Absolut-Return-Fonds: Die Rendite-Verheißung
Mit speziellen Strategien versprechen manche Produkte, Verluste zu begrenzen. Das zieht Investoren an: Keine Anlageklasse wächst momentan schneller. Was dahintersteckt, welche Fonds überzeugen.
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von Christoph Platt, Euro am Sonntag
Alkohol mag ein trügerischer Begleiter, ein falscher Freund sein. Doch in einer Sache sind die Getränke sehr ehrlich: bei der Angabe ihres Alkoholgehalts. Wo beispielsweise beim Wodka 40 Prozent draufsteht, sind auch 40 Prozent drin.
Bei Fonds gibt es diese Sicherheit bedauerlicherweise nicht. Das gilt insbesondere für eine Produktgattung, die mit einem relativ klaren Versprechen antritt: Absolute-Return-Fonds. Sie verheißen eine einigermaßen stabile Rendite, die auf Sicht eines gewissen Zeitraums - ein oder drei Jahre sind üblich - stets im positiven Bereich liegen soll. Wer mittel- und langfristig Verluste vermeiden möchte, sei bei Absolute-Return-Fonds an der richtigen Adresse, so die Botschaft der Anbieter.
Dass derartige Produkte kein Allheilmittel sind, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. So gelingt es zum einen längst nicht allen Fondsmanagern, die von den Anlegern erwartete Stabilität zu gewährleisten. Zum anderen fällt die Rendite in einer Hausse oft geringer aus als bei gewöhnlichen Aktien- oder Rentenfonds. Produkte, die in den vergangenen fünf Jahren 2,5 Prozent p. a. oder mehr erzielt haben, sind in der Minderheit. So stellt sich für Anleger die Frage nach dem Nutzen, wenn zwar Kursrückgänge abgefedert werden, der Fonds jedoch auf lange Sicht deutlich weniger abwirft als seine Pendants ohne Absicherung.
Da Absolute-Return-Fonds sehr speziellen Anlagestrategien folgen, fallen sie in die Gruppe der alternativen Investmentfonds. Hier finden sich alle Arten von Produkten, die nicht nur mit dem einfachen Kauf von Aktien, Anleihen, Rohstoffen oder Immobilien ihr Geld verdienen.
Der weiter gefasste Begriff der alternativen Fonds wird dabei zunehmend populärer, die Bezeichnung "Absolute Return" tritt in den Hintergrund. Zu Recht, findet Michael Busack, Chef des Analysehauses Absolut Research. "Absolute Return suggeriert dem Anleger, es ließe sich in jeder Marktsituation Rendite erzielen - das ist natürlich Mumpitz", sagt er. "Ein Produkt, das null Risiko hat, gibt es nicht."
Stattdessen verweist Busack auf das asymmetrische Rendite-Risiko-Profil alternativer Investmentfonds. "Die Produkte arbeiten mit einer Absicherung nach unten und können so Verluste begrenzen. Zugleich können sie Potenzial nach oben in ausreichendem Maß nutzen", sagt er.
Das Interesse an alternativen Fonds jedenfalls wächst. Dies belegen die Zahlen der Mittelflüsse und des verwalteten Vermögens eindrucksvoll. In alternativen Fonds mit einheitlicher EU-Regulierung (UCITS, siehe Glossar) stecken inzwischen 230 Milliarden Euro - ein neuer Rekord. Auch das Wachstum der Produktgattung ist bemerkenswert. In diesem Jahr stieg das verwaltete Vermögen in den ersten drei Quartalen um mehr als 20 Prozent. Keine andere Fondskategorie wächst derzeit schneller, nicht einmal die allseits beliebten Mischfonds.
Warum Anleger ihr Heil in alternativen Produkten suchen, liegt auf der Hand: Die Aktienkurse stehen vielerorts auf Allzeit- oder zumindest Mehrjahreshoch, die Gefahr von Rückschlägen ist hoch, wie gerade die vergangenen drei Monate gezeigt haben. Geopolitische Krisen, schwächeres Wirtschaftswachstum und der Rückzug der US-Notenbank aus der lockeren Geldpolitik lassen die Anleger an einer Fortsetzung der Hausse zweifeln.
Auch die Rentenmärkte, die eine beispiellose Rally hinter sich haben, sind nervös. Sie fürchten die Zinswende, bei der steigende Zinsen die Kurse der Anleihen massiv unter Druck setzen dürften. Mehr und mehr Anleger interessieren sich deshalb für alternative Strategien, die sie vor diesen Unwägbarkeiten schützen sollen. Denn eine simple Long-Strategie, die ausschließlich auf steigende Kurse setzt, erscheint nicht mehr uneingeschränkt empfehlenswert.
Als Vorbilder für die alternativen Fonds dienen meist Hedgefonds, die als unregulierte Produkte zahlreiche komplexe Anlagestrategien entwickelt haben. Die in Deutschland angebotenen alternativen Produkte haben diese Strategien adaptiert und in den Mantel eines regulierten UCITS-Fonds gesteckt. "Die seit Jahresanfang am stärksten nachgefragte Strategie ist Long/Short Debt", sagt Ali Masarwah, Fondsexperte beim Analysehaus Morningstar. Produkte mit dieser Strategie investieren in festverzinsliche Wertpapiere (debt), wetten aber nicht nur auf steigende Kurse (long), sondern auch auf fallende (short). "Der Grund für dieses große Interesse liegt auf der Hand: Anleger wollen sich gegen eine Anstieg der Zinsen absichern", sagt er.
Kaum weniger beliebt sind alternative Produkte mit einem Multi-Strategy-Ansatz. "Dahinter verbergen sich Mischfonds, die neue Techniken anwenden und insbesondere die Short-Seite berücksichtigen können", sagt Masarwah.
