Hochwasserschäden & Co.: So sollten Arbeitnehmer im Katastrophenfall agieren
Dürfen Arbeitnehmer der Arbeit im Katastrophenfall fernbleiben?
Die Antwort auf diese Frage lautet: ja. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, kurz RND, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln, dass Arbeitnehmer, die von Flut- und anderen Naturkatastrophen betroffen sind, Anspruch auf eine bezahlte Freistellung haben - eine Regelung, die in Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kurz BGB, festgehalten ist. Der Zeitraum, um den es sich dabei handle, läge bei rund fünf Tagen, wobei je nach individueller Situation von Einzelfall zu Einzelfall entschieden werden müsse. Der Arbeitgeber sei außerdem umgehend per Telefon, E-Mail, SMS oder WhatsApp zu informieren, dass eine Arbeitsverhinderung vorliege. Im Falle einer Zerstörung der Internetverbindung sowie der Mobilfunk- und Telefonnetzwerke könne dies auch angezeigt werden, sobald wieder Kommunikationsmöglichkeiten vorherrschten.
Können Arbeitnehmer ihre Tätigkeit aufgrund von Hochwasserschäden des Arbeitgebers nicht weiterführen, bestehe laut Oberthür trotzdem ein Anspruch auf Vergütung. "Kurzarbeit kann das Problem für beide Seiten abmildern", erklärt die Arbeitsrechtsexpertin.
Das passiert, wenn die Verkehrsanbindungen nicht mehr genutzt werden können
Sollten Faktoren, wie eingeschränkter Bus- und Bahnverkehr oder Schäden am Auto, dafür sorgen, dass Arbeitnehmer ihre Tätigkeit temporär nicht mehr weiterführen können, gilt laut Oberthür eine gewisse Kulanz bezüglich etwaiger Verspätungen. Diese seien in solchen Fällen nicht "pflichtwidrig" und dürften deshalb nicht durch Abmahnungen oder Kündigungen sanktioniert werden. Bei bereits bekannten Schäden, die durch alternative Arbeitswege zu umgehen sind, gilt laut Fachanwältin: "Dann muss er [der Arbeitnehmer] Alternativen für den Fahrtweg suchen, sofern sie vorhanden sind." Die Grundlage dafür bildet dabei ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, kurz BAG, gesprochen am 8. Dezember 1982, Az. 4 AZR 134/80. Dies beinhaltet außerdem die Option der zeitlichen Freistellung mit weiterbestehender Entgeltzahlung über einen Zeitraum von ein bis zwei Tagen hinweg, im Falle des katastrophenbedingten Nichterreichens des Arbeitsplatzes. Verpflichtet ist der Arbeitgeber dazu gesetzlich allerdings nicht.
Urlaubsanspruch für Betroffene und Helfer im Katastrophenszenario
Im Falle einer Hochwassersituation ist ein Urlaubanspruch gerechtfertigt - auch weil die Belange des Arbeitnehmers ob seiner existenziellen Interessen in solchen Fällen im Vordergrund stehen.
Sollte ein Katastrophenhelfer während seines Urlaubs zum Einsatz berufen werden, ist der Arbeitgeber laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 10. Mai 2005, Az. 9 AZR 251/04) verpflichtet, eine Nachgewährung des Erholungsurlaubs zu erteilen.
Urlaubsanspruch für Betroffene und Helfer im Katastrophenszenario
Freiwillige Helfer, die sich in ein Katastrophengebiet begeben, haben sowohl ein Recht auf Freistellung durch den Arbeitgeber als auch auf Lohnfortzahlung. Eine Verweigerung des Arbeitgebers aufgrund betrieblicher Interessen ist hierbei nicht möglich. Die Interessen der Arbeitnehmer, die ehrenamtlich beim Technischen Hilfswerk, kurz THW, tätig sind, werden durch das THW-Gesetz geregelt. Sollten Einsätze mehr als zwei Stunden pro Tag oder mehr als sieben Stunden innerhalb von 14 Tagen andauern, erstattet die jeweilige THW-Geschäftsstelle dem Arbeitgeber das gezahlte Arbeitsentgelt, so geregelt in Paragraph 3 Absatz 2 THW-Gesetz.
Eine ähnliche Regelung gilt auch für Helfer der Freiwilligen Feuerwehr und anderer Hilfsorganisationen, wie der DRK, DLRG, den Maltesern sowie der Johanniter-Unfall-Hilfe.
Redaktion finanzen.net
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