Kfz-Versicherungen: Jetzt wird es eng
Großzügige Bedingungen plus niedrige Beiträge: €uro zeigt, wo es das bei Autopolicen noch gibt - trotz steigender Prämien.
von Martin Reim, Euro Magazin
Stellen Sie sich vor, Sie haben für Ihren Neuwagen eine Vollkasko-Police abgeschlossen. Nach einem Jahr passiert ein Totalschaden - und Sie bekommen nur den Zeitwert des Autos ersetzt, nicht den Neuwert. Äußerst ärgerlich, aber womöglich sind Sie selbst schuld, weil Sie die Vertragsbedingungen nicht genau genug verglichen haben.
Denn bei Kfz-Policen steckt, wie bei vielen anderen Versicherungsarten, der Teufel im Detail. Manche Anbieter zahlen den Neuwert lediglich drei Monate lang, andere zwei Jahre. Weil solche Unterschiede im Schadensfall entscheidend sein können, legt Euro beim Kfz-Versicherungsvergleich besonderen Wert auf vorteilhafte Vertragsbedingungen.
Die unabhängige Ratingagentur Franke und Bornberg hat für unsere Redaktion das Kleingedruckte von 36 Versicherern überprüft, darunter Angebote der Marktführer HUK-Coburg und Allianz sowie einer Reihe mittlerer und kleiner Anbieter. Zudem hat Franke und Bornberg die Prämienhöhe für verschiedene Beispielfälle abgefragt. Beides zusammen ergibt die Euro-Note, wobei die Konditionen 60 Prozent und die Preise 40 Prozent ausmachen.
Ergebnis: Geht es um verschiedene Fahrzeughalter, die jeweils einen VW Golf VII fahren, lässt sich bei der Kfz-Haftpflicht kein eindeutiger Sieger feststellen: Bei Fahranfängern liegt die VGH vorn, gefolgt von WGV-Himmelblau und Hannoversche Direkt (siehe untenstehende Tabelle). Auffällig: Die Offerten für diese Personengruppe sind oft ziemlich schlecht. Da liegt die Vermutung nahe, dass junge Leute bei den Versicherern unbeliebt sind, weil sie besonders viele Schäden verursachen. Wesentlich günstiger als Anfänger kommen Autofahrer mittleren Alters weg. Hier gewinnt WGV-Himmelblau (der Direktversicherer der WGV) vor HUK 24 (der Direktversicherer der HUK-Coburg) und VGH. Überraschend: Tarife für Rentner kosten oft noch etwas weniger. Offensichtlich greifen Seniorenzuschläge, von denen in Medien verstärkt die Rede ist, erst jenseits des Alters von 70 Jahren, das wir für unsere Testrentner angenommen hatten. Ganz vorne liegen hier die beiden Anbieter des WGV-Konzerns.
Eine Frage der persönlichen Präferenz ist, ob man zu einem Tarif mit oder ohne Werkstattbindung greift. Diese beiden Möglichkeiten bieten immer mehr Gesellschaften. Die Werkstatttarife sind oftmals um einiges günstiger als konventionelle Angebote. Allerdings schränkt man sich bei Teil- und Vollkasko teils deutlich ein und kann im Zweifelsfall nicht in den Kfz-Betrieb seines Vertrauens fahren.
Besonders angesagt ist der Blick auf die Bedingungen, wenn man auf den 30. November blickt. Zu diesem Datum sind die meisten Kfz-Verträge kündbar. Denn Autopolicen laufen meist bis Jahresende und haben einen Monat Kündigungsfrist. Kurz vor diesem „großen Wechseltermin“ – so der Fachjargon – unterbieten sich die Versicherer üblicherweise mit Sonderangeboten. Doch gehen sie dabei oft mit abgespeckten Vertragsversionen ins Rennen. Da kann es sich lohnen, den €uro-Vergleich auch in dieser heißen Phase heranzuziehen. Erfahrungsgemäß verändern die Anbieter die Bedingungen weitaus weniger schnell als die Prämien. Wer jetzt großzügig ist, wird es vermutlich auch während der Rabattschlacht bleiben.
Allerdings gilt generell: Der zu erwartende Preiskampf startet von einem höheren Niveau. „19 der untersuchten 36 Versicherer haben die Prämien im Vergleich zu 2012 zum Teil deutlich angehoben“, sagt Michael Franke, Geschäftsführer von Franke und Bornberg. So betragen die Steigerungen in der Kategorie „Familienvater“bis zu 20 Prozent. Bei der Allianz zum Beispiel summieren sich die Aufschläge auf etwa zehn Prozent, bei AXA, Debeka und WGV auf etwas weniger. Auch viele Direktversicherer – sie kommen ohne Außendienst aus – langen stärker zu.
Ebenfalls zum Nachteil für viele Kunden: „Der Rabattretter ist mittlerweile aus fast allen Bedingungswerken gestrichen“, erklärt Franke. Hier konnten sich Kunden, die lange Zeit schadenfrei waren, einen Unfall ohne höhere Prämien erlauben. Die goldenen Zeiten für Kfz-Versicherte, so scheint es, sind spätestens mit diesem Jahr vorbei.
Im Überblick: Was welcher Fahrzeughalter zahlen muss
Hier geht es zu den Ergebnissen des großen Tests (PDF)