei Abschluss, desto höher die Beiträge. Einige Anbieter locken zwar damit, dass die Versicherung bis ins hohe Alter - teils bis 90 Jahre - ohne Gesundheitsprüfung abschließbar sei. Manchmal ist das Höchstalter von der Beitragsart abhängig: bei Raten ist es niedriger, bei Einmalzahlung höher.

Rechnung geht selten auf

Doch die Rechnung, dass die Versicherung eine günstige Art sei, um hohe Beerdigungskosten zu finanzieren, geht für Jüngere wie Ältere selten auf. Wie bei jeder Kapitallebenspolice fließt nur ein Teil der Prämien in den Sparanteil, der Rest geht für den Risikoschutz sowie die Abschluss- und Verwaltungskosten drauf. Zudem liegen die Zinsen für den Sparanteil derzeit extrem niedrig. Außerdem gibt es in der Regel Wartezeiten, bis der Versicherungsschutz greift. Je nach Anbieter liegen sie zwischen einigen Monaten und wenigen Jahren, teils sind sie nach Eintrittsalter oder nach Art der Beitragszahlung gestaffelt: Monatliche Raten erhöhen die Frist, Einmalzahlung verkürzt sie. Nur bei Unfalltod gilt meist keine Wartefrist. Stirbt der Versicherte während der Wartezeit aber an einer Erkrankung, erhalten seine Angehörigen in der Regel nur die eingezahlten Beiträge zurück - abzüglich aller Kosten des Versicherers.

Wartezeiten beachten

Stirbt der Versicherte nach der Wartezeit, erhalten die Angehörigen die versicherte Summe: zwischen 3.000 und 20.000 Euro. Welche Art Begräbnis damit finanziert werden soll, ist auf jeden Fall zu Lebzeiten zu klären und zwar mit den nächsten Angehörigen wie Ehepartnern oder Kindern. Denn diese sind grundsätzlich verpflichtet, eine nach Vermögensstand und Lebensweise "standesgemäße" Bestattung zu organisieren. Bezahlt wird sie von dem oder den Erben, soweit vorhanden aus dem Nachlass - oder eben aus der Versicherung.

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