Krankenversicherung: Billiger Beitrag, wenig Leistung
Gerd Güssler, Chef des Makler- und Informationsportals KVPro, über die Gefahr bei Billigtarifen, und wie Privatversicherte den richtigen Tarif finden.
€uro am Sonntag: Jung gelockt und alt abgezockt – ist das die Masche, mit der die privaten Krankenversicherer arbeiten?
Gerd Güssler: Wenn einer billig kauft und nichts tut, stimmt das. Wenn man nachhaltig kauft und sorgfältig selektiert, dann stimmt das nicht.
Bei Billigtarifen muss der Versicherte unterm Strich das meiste selbst zahlen. Das klingt, als seien solche Policen nur etwas für Millionäre?
Absolut. Billiger Beitrag bedeutet wenig Leistung. Das ist kein Problem, wenn ich über ein dickes Sparbuch verfüge, aus dem die Deckungslücken geschlossen werden können.
Was können Interessenten tun, um zu einem individuell passenden Tarif zu kommen?
Sie sollten sich überlegen, wo ihre existenziellen Risiken liegen. Das heißt, immer fragen: Was kostet mehr, eine Heimdialyse oder eine Brille?
Worauf sollte man vor Vertragsabschluss achten?
Es ist wichtig, dass der Makler Klartext mit dem Kunden redet und ihm sagt, dass er nur das kauft, was im Kleingedruckten vereinbart ist. Dann sollte der Kunde darauf achten, ob das, was er bekommt, auch mit dem übereinstimmt, was er braucht. Erst danach sollte er auf den Preis achten.
Welche Möglichkeiten haben Kunden, ihren Vertrag zu wechseln?
Zunächst sollten sie mit ihrem bisherigen Versicherer sprechen und sich innerhalb der Tariflandschaft des Versicherers nach Alternativen umschauen. Dies steht dem Kunden nach Paragraf 204 Versicherungsvertragsgesetz zu. Deswegen ist es schon vor dem ersten Vertragsabschluss wichtig, die gesamte Tarifpalette eines Anbieters auf spätere Um- oder Aufstiegsoptionen hin abzuklopfen.
Würden Sie eher einen traditionellen Alttarif empfehlen oder einen jungen Tarif, der vielleicht nur eine begrenzte Lebensdauer im Verkauf hat?
Eher einen schon länger auf dem Markt befindlichen. Ein jüngerer kommt dennoch in Betracht, wenn eine Analyse zeigt, dass dieser auskömmlich kalkuliert ist.
Sind Einsteigertarife empfehlenswert?
Wenn diese Tarife eine Wechseloption anbieten, können sie auch empfehlenswert sein. Dann muss der Anbieter aber schon bei Abschluss des Einsteigertarifs eine attraktive Standard- und Leistungstariflandschaft bieten. Man sollte praktischerweise schon einen Zieltarif haben, zu dem man wechseln kann.
Wie viele Kunden nutzen diese Umstiegsoption von einem Billig- zu einem Normaltarif mit guten Leistungen?
Das sind nur zwei bis drei Prozent.
Bislang sind Tarife für Männer und Frauen getrennt kalkuliert. Ab 2013 kommen Unisex-Tarife. Wie wird sich das auswirken?
Ab Mitte 2012 wird eine neue Tarifwelt angeboten werden. Dies wird sich je nach Versicherer unterschiedlich auswirken. Das ist aber noch kein Grund zur Panik – man sollte ruhig die neue Tarifwelt abwarten, um dann zu entscheiden, ob man von seinem Recht zu wechseln Gebrauch macht.