Erst mit weitem Abstand folgt die Kategorie mit der dritthöchsten Nachfrage seit Jahresbeginn: Long/Short Equity Europe. Diese Fonds setzen auf europäische Aktien und spekulieren sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse.
Turbulenzen steigern Interesse
Auch wenn alternative Fonds schon seit einem Jahr sehr gefragt sind: Die starken Ausschläge an den Aktienmärkten von Ende Juli bis heute haben das Interesse der Anleger noch einmal vergrößert. Tatsächlich kann die Gattung der alternativen Fonds hier punkten, wenn auch nicht glänzen: Immerhin fielen die Verluste in allen Unterkategorien - sprich Strategien - geringer aus als beim globalen Aktienindex MSCI World. Zwischen Ende Juli und Anfang November sank dieser gemäß den Daten von Morningstar um 6,6 Prozent. Die 20 Unterkategorien alternativer Fonds verloren nur zwischen 0,8 und 5,7 Prozent an Wert.
Am resistentesten zeigten sich alternative Fonds, die auf Anleihen setzen. Die Unterkategorie "Debt Arbitrage", bei der die Manager Kurs- und Zinsunterschiede von Rentenpapieren ausnutzen, verlor im genannten Zeitraum nur 0,8 Prozent. Auch Strategien, die von Marktschwankungen profitieren ("Volatility") und auf Währungen setzen ("Currency"), gaben nur leicht nach.
Bei den Angaben zu den Unterkategorien handelt es sich allerdings um Durchschnittswerte. Einzelne Fonds schnitten deutlich besser ab, andere deutlich schlechter. So bewegen sich die maximalen Verluste (Maximum Drawdown) von alternativen Fonds für Privatanleger von Juli bis Oktober in einer Spanne von -0,2 Prozent bis -21,1 Prozent. Der beste Fonds gab also während der Schwankungen der Aktienmärkte in den vergangenen Monaten so gut wie nicht nach, der schlechteste verbuchte hingegen einen weitaus höheren Verlust, als Anleger selbst mit einem reinen Engagement in globale Aktien erlitten hätten.
In der Investor-Info unten stellt €uro am Sonntag zwei Fonds vor, die während der jüngsten Börsenturbulenzen eine gute Figur gemacht haben und zugleich langfristig überzeugen konnten. Ihren Managern ist es gelungen, Verluste weitgehend einzudämmen und eine auskömmliche Rendite zu erzielen.
Fazit: Alternative Investmentfonds sind keine Spielerei, sondern tragen mit ihren speziellen Strategien zu einer Diversifizierung des eigenen Depots bei. Außerdem schaffen es die guten Produkte, Rückgänge abzufedern, wenngleich Anleger dafür oft auf Rendite gegenüber normalen Aktien- oder Rentenfonds verzichten müssen.
"Letzten Endes müssen sich die Anleger fragen, ob ihnen die Rendite wichtiger ist oder eine gewisse Absicherung", sagt Morningstar-Experte Masarwah. "Eine Rendite zu erzielen wie der MSCI World und gleichzeitig das Risiko zu beschränken ist jedenfalls unmöglich."
Investor-Info
BSF Fixed Income Strategies
Rentenlastige Strategie
Der BSF Fixed Income Strategies Fund hat das Ziel, innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren stets
eine positive Rendite zu erwirtschaften. Dazu legt Manager Michael Krautzberger mindestens 70 Prozent des Fondsvermögens in festverzinslichen Wertpapieren an. Daneben kann er am Geldmarkt investieren und Devisentermingeschäfte tätigen. Krautzberger hält zurzeit rund 40 Prozent Staatsanleihen, Unternehmensanleihen sind im Portfolio mit knapp 30 Prozent gewichtet.
Henderson Pan europ. Alpha
Aktienlastiger Ansatz
John Bennett, vom Finanzen Verlag zum Fondsmanager des Jahres 2014 gewählt, engagiert sich mit seinem Fonds am europäischen Aktienmarkt. Meist wettet er auf steigende Kurse, doch er kann auch Short-Positionen eingehen, um von fallenden Kursen zu profitieren. Das effektive Aktienmarktrisiko liegt normalerweise zwischen 40 und 50 Prozent. Bennett kann es aber auch auf null reduzieren. Zurzeit ist der Manager eher vorsichtig positioniert. Die Nettoaktienquote beträgt nur 18 Prozent.
Glossar:
Absolute Return
Absolute-Return-Fonds haben das Ziel, jährlich
oder innerhalb bestimmter Zeiträume eine absolute Rendite zu erzielen, also keine Verluste zu machen. Weil das vielen Produkten in dieser engen Definition nicht gelang, ist dieser Begriff heute nicht mehr so gängig wie vor einigen Jahren. Absolute-Return-Fonds lassen sich schlecht miteinander vergleichen, da sie sehr verschiedene Ansätze haben. Die meisten orientieren sich nicht an einer Benchmark, sondern am kurzfristigen Geldmarktzins, den sie um einen bestimmten Betrag übertreffen wollen.
UCITS
Hinter dem Kürzel UCITS (Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities) steckt eine Richtlinie der Europäischen Union. Sie reguliert die Fondsbranche in Europa, indem sie einheitliche Standards für die Produkte setzt. Dazu gehören eine hohe Transparenz und eine leichte Handelbarkeit der Fonds. Außerdem macht die Richtlinie Vorgaben hinsichtlich der Investments, um das Risiko zu beschränken. Mittels der Richtlinie können alternative Anlagestrategien in einem regulierten Fondsmantel angeboten und einem breiten Personenkreis zugänglich gemacht werden.
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