Sicherheit für Senioren
Ruheständler sind attraktive Kunden für Versicherer. Doch viele Policen sind nicht notwendig. Welche Verträge sich Rentner sparen können.
von Martin Reim, Euro am Sonntag
Nur ein negatives Beispiel von vielen: Ein Institut für Seniorenökonomie gibt Finanzvermittlern online Tipps, wie sie Pensionäre zum Versicherungskauf bewegen können. Mit Bemerkungen wie dieser: „Sicher haben auch Sie das Leid prominenter Pflegefälle bis zu deren Tod verfolgt.“ Senioren sollten sich vor solchen Drückermethoden hüten. €uro am Sonntag fasst zusammen, welche Policen im Ruhestand wirklich relevant sind. Die Einschätzungen kommen von Klaus Uwe Meier, Finanzexperte bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), und vom Bund der Versicherten (BdV).
Die Auslandsreisekrankenversicherung zahlt bei Auslandsreisen für Behandlungen, Medikamente und medizinisch sinnvolle Rücktransporte; sie ist manchmal für Senioren teurer oder ab einer Altersgrenze nicht mehr erhältlich. BAGSO: „Empfehlenswert für alle, die gesetzlich krankenversichert sind.“
Bei der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zahlen pflichtversicherte Rentner 8,2 Prozent für die Krankenkasse, für die Pflege werden zusätzlich 1,95 Prozent fällig (2,2 bei kinderlosen Rentnern). Auf rentenähnliche Einnahmen, etwa Betriebsrenten, sind 15,5 Prozent für die Kranken- und 1,95 Prozent (2,2 bei Kinderlosen) für die Pflegeversicherung abzuführen. Auf alle anderen Einkünfte, etwa Zinsen und Mieten, sind keine Beiträge fällig. Achtung: Freiwillig versicherte Rentner zahlen auch darauf Beiträge. Bei Zinsen und Mieten beträgt der Satz 14,9 Prozent. Ab Anfang 2013 steigen die Pflegeabgaben auf 2,05 Prozent (2,3 bei Kinderlosen).
Die Haftpflichtpolice ist auch für Rentner absolut notwendig, deckt sie doch Schadenersatzforderungen von Dritten ab. Ehrenamtliche Arbeit ist oft nur teilweise abgesichert. Wer sich engagiert, sollte darauf achten, dass er über den Träger versichert ist — etwa über den Verein. Alleinstehende, die bei ihren Kindern wohnen, sind eventuell kostenlos mitversichert. Tipp: Berufshaftpflichtpolice kündigen, falls sie bei Renteneintritt nicht automatisch endet.
Die Hausratversicherung deckt Beschädigung oder Verlust von Haushaltsinventar ab. BAGSO: „Vor allem bei hochwertiger Einrichtung sinnvoll.“ Seniorenvarianten zahlen auch bei Trickdiebstahl. Tipps: Die Police regelmäßig auf den neuesten Stand bringen, etwa bei Umzug in eine kleinere Wohnung. Bei Wechsel ins Heim kündigen.
Bei der Kfz-Versicherung ist die Haftpflicht für alle Kfz-Besitzer Pflicht — auch für Senioren. Wer weniger fährt als früher, sollte dem Versicherer die gesunkene Fahrleistung melden. Meist steigen die Beiträge ab dem 70. Lebensjahr rapide.
Die private Pflegeversicherung zahlt bei Pflegebedürftigkeit. Wer erst zu Beginn des Ruhestands darüber nachdenkt, wie er eine mögliche Pflege finanziert, ist spät dran. Ein Rentner kann natürlich noch in einen Sparvertrag einzahlen, aber ob die Zeit reicht, um in zehn oder 20 Jahren ein gutes Polster zu haben? Allerdings ist es immer noch besser, spät mit dem Sparen anzufangen, als sich überhaupt keine Gedanken über mögliche Pflegekosten zu machen. Alternativ zum Sparplan kommen unterschiedliche Arten von privaten Pflegepolicen infrage, um die Lücken der gesetzlichen Versicherung zu schließen.
Bei der Pflegetagegeldpolice fließt pro Tag ein vorab festgelegter Betrag pro Pflegestufe. Der Vertragsabschluss ist zum Teil nur bis zum 65. oder 70. Lebensjahr möglich. BdV: „Positiv ist, dass man das Geld frei einsetzen kann — also auch für helfende Angehörige oder Freunde. Negativ ist, dass Kostensteigerungen nicht aufgefangen werden.“
Die Pflegekostenversicherung erstattet die tatsächlichen Kosten, die nicht durch die gesetzliche Versicherung abgedeckt sind. Der Abschluss ist meist nur bis zum 65. Lebensjahr möglich, maximal bis zum 70. BdV: „Vorteilhaft ist, dass sich die Erstattung der Inflation anpasst. Nachteilig wirkt, dass Hilfe von Familie und Freunden kaum unterstützt wird.“
Die Pflegerentenversicherung zahlt eine monatliche Rente. Beiträge müssen meist nur bis zum Eintritt des Pflegefalls bezahlt werden. Der Abschluss ist je nach Versicherer bis zum 80. Lebensjahr möglich. BdV: „Undurchschaubare Kombination aus Versicherungsschutz und unrentablem Sparvorgang. Beiträge sind viel zu hoch.“
Bei der Pflegerentenrisikopolice gibt es volle Rente erst ab Pflegestufe III. In den beiden niedrigeren Stufen wird je nach Tarif eine anteilige oder gar keine Rente gezahlt. Diese Policen sind zwar günstiger als Pflegerentenversicherungen, weil kein Sparvorgang eingebaut ist, doch meint der BdV: „Immer noch zu teuer.“ Bei der privaten Krankenversicherung dürfen über 55-jährige Kunden unabhängig von ihrem Einkommen in den sogenannten Basistarif wechseln, der in puncto Leistungen und Kosten vergleichbar mit der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Voraussetzung: mindestens zehn Jahre Mitgliedschaft in der privaten Krankenversicherung. Ab 65 nehmen die meisten Gesellschaften keine Neukunden mehr an.
Die Unfallversicherung deckt die Kosten bleibender körperlicher Schäden ab. Manche Versicherer lehnen Kunden ab 65 Jahren grundsätzlich ab, andere fordern höhere Beiträge oder machen Leistungsabzüge und verlangen eine gesonderte Risikoprüfung. Manche setzen ein Höchstalter von 85 Jahren fest.
Der Sinn dieser Policen ist allerdings umstritten. Einerseits sind Unfälle finanziell nicht mehr so existenzbedrohend wie während des Arbeitslebens. Andererseits erhöht sich das Risiko, etwa für Oberschenkelhalsbrüche. Zudem sind die Behandlungskosten höher, weil Verletzungen nicht mehr so schnell heilen.
Spezielle Seniorenunfallversicherungen zahlen für Hilfeleistungen im Haushalt. Laut BAGSO sind solche Servicepolicen nur sinnvoll, wenn Hilfe nicht anders organisiert werden kann, beispielsweise über die Nachbarschaft oder mit Essen auf Rädern.