Corona-Tests in Betrieben: Muss die aufgewendete Zeit nachgearbeitet werden?
In Deutschland müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern nach einer Verordnung der Bundesregierung zweimal die Woche einen freiwilligen Corona-Test anbieten. Doch muss die Zeit für die Durchführung der Tests nachgearbeitet werden? Experten haben unterschiedliche Meinungen in Bezug auf die Rechtslage.
Regelung soll Eindämmung des Corona-Virus vorantreiben
Ende April hat das Bundeskabinett die Regelungen in der Corona-Arbeitsschutzverordnung noch einmal verschärft. Während Arbeitgeber in Deutschland gemäß § 5 Abs. 1 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung bislang verpflichtet waren, ihren Beschäftigten einmal pro Woche einen Corona-Test anzubieten, müssen die Unternehmen nun sogar zweimal die Woche Tests für ihre Mitarbeiter zur Verfügung stellen. Dies gilt für alle Arbeitnehmer, die nicht dauerhaft im Homeoffice arbeiten.
Ob die Mitarbeiter das Angebot jedoch wahrnehmen, bleibt ihnen selbst überlassen. Wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil betonte, soll die Eindämmung des Corona-Virus durch die Verschärfung weiter vorangetrieben werden: "So können wir Infektionsketten verhindern, Gesundheit schützen und letztlich Betriebsschließungen vermeiden", erklärte Heil der offiziellen Website der Bundesregierung zufolge.
Vielen Arbeitnehmern und -gebern stellt sich jedoch die Frage, ob die freiwilligen Corona-Tests außerhalb der Arbeitszeit erfolgen müssen oder ob die dafür aufgewendete Zeit bezahlt werden muss.
"Ja": Die verlorene Zeit muss nachgearbeitet werden
Bislang hat die Rechtswelt noch keine eindeutige Antwort auf diese Frage gefunden: So sind Dr. Michaela Felisiak und Dr. Dominik Sorber der Meinung, dass die Freiwilligkeit der Corona-Tests bedeuten würde, dass die für die Durchführung der Tests aufgewendete Zeit nicht als Arbeitszeit zähle. Denn wie die beiden Rechtsexperten in einem Gastbeitrag beim Rechtsmagazin LTO erklären, lägen die Schnelltests im persönlichen Interesse des Arbeitnehmers, sowie auch im Interesse des Unternehmens und der Allgemeinheit. Daher sind sich Felisiak und Sorber einig: "Die Testzeit ist grundsätzlich nicht vom Arbeitgeber zu vergüten".
Auch in einem Statement der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) heißt es, dass freiwillige Tests nach der sogenannten Beanspruchungstheorie nicht zur Arbeitszeit zählen. Nur wenn der Test explizit vom Arbeitgeber gewünscht wird, müsse er auch für die Testzeit aufkommen, heißt es in dem Bericht. Andernfalls sei der Corona-Test lediglich ein Angebot, das "außerhalb der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung" vorläge.
"Nein": Die Durchführung der Corona-Tests muss nicht nachgearbeitet werden
Arbeitsrechtler Peter Wedde von der Frankfurt University of Applied Sciences ist jedoch ganz anderer Meinung. Dem Experten zufolge fällt die Inanspruchnahme der freiwilligen Corona-Tests ganz klar unter die Arbeitszeit: "Wenn Beschäftigte aus Gründen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Sicherheitskleidung oder Schutzmittel anlegen müssen oder wenn Klinikpersonal vor Arbeitsbeginn Hände und Arme wäscht, desinfiziert und Handschuhe anzieht, gehört das ebenso zur Arbeitszeit wie ein COVID-19-Test", betont der Rechtsexperte gegenüber der Hessenschau. Das gilt aber offenbar nur für die Zeit, in der der Test angewendet wird. In den 15 Minuten, in denen die Tests ausgewertet werden, könnte seiner Meinung nach normal weitergearbeitet werden. Grundlage seiner Behauptung ist die Verordnungsermächtigung im Arbeitsschutzgesetz - das Angebot der Tests zählt zu den durchzuführenden Maßnahmen des Arbeitsschutzes und gilt daher der Meinung des Experten zufolge als reguläre Arbeitszeit.
Auch Rechtsanwalt Dr. Manfred Schneider aus Konstanz teilt die Ansicht des Arbeitsrechtlers: "Sofern der Arbeitgeber den Schnelltest in zulässiger Weise anordnet, hat er nicht nur die Kosten des Tests zu tragen, sondern er muss dem Arbeitnehmer auch die Vergütung für die Zeit des Tests inklusive Wartezeiten auf das Ergebnis zahlen", erklärt der Experte dem Südkurier. Dabei mache es nach Schneider keinen Unterschied, ob der Arbeitgeber den Test verpflichtend durchführen oder ihn den Mitarbeitern nur freiwillig anbieten würde. Denn beides sei voll und ganz im Sinne des Arbeitgebers und daher vom Arbeitgeber auf Grundlage eines entstandenen Vertrages zu entlohnen.
Auch der deutsche Gewerkschaftsbund ist der Meinung, dass Arbeitgeber die Testzeit nicht nacharbeiten müssen: "Diese Zeit, die sie für die Testung im Betrieb (inklusive Warten auf Testergebnis) brauchen, gilt als Arbeitszeit und ist vom Arbeitgeber wie Arbeitszeit zu vergüten", heißt es auf der Website des DGB.
Ob Arbeitnehmer die Durchführung eines freiwilligen Schnelltests also auf die Arbeitszeit anrechnen lassen können oder ob sie die verlorene Arbeitszeit womöglich nacharbeiten müssen, ist rechtlich nicht vollständig geklärt und bleibt weiterhin umstritten.
Pauline Breitner/Redaktion finanzen.net
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