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Altersvorsorge im demografischen Wandel

21.10.11 11:04 Uhr

Altersvorsorge im demografischen Wandel | finanzen.net

Der demografische Wandel führt zu einer Belastung der Altersvorsorgesysteme

Alte Zeiten – attraktive Altersvorsorgesysteme

Mit Abnahme der Geburtenrate und veränderten Lebensläufen geriet der implizite Generationenvertrag, innerhalb der Familien füreinander zu sorgen, ins Wanken. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde deshalb fast flächendeckend in allen Industrieländern eine formelle, meist umlagefinanzierte staatliche Altersvorsorge eingeführt; das heißt, die Abgaben der jüngeren Generation dienten der Finanzierung der Rente der älteren Generation. Das Konzept der staatlichen Altersvorsorge war und ist jedoch nicht überall identisch. Die angelsächsischen Staaten – USA, Kanada, Australien und das Vereinigte Königreich – strebten an, Altersarmut zu vermeiden, wohingegen in vielen mitteleuropäischen Ländern die Sicherung des erwirtschafteten Lebensstandards im Zentrum der Politik stand. Entsprechend stark unterschieden sich die Systeme.

Deutlich wird dies an den Ersatzraten der staatlichen Altersvorsorge, also wie viel Rente ein Arbeitnehmer im Vergleich zu seinem letzten Arbeitseinkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhielt. Im Vereinigten Königreich beispielsweise bekam ein Neurentner in den Neunzehnhundertneunzigerjahren auf 43 %1, während das Nettorentenniveau in Deutschland bei gut 70 %2 lag. Aufgrund des höheren Bedarfs entwickelten sich die betriebliche und private Altersvorsorge in den angelsächsischen Ländern wesentlich früher. In Deutschland, Belgien und Frankreich waren sie dagegen lange nicht so weit verbreitet.

Als in den Neunzehnhundertneunzigerjahren die Alterung der Gesellschaften mit ihren Konsequenzen zunehmend in die öffentliche Diskussion gelangte, standen vor allem die umlagefinanzierten Rentensysteme auf dem Prüfstand. Die Projektionen zeigten, dass eine wachsende Zahl von Rentnern immer weniger Beitragszahlern gegenüberstehen würde. Diese Entwicklung musste konsequenterweise in eine enorme Belastung für die öffentlichen Haushalte münden und machte Reformen notwendig. Ein zusätzliches Problem stellte die Frühverrentung dar. Dieser in den Neunzehnhundertsiebzigerjahren eingeführte großzügige Pfad in die Rente war vor allem als Mittel der Integration der wachsenden Zahl der Babyboomer in den Arbeitsmarkt sehr populär. Diese große Masse an Beitragszahlern vermittelte allerdings ein falsches Gefühl der Sicherheit. Mit der steigenden Anzahl der Rentner und gleichzeitig abnehmender Anzahl der Beitragszahler erwies sich dieser aus arbeitsmarktpolitischen Erwägungen eingeschlagene Weg zunehmend als unfinanzierbar, was maßgeblich zu dem hohen Druck auf die öffentlichen Haushalten beitrug.

Grafik 1: Rentner länger im Ruhestand

Reformdruck in den Neunzehnhundertneunzigerjahren

Eine Welle von Rentenreformen mit dem erklärten Ziel, die Systeme wieder finanzierbar zu machen, überrollte viele industrialisierte Länder. Innerhalb der gesetzlichen, umlagefinanzierten Systeme gibt es dabei prinzipiell zwei Seiten, an denen man ansetzen kann: die Rentenbezieher und die Beitragszahler.

Da sich beim Umlageverfahren Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherung in jeder Periode ausgleichen müssen, lässt sich der grundlegende Zusammenhang zwischen Beschäftigungs- bzw. demografischer Entwicklung und dem Rentenniveau am besten anhand einer einfachen Gleichung darstellen:

Anzahl Beitragszahler x durchschnittliches Einkommen x Beitragssatz
=
Anzahl Rentner x durchschnittliches Rentenniveau

Je weniger Beitragszahler vorhanden sind, umso stärker müssen die Beitragssätze steigen, um ein gegebenes Rentenniveau zu finanzieren. Sollen aber die Beitragssätze konstant bleiben, dann muss das Rentenniveau sinken. Differenzen müsste der Staat aus dem laufenden Finanzhaushalt zuschießen.

