Fernweh an der Uni

Erasmus & Co.: Warum Auslandssemester im Studium sinnvoll sind

18.08.22 22:54 Uhr

Erasmus & Co.: Warum Auslandssemester im Studium sinnvoll sind | finanzen.net

Auslandssemester werden immer beliebter - und bieten nicht nur für die Persönlichkeitsentwicklung, sondern auch für die Karriere tolle Möglichkeiten.

Lohnt sich das Auslandssemester trotz möglicher Hindernisse?

Rund 450 Millionen Euro stellt die Europäische Union jährlich für ihr Austauschprogramm Erasmus+ zur Verfügung, bereits über drei Millionen Studierende wurden in den vergangenen 35 Jahren für ein oder mehr Semester ins Ausland geschickt und das aktuelle Erasmus-Programm 2021-2027 will noch mehr Menschen ansprechen. Dennoch hadern viele, ob ein Auslandssemester - ob über Erasmus oder ein anderes Programm - wirklich das Richtige für sie ist. Natürlich gibt es Nachteile: So stellt der Auslandsaufenthalt eine große Belastung für bestehende Freundschaften & Co. dar, ist trotz möglicher staatlicher Förderung oft sehr teuer und kann eine unfreiwillige Verlängerung der Studienzeit mit sich bringen. Tatsächlich haben Alumni von Austauschprogrammen jedoch auch statistisch den ein oder anderen Vorteil gegenüber ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen.

Erasmus-Alumni sind fünf Jahre nach dem Studium seltener arbeitslos

So berichtet die ZEIT, dass knapp drei Viertel der Arbeitgeber in Europa Bewerberinnen und Bewerber mit internationalen Erfahrungen vorziehen. Ähnliches berichtet auch Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft gegenüber dem SWR: Während des Auslandssemesters entwickeln die Studierenden vermehrt soziale und kommunikative Kompetenzen, Problemlösungsfähigkeiten und Offenheit - das habe selbst für die Austauschstudierenden gegolten, die während eines Lockdowns im Ausland waren. Dabei seien nicht nur internationale Unternehmen an Erasmus-Alumni interessiert. Auch kleinere Firmen hätten großes Interesse an Arbeitskräften, die diese Soft Skills bei einem Auslandssemester ausbauen konnten.

Dies zeigt sich laut SWR auch in den Ergebnissen einer von der EU beauftragten Studie von CHE-Consult aus dem Jahr 2014: Fünf Jahre nach dem Abschluss ihres Studiums sind Erasmus-Alumni demzufolge deutlich seltener arbeitslos als Studierende ohne Auslandsaufenthalt. Dieselbe Studie habe ergeben, dass 90 Prozent der Teilnehmenden mit Auslandssemester nach ihrem Aufenthalt mehr Selbstvertrauen hatten. Und Nicolai Netz vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung erklärt gegenüber der ZEIT: "Absolventen, die im Ausland waren, sind später häufiger im internationalen Kontext tätig." Dort hätten sie dann auch dank ihres Auslandssemesters größere Chancen auf höhere Gehälter.

Auslandssemester fördern die Persönlichkeitsentwicklung

Der Studierendenblog der Uni Stuttgart spricht sich ausdrücklich für ein Auslandssemester aus und beschreibt, dass die Persönlichkeitsentwicklung im Zielland deutlich angeschoben wird. Man werde dort gezwungen, aus der Komfort-Zone zu kommen und neues zu entdecken, werde offener und habe später bessere berufliche Chancen, könne also ganz nebenbei noch den Lebenslauf ausbessern und die Fremdsprachenkenntnisse deutlich verbessern (sofern man nicht nur mit anderen Austauschstudierenden, sondern auch mit Einheimischen in Kontakt tritt). Weitere Vorteile sind die Möglichkeit, ein eigenes internationales Netzwerk aufzubauen und möglicherweise bestehendes Fernweh zu stillen - und all das, ohne beim Studium zuhause viel zu verpassen: In den meisten Fachrichtungen ist es möglich, die Kurse aus dem Ausland zuhause an der Uni anrechnen zu lassen und, wenn erwünscht oder nötig, trotz des Auslandssemesters die Regelstudienzeit einzuhalten.

Alles in allem kann ein Auslandssemester in den meisten Fällen nicht schaden, sofern man es sich denn leisten kann und den bürokratischen Aufwand in Kauf nehmen möchte. Das bedeutet nicht, dass Studierende ohne Auslandssemester schlechtere Karrierechancen haben - es gibt immer auch andere Wege ans Ziel, und die niedrigere Arbeitslosigkeit fünf Jahre nach dem Studium hat möglicherweise weniger mit dem Auslandsaufenthalt an sich als dem persönlichen Engagement zu tun, dass Studierende für ein Auslandssemester aufbringen müssen.

So ist bei Fernweh auch ein Auslandspraktikum nach dem Studium eine Option, die weitere Vorteile mit sich bringt. Ist das Praktikum in einem Erasmus-Partnerland, kann auch dies von der Europäischen Union finanziell unterstützt werden.

Olga Rogler / Redaktion finanzen.net

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