Wenn sich Arbeitsmoral nicht bezahlt macht: In diesen Berufen gehören Überstunden zum Alltag
Berufstätige in Deutschland leisten jährlich eine Vielzahl an Überstunden und das obwohl in einigen Fällen nur ein geringer Teil der mehr geleisteten Stunden vergütet wird. Wer ein hohes Einkommen verbucht, bekommt Überstunden gar nicht bezahlt.
Unternehmensberater leisten die meisten Überstunden
In Deutschland leisten 50 Prozent der Berufstätigen regelmäßig Überstunden, ob diese vom Arbeitgeber voll bezahlt werden, ist vom Gehalt abhängig. Je höher das Einkommen, desto unwahrscheinlicher ist eine Entlohnung der Mehrleistung.
Der Beruf des Unternehmensberaters ist ein beliebter Karriereeinstieg für ambitionierte Berufseinsteiger, lange Arbeitszeiten werden mit attraktiven Einstiegsgehältern belohnt. Doch wer die Karriereleiter des Unternehmensberaters nutzt, muss auch mit einer Vielzahl von Überstunden rechnen.
Wie eine Datenerhebung von Corporate Compensation Partners ergibt, leisten Unternehmensberater mit 5,18 wöchentlichen Überstunden, die meiste Mehrarbeit unter den Berufstätigen. "Wenn man hier mit dem Arbeitspensum unzufrieden ist, lohnt es sich eher zu hinterfragen, ob das der richtige Job ist und wo man in seiner Karriere wirklich hin will", äußert sich Karrierecoach Brigitta Bidlingmaier in Bezug auf die Berufe des Anwalts, Bankers und Unternehmensberaters gegenüber "Welt".
Gutverdiener haben kein Recht auf Bezahlung für Überstunden
Für jedes Berufsfeld in Deutschland gelten die Regeln des Arbeitszeitgesetzes, das heißt auch Überstunden müssen zu den gesetzlich festgelegten Höchstarbeitszeiten gerechnet werden. Dennoch werden in vielen Fällen die Überstunden vom Arbeitgeber nicht entlohnt.
Gutverdiener, mit Jahreseinkommen von 91.000 Euro bis 100.000 Euro leisten wöchentlich 5,16 Überstunden, bei Gehältern ab 120.000 Euro sind es durchschnittlich 6,83 Überstunden. Obwohl leitende Angestellte und Führungskräfte durchschnittlich die meiste Mehrarbeit leisten, wird diese nur in den seltensten Fällen auch bezahlt. Grund dafür sei unter anderem das bessere Grundeinkommen, demnach werden Überstunden ab einem Bruttogehalt von 6.700 Euro pro Monat in den meisten Fällen nicht ausgezahlt. Dies liegt an einem Gerichtsurteil des Bundesarbeitsgericht aus dem Jahre 2012, welches jene Gehaltsgrenze bestimmte. Seither müssen gewisse Überstunden ab 80.400 Euro jährlichem Bruttoeinkommen vom Arbeitgeber nicht mehr im vollen Umfang entlohnt werden.
Im Jahr 2017 haben die Deutschen gemäß einer Studie der Bundesregierung im Kollektiv über zwei Milliarden Überstunden geleistet. So leisten 54 Prozent der Berufstätigen durchschnittlich 3 Überstunden pro Woche, wobei Männer hiervon etwas mehr betroffen seien als Frauen, laut Analyse der Corporate Compensation Partners.
Auch das Alter spielt neben Beruf und Gehalt eine Rolle, Berufseinsteiger und junge Menschen leisten im Durchschnitt weniger Überstunden als erfahrenere und ältere Kollegen. Demzufolge leisten die über 60-jährige Arbeitnehmer 3,66 Überstunden pro Woche, wohingegen unter 20-jährige 1,74 Überstunden arbeiten.
Unbezahlte Überstunden gehören zur Norm
Auch Arbeiter auf dem Bau leisten wöchentlich 4 Überstunden, wobei auch hier nicht im vollen Umfang vergütet wird. In der Hotel- und Gaststättenbranche werden 57 Prozent der geleisteten Überstunden nicht ausgezahlt, obwohl Angestellte hier durchschnittlich 4,06 Stunden pro Woche länger arbeiten. Angestellte in der Logistik- und Transportbranche, sowie in der Konsum- und Gebrauchsgüterbranche bekommen nur weniger als 40 Prozent der geleisteten Überstunden bezahlt, wenngleich 4,23 bis 4,33 Stunden mehr gearbeitet werden.
So sammeln sich während eines Arbeitslebens bei Facharbeitern durchschnittlich 9.655 Überstunden an und bei Führungskräften liegt die Zahl bei 15.390 Überstunden pro Arbeitnehmer.
Henry Ely / Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: fotohunter / Shutterstock.com