Versicherungsinnovation

Schutz vor Mietnomaden

16.03.12 13:31 Uhr

Der €uro-Wettbewerb Versicherungsinnovation des Jahres zeigt, dass viele Anbieter alte Produkte lediglich neu aufsetzen. Doch es gibt Ausnahmen

Versichern Sie Ihren Lieblingsgegenstand oder Ihre Elektrogeräte schon gegen Ihre ei­gene Tollpatschigkeit? In der Versicherungswelt gibt es kaum etwas, was es nicht gibt — und jedes Jahr kommt Neues dazu. Meist hält sich der Nutzen neuer Policen aber in Grenzen. Bei den oben ­genannten Beispielen würde im Schadenfall auch eine gute Haftpflichtversicherung helfen.

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Damit Kunden schwache Policen von echten Innovationen unterscheiden können, kürt €uro seit 2006 die „Versicherungsinnovation des Jahres“. Unserer ­Jury lagen insgesamt 29 Vorschläge von 26 Versicherern vor. In der ersten Runde sortierten die Juroren 23 Vorschläge aus, denen Sie keine Chancen auf den Preis — einen Goldenen Bullen des Finanzen Verlags — einräumten.
Bei der abschließenden Jurysitzung stand die „Mietnomadenversicherung“ von Rhion recht bald als Sieger fest. Sie schützt Immobilieneigentümer vor Schäden, die sogenannte Mietnomaden (Personen, die häufig die Wohnung wechseln und die Miete schuldig bleiben) und Messies (Personen mit einer krankhaften Unfähigkeit, ihre Wohnung in Ordnung zu halten) anrichten. „Darauf haben viele geplagte Vermieter gewartet“, sagte Finanz­planer und Jurymitglied Thomas Adolph. Nach Ansicht von Manfred Powe­leit, ebenfalls Jurymitglied und Herausgeber des Branchendiensts Map-Report, könnte das Produkt zwar etwas günstiger sein — immerhin verlangt Rhion für den Schutz von einem halben Jahr Mietausfall gedeckelt bei 5000 Euro 43,76 Euro. Doch auch für ihn war es die größte Innova­tion im Wettbewerb.

Neben Rhion bieten auch R + V und die Deutsche Kautionskasse eine solche Versicherung. Für den Wettbewerb wurden diese Produkte jedoch nicht eingereicht.
Auf Platz 2 kam die „SHU Tarifwelt“ der Interrisk. Die Wiesbadener Gesellschaft hat ihre Haftpflicht- und Unfall­policen neu aufgesetzt. „Mit täglichem Kündigungsrecht und transparenten Bedingungen setzt Interrisk auf Selbstverständlichkeiten, die leider nicht selbstverständlich sind“, sagt Versicherungsmakler Helge Kühl. „Die Verträge haben ein hohes Leistungsniveau, und die Versicherten zahlen angemessene Prämien“, so ­Michael Franke, Chef der Versicherungsratingagentur Franke und Bornberg.

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Investieren statt versichern. Uneins war die Jury bei der „Flexiblen Vorsorge“ von CosmosDirekt, mit der Versicherte im Rahmen einer fondsgebundenen Lebens­versicherung ihre Investments unter 5000 Fonds selbst auswählen können — fast wie bei Onlinebrokern. Trotz der Innovation vermisste die Mehrheit der Juroren den Versicherungs­aspekt. „Es ist ein Anlageprodukt, Absicherung gibt es keine“, monierte Manfred Poweleit. Richtig. Das Produkt steckt lediglich in einem Versicherungsmantel, ist aber ein gutes und mit 24 Euro Jahresgebühr auch günstiges Anlagevehikel.
Einen anderen Ansatz verfolgt die ­Allianz mit ihrer Körperschutzpolice. Sie richtet sich an alle Berufstätigen, die nur schwer eine Berufsunfähigkeitsversi­cherung bekommen, weil sie körperlich hart arbeiten. Jedoch scheiterte die Offerte des deutschen Branchenprimus am Preis. ­Andere Anbieter bieten den gleichen Schutz, allerdings für günstigere Prämien. „Besonders neu ist die Idee auch nicht. Für alle, die keine Berufs­unfähigkeitspolice abschließen können, gibt es übrigens Erwerbsunfähigkeitsversicherungen, teils mit stark vereinfachter ­Gesundheitsprüfung“, ergänzt Helge Kühl.

Ebenfalls im Bereich der Berufsun­fähigkeit waren die Produktentwickler der BBV aktiv. Die Bayern kombinieren eine Berufsunfähigkeitsrente mit einer Dread-Disease-Versicherung, die bei schweren Krankheiten greifen soll. Das Urteil der Jury: Ein guter Ansatz, aber die BBV ist nicht die einzige Versicherung mit einem solchen Angebot. „AXA und Allianz bieten seit einiger Zeit ähnliche Policen an“, weiß Thomas Adolph. Apropos AXA. Die Kölner schickten ihre Kinderschutzpolice ins Rennen. Deren Bedingungen überzeugten die Jury zumeist. Doch dass damit Kinder erst ab dem dritten Lebenstag versichert werden können, trübte das Bild. Denn meist sind es Eltern bereits behindert geborener Kinder, die wegen enormer Pflegekosten in finanzielle Not geraten.