Die Zahl der Rentner wird dabei von zwei Entwicklungen beeinflusst. Zum einen erreichen die geburtenstarken Jahrgänge in den nächsten ein bis zwei Dekaden das Rentenalter und zum anderen verbleiben die Rentner aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung länger in Rente.

Ein kurzer Blick auf die Entwicklung der Rentenbezugsdauer verdeutlicht die Problematik. 1970 bezogen Rentner beispielsweise in Frankreich im Durchschnitt 10,8 Jahre eine Rente, knapp 40 Jahre später konnten sie durchschnittlich 24 Jahre ihren Ruhestand genießen.

Einige Länder erhöhten den Beitragssatz. Schwerpunktmäßig setzten die Reformen aber beim Rentenbezug an, um einen Ausgleich für die längere Lebenserwartung und damit die längere Rentenbezugsdauer zu schaffen. Viele Länder führten daher parametrische Reformen für die Rentenberechnung und die Zugangsanforderungen durch. Beispielsweise wurde in einigen Ländern die Bemessungsgrundlage für die Rentenleistung verändert. Es wurden nicht mehr nur die letzten (bis zu fünfzehn) oder besten Verdienstjahre der Berechnung des Rentenniveaus zugrunde gelegt, sondern jetzt vielfach der durchschnittliche Lebensverdienst. Im Vergleich zu vorher hat dies eine Verringerung der Berechnungsgrundlage und damit des Rentenniveaus zur Folge. Eine ähnliche Auswirkung hat die Streichung von Sonderzeiten zur Berechnung der Rente, wie z. B. die Anerkennung der Ausbildungszeiten oder die Veränderung der Rentenanpassungsregelung von Lohn- zu Inflationsindexierung.

Auf eine wichtige Anpassungsnotwendigkeit machten Ökonomen in den Neunzehnhundertneunzigerjahren aufmerksam. Sie wiesen auf die positive Anreizstruktur der staatlichen Renten hinsichtlich eines frühen Renteneintritts hin. In der Folge wurden erschwerende Maßnahmen für die Frühverrentung eingeführt bzw. die Möglichkeit ganz gestrichen. Im Fokus dieser Maßnahmen stand die Einführung von Abschlägen im Falle eines frühzeitigen Renteneintritts und Aufschlägen für den späteren Renteneintritt. Das ist notwendig, da die Rentenhöhe für jemanden, der früher in Rente geht und damit eine längere erwartete Bezugsdauer hat, niedriger ausfallen muss als für jemanden, der genauso viel in seinem Leben in die Rentenversicherung eingezahlt hat, aber ein Jahr später in Rente geht und damit eine kürzere erwartete Bezugsdauer hat. Wenn auch in vielen Fällen noch immer keine aktuarisch faire Anpassung von den Rentnern gefordert wird, haben diese Maßnahmen doch dazu geführt, dass sich das effektive Renteneintrittsalter langsam an das offizielle anpasst.

Vielleicht die größte Auswirkung auf die gesamten Rentenzahlungen hat allerdings die Verkürzung der Rentenbezugsdauer. Entsprechend haben viele Länder Prozesse in Gang gesetzt, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Dazu gehörte zum einen die Anpassung des Renteneintrittsalters von Frauen an das der Männer, zum anderen die generelle Anhebung des Renteneintrittsalters über das überwiegend geltende Eintrittsalter von 65 Jahren hinaus.

In einigen Ländern der OECD4 bzw. der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie-und Schwellenländer (G20) finden sich immer noch Ausnahmen hinsichtlich der Anpassung des Renteneintritts bei Frauen. Dazu gehören die Tschechische Republik, einige Pläne in Chile, Irland, Italien, Polen und die Schweiz. Wenige Länder praktizieren noch ein Renteneintrittsalter von unter 65 Jahren. Innerhalb der OECD und G20 Staaten betrifft dies in einigen Ländern Estland, einige betriebliche Pläne in Frankreich, Slowakische Republik und Slowenien nur noch die Frauen.

Häufig flossen Kombinationen von Maßnahmen in die Reformen ein. Um nicht vollständig von der Umlagefinanzierung abhängig zu sein, führten einzelne Länder zusätzlich auch Reservefonds ein. Der Aufbau eines solchen finanziellen Puffers soll dazu dienen, in den Jahren, in denen die zahlenmäßig starken Kohorten in Rente gehen, Mittel zuschießen zu können.

