Faulenzen bei der Heimarbeit? Erste Unternehmen spionieren ihren Mitarbeitern nach
In Zeiten der Corona-Krise fällt es Arbeitgebern schwer, ihre Angestellten bei der Arbeit im Home-Office zu überwachen. Um zu überprüfen, ob ihre Mitarbeiter in der Arbeitszeit auch tatsächlich arbeiten, setzen Unternehmen vermehrt Überwachungs-Tools bei ihren Mitarbeitern ein. Doch welche Möglichkeiten gibt es, die Arbeit von Angestellten zu kontrollieren und ist das rechtlich überhaupt zulässig?
Vor allem durch die Corona-Krise ist die Anzahl der Arbeitnehmer, die von zu Hause aus arbeiten, enorm gestiegen. Eine Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) zeigt, dass rund drei Viertel der Unternehmen in Deutschland zumindest einen Teil ihrer Arbeitnehmer im Zuge der Pandemie ins Homeoffice geschickt haben. Und auch nach der Krise planen 54 Prozent der Betriebe laut den Umfrageergebnissen der ifo, die Heimarbeit weiter auszubauen.
Viele Arbeitgeber fürchten jedoch, dass einige Mitarbeiter die aktuelle Situation ausnutzen und in der bezahlten Arbeitszeit anderen Tätigkeiten als der Arbeit nachgehen könnten. Daher stellen sich die Chefs von Unternehmen vermehrt die Frage, wie sie ihre Angestellten trotz Home-Office überwachen können ohne dabei gegen sämtliche rechtliche Regelungen zu verstoßen.
Überwachung bei konkretem Verdacht zulässig
Grundsätzlich gilt nämlich jede Art von Angestellten-Überwachung als eine Einschränkung des Persönlichkeitsrechts, das in Artikel eins und zwei des Grundgesetzes festgehalten ist. Daher muss eine solche Maßnahme nach aktueller Gesetzeslage immer verhältnismäßig sein. "Firmen dürfen Spionagesoftware nur einsetzen, wenn sie einen konkreten Verdacht auf eine schwerwiegende Pflichtverletzung haben und sich der konkrete Sachverhalt nicht anders aufklären lässt", erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Sebastian Schröder gegenüber dem Handelsblatt. Das wäre laut dem Juristen zum Beispiel der Fall, wenn die Leistung eines Mitarbeiters über Monate hinweg ohne erkennbare Gründe unbefriedigend ist.
Detektiv als klassische Überwachungsmethode
Dies gibt dem Arbeitgeber jedoch nicht das Recht, die Wohnung des Arbeitnehmers zu betreten. Der Schutz der eigenen Wohnung ist in Artikel dreizehn des Grundgesetzes geregelt und sorgt laut DGB-Rechtsschutz dafür, dass das Weisungsrecht des Chefs an der Haustür endet. Außerhalb des Hauses ist es - jedoch nur bei Vorliegen eines begründeten Verdachts - zulässig, einen Detektiv auf seine Mitarbeiter anzusetzen. Dadurch können mögliche Home-Office-Betrüger, die in ihrer Arbeitszeit beispielsweise in den Urlaub fliegen oder einkaufen gehen, entlarvt werden.
Technische Überwachunsprogramme sollten angekündigt werden
Neben dieser eher altmodischen Art der Überwachung gibt es heutzutage jedoch eine Vielzahl weiterer technischer Möglichkeiten, um zu kontrollieren, ob ein Mitarbeiter in seiner Arbeitszeit auch wirklich arbeitet. In der Rechtswelt ist es jedoch bisweilen umstritten, inwieweit der Arbeitgeber den Angestellten über ein mögliches Überwachungsprogramm aufklären muss. Fest steht jedoch, dass hohe Geldbußen bei einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch den Arbeitgeber verhängt werden können. So berichtet das Onlinemagazin für rechtliche Themen LTO über Strafzahlungen von bis zu 7.000 Euro - wegen heimlichen Videoaufzeichnungen von Unternehmen. Daher empfiehlt es sich, den Mitarbeitern Überwachungsmaßnahmen mitzuteilen und deren "Einwilligung" einzuholen.
Verschiedene Programme für Mitarbeiter-Spionage
Doch welche technischen Möglichkeiten hat ein Chef, die Arbeit seiner Mitarbeiter im Home-Office zu überwachen? Die einfachste Methode dürfte sein, die Login-Daten der Angestellten zu überprüfen. Dabei analysiert der Arbeitgeber die Anmelde- und Abmeldezeiten und vergleicht diese mit der geleisteten Arbeit des Mitarbeiters. Dies ist nicht nur rechtlich einwandfrei, sondern gemäß dem Arbeitszeitgesetz sogar eine Pflicht des Arbeitgebers, wie die beiden Arbeitsrechtexperten Daniel Hund und Olga Morasch im Focus berichten.
Effektiver sind jedoch meistens Programme, die auch die Arbeitsweise und Aktivität der Mitarbeiter tracken können. Solche Tools sind in den USA schon länger im Einsatz; in Deutschland steigt die Nachfrage nach diesen Anwendungen aber vor allem seit Ausbruch der Corona-Krise. So berichtet das US-amerikanische Monitoring-Unternehmen Hubstaff laut dem Handelsblatt, dass die Zahl der Anfragen nach der Anwendung von deutschen Firmen dreimal so hoch ist wie noch 2019.
Mit dem Programm werden Bildschirmaktivitäten und Tastaturbewegungen von den Angestellten aufgezeichnet, um längere Inaktivitätszeiten feststellen zu können. Außerdem verfügt das Tool über ein Tracking des Browserverlaufs und eine eingebaute Zeitverfolgung. Auch andere Programme wie Activ Trak, WebHR, DeskTime und WebWork Time Tracker geben dem Arbeitgeber die Möglichkeit, die Mitarbeiterproduktivität zu überwachen und E-Mails, Bildschirmzeiten und Suchverläufe zu analysieren.
Geteilte Meinungen zu Überwachungs-Tools
Trotz der zahlreichen Mitarbeiter-Spionage-Programme raten viele Wissenschaftler und Psychologen den Unternehmen zur Vorsicht im Umgang mit derartigen Überwachungs-Tools. "Eine Überwachung von Mitarbeitern steht grundsätzlich im Widerspruch zu einer offenen Vertrauenskultur", erklärt Allegra Markert von der Bitkom. Laut Wirtschaftswissenschaftler Ivo Schedlinsky kann eine digitale Überwachung - wie das Handelsblatt berichtet - jedoch auch vorteilhaft für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sein: So könnten Mitarbeiter durch Monitoring-Tools und Überwachung ihrer Aktivitäten das Gefühl bekommen, "ihre Leistung dem Vorgesetzten besser präsentieren zu können".
Pauline Breitner / Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: Ruslan Grumble / Shutterstock.com, Ivan Kruk / Shutterstock.com