Noch heute sind die Länder in unterschiedlichen Reformpositionen

All diese Reformmaßnahmen haben geholfen, die langfristige Finanzierbarkeit der staatlichen Altersvorsorge zu stabilisieren. Dennoch befinden sich die Länder weltweit in unterschiedlichen Positionen – je nach der Ausgestaltung der Rentensysteme und dem Stand der demografischen Entwicklung. Seit einigen Jahren verfolgt Allianz Global Investors diese Entwicklungen und analysiert den Reformfortschritt. Der Pension Sustainability Index fasst eine Reihe von Informationen in einem Index zusammen, der den Reformdruck im Ländervergleich darstellt. Dabei wird der Reformdruck nach dem Status und den erwarteten demografischen Entwicklungen, dem Zustand der öffentlichen Haushalte und den grundlegenden Charakteristiken der Altersvorsorgesysteme wie der Ersatzrate und dem Renteneintrittsalter beurteilt.

Grafik 2: Pension Sustainability Index*

Grafik 2 zeigt, dass hinsichtlich der Finanzierbarkeit der Renten die skandinavischen Länder wie Dänemark und Schweden, Ozeanien wie Australien und Neuseeland sowie die Niederlande am besten positioniert sind. Alle haben auf mehreren Säulen basierende und ausgewogene Altersvorsorgesysteme.

Die skandinavischen Länder zeichnen sich besonders durch eine innovative erste Säule aus. Die Niederlande sind bekannt für ihre starke und weit verbreitete betriebliche Säule. Australien war in den frühen Neunzehnhundertneunzigerjahren der Vorreiter bei der Einführung von verpflichtenden kapitalgedeckten Altersvorsorgeplänen (Superannuation Funds) und Neuseeland baut seit 2007 auf ein stärkeres kapitalgedecktes Pflichtsystem, dem KiwiSaver. Zudem haben diese zwei Länder noch vergleichsweise positive demografischen Entwicklungen und gemäßigte Staatsschulden.

Sorgenkinder sind dagegen Griechenland, nicht zuletzt auch ob seiner Staatsverschuldung, sowie China und Indien, deren größtes Problem die fehlende Verbreitung eines geregelten Altersvorsorgesystems ist. Auffallend ist, dass die Länder, die der staatlichen Rente traditionell eher eine Rolle der Lebensstandarderhaltung beigemessen haben, schlechter abschneiden in Bezug auf ihre Finanzierbarkeit als die Länder, die das Ziel der staatlichen Altersvorsorge in der Vermeidung von Altersarmut sehen.

Eine Lücke entsteht und füllt sich unterschiedlich

Als Konsequenz der Reformwelle ergeben sich für die jüngere Generation, überspitzt ausgedrückt, ein späterer Renteneintritt, höhere Beiträge und geringere Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung.7 Als Ausgleich für die zurückgehenden staatlichen Leistungen haben viele Länder in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren Anreize geschaffen, die drohenden Versorgungslücken durch private Vorsorge zu kompensieren, um dadurch die finanzielle Sicherheit auf eine breitere Basis zu stellen. So wurden in der zweiten und dritten Säule, also der betrieblichen und privaten Altersvorsorge, neue Pläne eingeführt, Steuerbegünstigungen oder sogar direkte finanzielle Unterstützungen gewährt, damit die Menschen freiwillig mehr für das Alter sparen. Einige Länder haben direkt ein Pflichtsystem gewählt, um den Vermögensaufbau für einen breiten Personenkreis sicherzustellen. Wie die Grafik 3 zeigt, fand diese Einführung von kapitalgedeckten Pensionsplänen in der Breite seit der Jahrtausendwende statt. Meist stand sie im Zusammenhang mit umfassenden Reformen der gesamten Altersvorsorgesysteme in den jeweiligen Ländern.

Damit wird künftig der Einkommensmix der Rentner anders zusammengesetzt sein. Die bisher dominierende erste Säule der staatlichen Rente wird den kapitalgedeckten Elementen Platz machen. Korrespondierend spiegeln sich diese Entwicklungen in der Zusammensetzung der Geldvermögen der privaten Haushalte schon heute wider.

Gerade in Westeuropa, wo die Reformen einen grundlegenden Wandel hin zur Kapitaldeckung brachten, zeigt sich ein wachsender Anteil der Altersvorsorgeprodukte. Machten noch Mitte der Neunzehnhundertneunzigerjahre Versicherungsprodukte und Pensionspläne knapp 28 % des Finanzportfolios aus, so wuchs dieser Anteil bis 2010 in Westeuropa auf über 35 % (vgl. Grafik 4). Dieser Trend ist auch in den USA zu beobachten, dennoch findet er sich dort nicht so ausgeprägt wieder, da die US-Bürger eine viel längere Tradition in der kapitalgedeckten betrieblichen und privaten Altersvorsorge haben. Allerdings ist diese Entwicklung auch auf die Finanzmarktkrisen zurückzuführen, denn aufgrund der Anlagepräferenzen der US-Bürger mussten diese höhere Verluste verkraften als Anleger, die eine risikoärmere Anlageform präferieren.8 Japan wiederum ist ein gutes Beispiel für eine „alte“ Gesellschaft. Es gehört zu den Ländern mit dem höchsten Altenquotienten; hier werden Abflüsse aus bestehenden Verträgen kaum noch durch Neuzuflüsse aufgefangen.

Aufgrund der oben beschriebenen Entwicklungen gehört das Altersvorsorgesparen zu den Treibern des Vermögensaufbaus. Vor allem ist dies in Ländern mit einer längeren Tradition der kapitalgedeckten Systeme, wie z. B. in den angelsächsischen Ländern, zu beobachten. Entsprechend finden sich die größten europäischen Altersvorsorgemärkte in Ländern wie dem Vereinigten Königreich, den USA, Kanada, Australien – aber auch die Niederlande und die Schweiz, die allesamt Vorsorgevermögen haben, die höher als das jeweilige Bruttoinlandsprodukt eine Jahres sind bzw. weit an die Höhe heranreichen.

Ein weiterer Trend, neben der Stärkung der kapitalgedeckten Altersvorsorge, ist eine Veränderung innerhalb der zweiten Säule, der betrieblichen Altersvorsorge. Hier werden leistungsorientierte Pensionspläne (Defined Benefit, DB) durch beitragsbezogene Pläne (Defined Contribution, DC) verdrängt. Damit werden Altersvorsorgeprodukte, die ein garantiertes Renteneinkommen bieten, durch Sparpläne abgelöst, bei denen der Investor erst bei Renteneintritt sein Altersvorsorgevermögen definitiv kennt, da es durch die Höhe seines Beitrags und der erwirtschafteten Erträge bestimmt wird.

Grafik 3: Vermögen autonomer Pensionsfonds in Prozent des Bruttoinlandsprodukt

Mittlerweile gibt es immer weniger DB-Pläne. Wie die Grafik 6 zeigt, findet seit geraumer Zeit eine systematische Verschiebung der Gewichtung statt. Waren noch Ende der Neunzehnhundertneunzigerjahre, also vor den Finanzmarktkrisen und den Rentenreformen, etwa 70 % der Pensionsvermögen in DB-Plänen gebunden, so machen diese mittlerweile nur noch rund die Hälfte aus. In den USA, die eine längere Tradition eines kapitalgedeckten Systems haben, war dieser Trend bereits seit den Neunzehnhundertsiebzigerjahre zu beobachten. Hatten 1975 26 % der Beschäftigten, die überhaupt im Rahmen einer betrieblichen Altersvorsorge sparten, einen DC-Plan, so waren es 30 Jahre später etwa zwei Drittel.9 Getrieben wurde dieser

Trend von zwei Seiten: Für Arbeitgeber ist es vorteilhaft, die demografischen Risiken, die den DB-Plänen anhaften, auf den Arbeitnehmer zu übertragen. Mit den Finanzkrisen stiegen auch die Kapitalmarktrisiken, die die Arbeitgeber nicht mehr schultern wollten. Auf der anderen Seite bedienen DC-Pläne allerdings den Bedarf der Arbeitnehmer auch besser. Mit zunehmender Mobilität der Arbeitskräfte können DC-Pläne einfacher eingesetzt werden, sie sind portabel und transparent. Da jedoch mit dieser Entwicklung das Kapitalmarkt- bzw. Langlebigkeitsrisiko vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer übergewälzt wird, wird der Arbeitnehmer sehr viel stärker in die Eigenverantwortung genommen.

Sind wir adäquat aufs Alter vorbereitet?

Mit der Neuausrichtung des Renteneinkommenmixes und der damit verbundenen größeren Bedeutung der kapitalgedeckten Elemente rückt eine neue Frage in die öffentliche Diskussion: Sind die künftigen Renten auch angemessen? Sind die Menschen im Alter gut versorgt? Zwar sind die gesetzlichen Rentensysteme mittlerweile finanziell nachhaltiger gestaltet, allerdings wurde das in der Mehrzahl der Länder mit einem Rückgang des Rentenniveaus erkauft. Nun stellt sich die Frage, ob die begleitenden Maßnahmen in der zweiten und dritten Säule ausreichend wirken; sprich, ob die unterstützenden Maßnahmen von Seiten der Politik und der Anbieter von Altersvorsorgeprodukten so ausgerichtet sind, dass der künftige Rentner ein angemessenes Alterseinkommen erwarten kann und nicht Gefahr läuft, in die Armut abzurutschen. Auch die EU-Kommission unterstützte 2010 mit einem Green Paper diese Diskussion und regte zu umfassenden Beratungen an.

Ähnlich der Rolle der staatlichen Altersvorsorge geht die Interpretation davon, was angemessen bedeutet, weit auseinander. Einige verstehen darunter eine Rente in Höhe der Armutsgrenze, andere erwarten einen bestimmten Prozentsatz ihres vorherigen Lohns und noch andere sehen eine Rente in Höhe ihres Konsumbedarfs als adäquat an. Selbst wenn man sich auf eine Definition geeinigt hat, bleibt immer noch die Frage, wie man dieses Ziel mit größtmöglicher Sicherheit erreichen kann. Eine Unsicherheit besteht in dem Sparverhalten der Menschen selber, eine andere in den Kapitalmarktrisiken.

Betrachtet man zunächst den einzelnen Bürger: Dieser gerät immer stärker in die Situation, langfristige finanzielle Planungen vornehmen zu müssen. Er muss entscheiden, wie viel er sparen möchte und wie sein Geld angelegt werden soll, damit es bis zum ungewissen Zeitpunkt seines Ablebens ausreicht. Der Einzelne wird damit vor große Herausforderungen gestellt, bei denen Anbieter von Altersvorsorgeprodukten Unterstützung bieten können. Mittlerweile gibt es eine große Zahl von Ausgestaltungsmöglichkeiten zwischen einem reinen DB- und einem reinen DC-Plan. Die jüngsten Finanzmarktkrisen haben vor allem die Risikoabsicherung ins Zentrum des Interesses gerückt. Menschen in den USA zum Beispiel, die kurz vor der Rente standen und noch relativ hohe Anteile an risikoreicheren Anlagen auf ihren Altersvorsorgekonten hatten, litten unter dem Börsencrash und den Finanzmarktvolatilitäten und sahen sich drastisch reduzierten Renteneinkommen gegenüber.10 Nach derartigen Erfahrungen finden immer mehr Garantieversprechen in unterschiedlichen Varianten Eingang in die Produktgestaltung. Einige Länder agierten allerdings auch vorbeugend und gaben zum Beispiel vor, dass Mindestrenditen erwirtschaftet werden müssen, oder verlangen, dass zumindest der eingezahlte Beitrag wieder ausgezahlt werden muss, wie es der Fall bei der Riester-Rente in Deutschland ist.

In Anbetracht der Kapitalmarktrisiken und der starken Volatilität der Märkte setzen zwar innovative Investmentlösungen weiterhin auf Diversifikation – allerdings unter stärkerer Berücksichtigung von Risikostrategien.11 Ebenso finden Produktlösungen wie die so genannten Life Cycle (oder Target Date) Funds immer stärkere Verbreitung: Vereinfacht gesagt, wird hier der Anteil an Aktien mit dem Alter automatisch reduziert und der Anteil an festverzinslichen Wertpapieren mit dem Alter angehoben. Somit verringert sich das Verlustrisiko (aber auch das Gewinnpotenzial), je näher man seinem Renteneintritt kommt.12 Eine neue Idee sind sogenannte Structured DC-Pläne. Hier wählt eine Person ein realistisches, aber von ihm gewünschtes Renteneintrittsalter und Renteneinkommen. Denn das sind die Größen, die ihr letztendlich im Alter wichtig sind. Der Anbieter nutzt Informationen über zusätzliche zukünftige Einkommensquellen im Alter, um das Anlagekonzept individuell so zu gestalten, dass das gewünschte Renteneinkommen erwirtschaftet wird. Die Maxime hier heißt nicht, die größte Rendite zu erwirtschaften, sondern die Wahrscheinlichkeit, das gewünschte Renteneinkommen zu bekommen, zu maximieren.

Die USA waren eines der ersten Länder, die DC-Plänen eine große Bedeutung beimaßen. Studien aus den USA zeigen, dass Menschen dort erhebliche Schwierigkeiten haben, die richtigen Anlageentscheidungen zu treffen. Viele sparten zu wenig und noch mehr wählten suboptimale Anlagen aus.14 Auch in Deutschland dauerte es seine Zeit, bis die Riester-Pläne von den Menschen aufgegriffen wurden. Der größte prozentuale Anstieg der Pläneinhaber wurde zwischen 2005 und 2007 verzeichnet. 2001 wurden sie eingeführt.

In den neueren Diskussionen geht man also insbesondere der Frage nach, wie man Anreize schaffen kann, damit die Bürger sich besser um ihre Altersvorsorge kümmern.

Individuen sollten im allgemeinen Interesse einen Anstoß bekommen

Entgegen den Handelnden in ökonomischen, beispielsweise Life Cycle-Modellen, denen man rationales Verhalten und Nutzenmaximierung unterstellt, sind wir Erdenbürger nun mal menschlich. Wir machen Fehler und lassen uns von unserem Umfeld ablenken. Die meisten von uns sind schlichtweg nicht dafür trainiert, Investmententscheidungen zu treffen. Das Feld, das sich mit diesen Themen beschäftigt, heißt Verhaltensökonomie. Studienergebnisse aus dieser Forschungsrichtung weisen aber auch daraufhin, dass man die „menschliche Schwäche“ zu unserem Besten nutzen kann.

Zum Beispiel dienen Save More Tomorrow- Programme der Erhöhung von Beitragsraten. Eine Person verpflichtet sich, zukünftige Gehaltserhöhungen anteilig in den Altersvorsorgeplan einzuzahlen. Hier nutzt man aus, dass Individuen zwar ihr derzeitiges Ausgabeverhalten nicht ändern wollen oder können, aber auch künftige Gehaltserhöhungen noch nicht verplanen und direkt sparen können. Diese Programme sind auch bereits in den USA in vielen betrieblichen Altersvorsorgeplänen zu finden.

Eine dynamische Welt

Auch wenn die Altersvorsorgesysteme weltweit recht heterogen sind, wird dennoch das gemeinsame Ziel verfolgt, sie finanziell nachhaltig zu gestalten und den Menschen insgesamt zu einem zufriedenstellenden Lebensstandard auch im Alter zu verhelfen. In den meisten Fällen führte dies in den vergangenen Jahren zu einer Verschiebung des Gewichts von der ersten, staatlichen, Säule zu den kapitalgedeckten zweiten und dritten, nämlich den betrieblichen und privaten Säulen. Auch hier sind die Länder unterschiedlich weit vorangeschritten. Gleichzeitig gab es auch eine Veränderung in der Plangestaltung. Die USA als Vorreiter führten beitragsorientierte (DC-)Pläne ein. Hier muss der Mensch nunmehr selbst Verantwortung für seine Altersvorsorge übernehmen. Die Herausforderung heute scheint zu sein, den Menschen in seiner Altersvorsorgeplanung zu unterstützen. Die Verhaltensökonomie hat uns auf die menschlichen Schwächen aufmerksam gemacht, aber auch Wege gezeigt, wie man ihn zu seinem eigenen Besten auf einen guten Altersvorsorgeweg bringt. In Hinblick auf vergangene Finanzkrisen gilt es nun, robuste Investmentstrategien für langfristige Anlagen weiterzuentwickeln.

Autoren: Dr. Renate Finke und Dr. Kathrin Nies

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